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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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Guillaume eilte hinunter in die Halle, wo Jean d’Erlée auf ihn wartete. »Unsere Pferde sind gesattelt, Mylord. Seid Ihr einverstanden, dass ich Euch begleite?«
    Guillaume nickte. »Schnell, Jean! Ich fürchte, so spät in der Nacht erwarten uns keine guten Nachrichten.«
    Guillaume trieb sein Pferd an, und doch kam ihm der Weg nach Notre-Dame du Pré um ein Vielfaches länger vor als sonst.
    »Ich kam so schnell, wie ich vermochte. Exzellenz, was ist geschehen, sagt es mir, rasch!«, rief er, statt den Erzbischof zu begrüßen. Doch seine ungute Vorahnung war längst einer schrecklichen Gewissheit gewichen, die Hubert Walters Miene zu bestätigen schien. »Der König ist tot, nicht wahr?« Guillaume stöhnte und sank auf einem Stuhl zusammen.
    Hubert Walter nickte dem Boten zu, der zur Leibgarde Richards gehört hatte.
    »Der König hat die Burg von Châlus belagert«, begann der junge Mann. »Er hat sie beschießen und untergraben lassen, um die Kapitulation zu erzwingen. Am Abend des zweiten Tages ist er noch einmal zur Burg geritten, um die Fortschritte der Belagerung in Augenschein zu nehmen. Es war schon fast dunkel und der König nur von Schilden, nicht aber von einer Rüstung geschützt. Auf einem einzigen Turm befand sich noch ein Armbrustschütze.« Ein kurzes, ungläubiges Schweigen unterbrach seinen Bericht. »Der König hat ihn zu spät bemerkt. Obwohl er gespürt haben muss, wie tief der Pfeil in seine Schulter eingedrungen war, hat er versucht, ihn selbst zu entfernen. Doch der Schaft brach ab. Es dauerte lange, bis der Wundarzt die Spitze in der Wunde ausmachen und sie entfernen konnte«, erzählte er stockend und mit Tränen in den Augen. »Als Brand die Wunde befiel, wusste der König, dass es zu Ende ging, und traf seine letzten Verfügungen. Er schickte nach Fontevraud nach seiner Mutter, legte die Beichte ab und empfing die heilige Kommunion.Dann ordnete er an, sein Herz hier in Rouen beizusetzen, seinen Leib aber zu Füßen seines Vaters in Fontevraud zu bestatten.« Der junge Ritter rang erneut nach Atem. »Er hat alle Barone in seiner Nähe zu sich berufen und sie den Treueeid auf Prinz John schwören lassen, denn sein Bruder, das war der Wille des Königs, soll sein Erbe sein. Vor vier Tagen, in der Abenddämmerung, als alles Nötige veranlasst war, hauchte Richard sein Leben aus. Seine Mutter war in seiner letzten Stunde bei ihm und hielt seine Hand. Als er verschieden war, klagte die Königin herzzerreißend.« Der junge Mann wischte sich die Tränen von den Wangen. »›Ich habe die Stütze des Alters, das Licht meiner Augen verloren!‹, rief sie weinend aus.«



Winchester am Himmelfahrtstag 1199
    G uillaume lief unruhig auf und ab. War es ungewöhnlich warm, oder bildete er sich das nur ein? Er ging zu dem geöffneten Fensterladen und warf einen flüchtigen Blick hinaus. Der Himmel war an diesem Morgen genauso trist wie seine Gemütsverfassung und der hineinwehende Wind eher kühl. Guillaume schloss die Augen und ließ sich einen Moment erfrischen.
    In jener Nacht, als sie die Botschaft vom Tod ihres Königs erhalten hatten, hatte Hubert Walter, der Erzbischof von Canterbury, den jungen Arthur für den Thron vorgeschlagen. Richards ausdrücklicher Wunsch aber war es gewesen, dass ihm John auf dem Thron folgen sollte. Ob diese Entscheidung richtig gewesen war, würde sich erst mit der Zeit erweisen. Guillaume war sicher, dass weder der zwölfjährige Arthur noch der gut dreißigjährige Prinz John ein würdiger Nachfolger für Richard sein würde. Trotzdem hatte er sich für John ausgesprochen. Nicht weil er diesen übermäßig schätzte, sondern weil Richard es so gewollt und ihn für das kleinere von beiden Übeln gehalten hatte.
    Mut und Würde, Klugheit und Großmut, Achtung und Freundschaft, Vertrauen und Aufrichtigkeit waren es gewesen, die Richards Männer bis zum letzten Tag an ihm zu würdigen gewusst hatten und die sie bei ihrem neuen König wohl vergeblich suchen würden. Auch an Ausstrahlung, Durchsetzungskraft und militärischen Fähigkeiten mangelte es John.
    Guillaume schüttelte nachdenklich den Kopf. Er würde ihm trotzdem treu ergeben sein und John bis zum letzten Atemzug dienen, denn die Zukunft des angevinischen Reiches hing davon ab. Auch auf Geoffrey FitzPeter, Pierre de Préaux, Baudouin deBéthune und einige weitere Getreue würde John zählen können. Doch in der Entourage eines Herrschers gab es stets auch gefährlich viele Jasager, deren einziges Interesse

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