Der goldene Thron
anderen Seite. Morgen würde sie Guillaume sagen, dass sie mit Conall ausreiten wollte. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Es tat so gut, von ihm begehrt zu werden.
* * *
Als Isabelle ihn schon am Tag nach ihrer Ankunft bat, mit Conall ausreiten zu dürfen, war Guillaume nicht mehr sicher, ob die Entscheidung, sie nach Kilkenny mitzunehmen, richtig gewesen war. Wenn sie nicht achtgab, würden sich die Leute schon bald das Maul über sie zerreißen und Guillaume noch weniger anerkennen als ohnehin schon.
Während sie als irische Prinzessin noch ein gewisses Ansehen in Leinster genoss, hatte man Guillaume deutlich spüren lassen, wie wenig er hier willkommen war. Obwohl Strongbow und seine Männer seinerzeit in den Konflikt mit Rory O’Connor eingegriffen und gesiegt hatten, war keine Ruhe in Irland eingekehrt. Ständig wurde irgendwo gekämpft. Einige von Strongbows wichtigsten Begleitern waren jung gestorben und hatten nur kleine Kinder hinterlassen, sodass ihre Güter von der Krone verwaltet worden waren. Jene Verwalter aber hatten weder die Schwierigkeiten in Irland begriffen noch mit den Männern umzugehen gewusst, mit denen sie konfrontiert worden waren. Unruhen, Blutvergießen und Aufstände hatten Angst und Unsicherheit, aber auch neue Abenteuerlust und Gier auf weitere Ländereien mit sich gebracht. In den vergangenen drei Jahren, seit dem Tod von Rory O’Connor, dem letzten Hochkönig Irlands, waren alle Augen auf Connacht gerichtet, wo sich seine Söhne im Streit um seine Nachfolge bekämpften. StrongbowsGefährten hatten Partei für den einen oder anderen der beiden Prinzen ergriffen und gehörten darum zum Teil unterschiedlichen Lagern an. Hoffnungen, aus diesem Konflikt mit erneutem Landgewinn und mehr Macht hervorzugehen, trieben sie an. Abenteurer auf der Jagd nach Land und Reichtum waren sie gewesen, als sie nach Irland gekommen waren, und daran hatte sich nichts geändert.
Prinz John dagegen hatte sich auf der Insel keine Achtung verschaffen können. Obwohl er Irlands König war, schien er nicht mehr als ein Schatten von einem Herrscher zu sein. Weit fort und nur dann von Bedeutung, wenn er einem seiner Männer einen Befehl erteilte oder Ländereien an Getreue vergab.
Dass man Guillaume nicht mehr achtete, verletzte ihn zutiefst. Zu lange schon war er gewohnt, dass ihm sein großartiger Ruf vorauseilte und man ihm darum stets mit Ehrfurcht begegnete. Huldvoll nahm er für gewöhnlich die Gunstbezeugungen anderer Ritter entgegen. Hier in Irland aber war niemand von ihm beeindruckt.
Obwohl Isabelle ihm, bis auf den einzigen Ausritt mit Conall, vom ersten Tag an kaum von der Seite gewichen war und die Leinster-Barone ihr als der Tochter Richard Strongbows ein gewisses Maß an Freundschaft entgegenbrachten, blieben die Fronten verhärtet. Zwar stimmten ihre reizende Art und die Ähnlichkeit mit ihrem Vater einige Männer milder, trotzdem erwies sich die größere Anzahl der Barone als überaus unwillig. Sie hatten nicht auf Guillaume gewartet und waren in der Vergangenheit sehr wohl ohne ihn ausgekommen. Worin also sollte für sie der Vorteil liegen, sich von ihm beherrschen zu lassen?
Guillaume war voller Neugierde und Tatendrang nach Irland gekommen und hatte doch schon bald einsehen müssen, dass er in den wenigen Wochen, die er in Kilkenny zu verbringen gedachte, nicht viel würde ausrichten können. Die Barone von Leinster waren eine eingeschworene Gemeinschaft, zu der er nicht gehörte. Sie selbst oder ihre Väter waren Strongbows Kampfgefährten gewesen. Brüder, Halbbrüder und Vettern waren damalsgemeinsam aufgebrochen. Viele von ihnen waren durch alte, aber auch durch neue Ehebündnisse miteinander verwandt. Trotzdem würden sie Guillaume wohl niemals als Nachfolger Strongbows anerkennen. Auch wenn er dessen Tochter geehelicht und Nachkommen mit ihr gezeugt hatte. Sie verachteten ihn, hielten ihn für nicht mehr als einen Höfling, der seinen Wohlstand einzig und allein seinen Diensten am König verdankte statt seinem Schwert und einem Kampfgeist, der dem ihren entsprach. Gewiss ahnten sie auch, dass Guillaume einige seiner Begleiter mit irischen Gütern zu belehnen gedachte, und verübelten ihm dies. Sogar sein während der Überfahrt gegebenes Gelöbnis, eine Abtei zu gründen, die Tintern in Gwent unterstellt sein sollte, empfanden sie als willkürlichen Herrscherakt.
»Du solltest FitzRobert zu deinem Seneschall machen, bevor wir zurückgehen«, sagte Isabelle eines Abends,
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