Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
Vom Netzwerk:
seines Pferdes zu schwingen und in den Wald zu reiten, um den Kopf frei zu bekommen.
    »Sattle mir Pegasus!«, befahl er einem der Stallknechte, schwang seine Arme, um sich etwas aufzuwärmen, und stampfte mit den tauben Füßen.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis der Junge das Pferd bereitet hatte. Vermutlich waren auch seine Finger steif vor Kälte. Einen kurzen Augenblick dachte Guillaume darüber nach, umzukehren und sich wieder vor einem der prasselnden Feuer niederzulassen. Doch genau in diesem Moment brachte ihm der Stallbursche den schönen Hengst, und sobald Guillaume im Sattel saß und die kraftvollen Bewegungen des Tieres spürte, wusste er, dass ein Ausritt genau das war, was er jetzt brauchte. Ständig nur herumzusitzen und zu beratschlagen, was zu tun war, ohne den Körper zu fordern, ihn vielleicht gar bis an seine Grenzen zu führen, das ließ den Mut sinken und die Knochen steif werden.
    Guillaume preschte durch das Tor und über die Wiesen. Das Stampfen der Hufe auf dem gefrorenen Boden war wie Musikin seinen Ohren, und der vertraute Geruch des Pferdes gab ihm Zuversicht, dass irgendwie doch noch alles gut werden würde.
    Gut zweieinhalb Jahre waren vergangen, seit Richard ins Heilige Land aufgebrochen war. Der Bote, den sie im ersten Winter des Kreuzzugs zu ihm geschickt hatten, war mit einem Schreiben zurückgekehrt, das sie ermächtigte, Longchamp seiner Ämter zu entheben und ihn durch Walter de Coutances, jenen Erzbischof von Rouen, zu ersetzen, dessen Neffe Guillaume einst die Erbin von Kendall überlassen hatte.
    Prinz John war in erbitterte Kämpfe mit Longchamp verstrickt gewesen, und immer mehr Barone hatten ihn dabei unterstützt. Sogar als Thronerben hatten sie ihn anerkannt, für den Fall, dass sein Bruder nicht lebend vom Kreuzzug zurückkehrte. Ein halbes Jahr etwa hatten die Justiziare Longchamp noch walten lassen, bis sie ihn schließlich seines Amtes enthoben und aus England verjagt hatten. Bis nach Flandern war der Kanzler geflüchtet, während der Erzbischof von Rouen sein Amt übernommen hatte. Der Einfluss des Prinzen aber war durch den Fortgang Longchamps noch gewachsen.
    Bei dem Gedanken an John zügelte Guillaume unwillkürlich sein Pferd.
    Woher hatten sie wissen sollen, ob Richard unversehrt aus dem Orient zurückkehren würde? Und wer hätte schon sagen können, ob das Schicksal nicht doch noch bedeutende Pläne mit John hatte? Richard treu zu sein, sich zugleich jedoch nicht mit John zu überwerfen, war darum das Bestreben der meisten Lords gewesen. Doch wie lange würden sie John gewähren lassen können, ohne bei der Rückkehr Richards als Verräter zu gelten? Wann war jener Zeitpunkt gekommen, der ihr entschiedenes Eingreifen erforderte? Diese Fragen hatten sie sich immer wieder gestellt, bis eines Tages die niederschmetternde Nachricht eingetroffen war, dass Richard auf dem Rückweg vom Kreuzzug verschollen war.
    Wochenlang hatten sie nicht gewusst, was ihrem König zugestoßen war, ob er noch lebte und irgendwo gefangen war oder ober längst tot war, vom Feind niedergemetzelt, erstochen, erschlagen oder womöglich – weit weniger ehrenhaft – ertrunken, wie man es vom großen Friedrich Barbarossa berichtet hatte.
    Prinz John war überstürzt nach Frankreich aufgebrochen und mit Truppenverstärkung nach England heimgekehrt. Selbstsicher hatte er verkündet, dass sein Bruder nicht zurückkäme, doch weder die Barone noch die Justiziare oder die Königin hatten ihn bei dem Versuch, Richards Krone an sich zu nehmen, unterstützt. Ohne einen sicheren Beweis für den Tod ihres Königs hatten sie die Hoffnung, ihren König lebend wiederzusehen, nicht aufgeben wollen.
    Doch statt von seinem Tod hörten sie schließlich, dass Richard von Leopold V. von Österreich gefangen genommen worden und dem Kaiser übergeben worden war.
    Johns verräterische Bemühungen waren also gescheitert, und er würde den Zorn seines Bruders fürchten müssen, sobald dieser zurückkehrte. Auch den Baronen, die John unbehelligt hatten walten lassen, konnte der König Verrat vorwerfen, darum mussten sie nun unzweifelhafte Loyalität unter Beweis stellen und alles tun, um Richard so schnell wie möglich zu befreien. Der Rat hatte also zwei Äbte beauftragt, ins Heilige Römische Reich zu reisen, um dort mit Richard in Verbindung zu treten und seine Weisungen entgegenzunehmen.
    Dicke, weiche Flocken fielen nun vom Himmel. Erst langsam, dann immer rascher tanzten sie herab. Guillaume starrte in das

Weitere Kostenlose Bücher