Der goldene Thron
nachdem sie die Gespräche zwischen Guillaume und den Baronen einen weiteren Tag lang schweigend verfolgt hatte.
Guillaume sah sie erstaunt an. Isabelle hatte sich noch nie in seine Angelegenheiten gemischt.
»Die Männer fühlen sich Basilia verpflichtet, weil sie die Schwester meines Vaters ist!«, erklärte Isabelle. »Sie werden ihrem Gatten das Leben sicher weniger schwer machen als einem Mann, mit dem sie gar nichts verbindet.« Sie sah ihn an und lächelte. »Die Männer, die meinen Vater begleitet haben, sind weder Iren noch Waliser, aber sie fühlen sich auch nicht als Engländer oder Normannen. Sie sind die Gefährten Strongbows und glauben, ein unerschütterliches Recht auf ihre Ländereien in Leinster zu haben. Sie unterwerfen sich nicht so einfach. Weder dem König noch dir und deinen Männern. Du musst Gemeinsamkeiten schaffen und langsam ihr Vertrauen gewinnen. Fitz-Robert die Aufgabe des Seneschalls zu übertragen, könnte ein Anfang sein.«
Guillaume dachte über Isabelles Worte nach. Sie hatte sich noch nie so eindeutig geäußert. Ob es daran lag, dass es diesmal um Irland ging? Um ihre Heimat? Möglich, dass sie sich bisherkein Urteil über politische Belange hatte erlauben können, weil ihr die Materie zu fremd gewesen war. Was jedoch Kilkenny anging, schien sie ein tiefer gehendes Verständnis zu haben als er.
»FitzRobert ist zuverlässig und loyal und einer solch schwierigen Aufgabe durchaus gewachsen!«, überlegte Guillaume und räusperte sich. »Du bist nicht nur atemberaubend schön, meine Liebste, sondern auch klug.« Er zog sie an sich. »Eines Tages werde ich mich der Lage hier selbst annehmen müssen, doch vorläufig soll FitzRobert unsere Interessen in Leinster vertreten.« Er umschlang Isabelles Leibesmitte enger. »Und dich werde ich auf der Stelle verführen, du reizendes Weib!«, raunte er und kitzelte sie.
Isabelle versuchte, ihm juchzend zu entfliehen, und Guillaume sprang ihr nach, als sie sich auf die Bettstatt warf. Er hielt ihre Arme mit der Linken fest umklammert, zog ihr Kleid hoch und ließ seine Rechte daruntergleiten.
»Du bist mein«, hauchte er heiser. »Und ich bin sehr wohl eifersüchtig!« Er küsste sie leidenschaftlich. »Auch wenn ich dir vertraue!«
* * *
Dass Guillaume eingestanden hatte, eifersüchtig zu sein, gab Isabelle das Gefühl, dass ihre Liebe unbezwingbar war und von nichts und niemandem infrage gestellt werden konnte. So rückte die Zukunft von Kilkenny wieder in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit. Auch wenn sie diesmal nicht lange bleiben konnten – irgendwann würden sie gewiss zurückkehren. Für länger ganz sicher. Vielleicht sogar für immer, so wie sie es einst erträumt hatte. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Obwohl sie sich stets geliebt und all die Jahre ihrer Ehe begehrt hatten, waren sich Guillaume und Isabelle in den vergangenen Wochen noch einmal nähergekommen. Zu der Lust, die hier in Kilkenny heftiger denn je in ihnen gebrannt hatte, war eine neue, geistige Nähe gekommen, die sie stärker als je zuvor aneinander band. Lange Gespräche hatten sie geführt, denn Gedanken über dieZukunft von Kilkenny hatten sie ebenso beschäftigt wie gemeinsame Hoffnungen für ihre Kinder, Pläne für Pembroke, Striguil, Leinster und ihre Ländereien in der Normandie. Nahezu jeden Augenblick des Tages hatten sie in den vergangenen Wochen gemeinsam verbracht und doch nie genug voneinander bekommen. Hier in Irland, so träumte Isabelle, würde sie eines Tages mit Guillaume alt werden. In Leinster, dem Land, dessen Prinzessin sie war und immer sein würde.
In jedem Winkel der Burg steckten Erinnerungen an ihre Kindheit. Nicht alle davon waren gut, aber alle gehörten ihr. Jeder Stein war ein Teil ihrer Vergangenheit, erinnerte an Aoife und Strongbow, an Darragh, Mim, Brigid, Dairenn, Orin und all die anderen. Isabelle war nur ein einziges Mal mit Conall ausgeritten. Ihr Herz hatte verrückt gespielt und ihr Magen rebelliert, als er sie bei diesem Ausflug geküsst hatte. Nicht brüderlich auf die Wange, sondern leidenschaftlich auf den Mund. Sie hatte sich von ihm losgerissen und heftig protestiert. Niemals würde sie seine Buhle werden!, hatte sie gesagt. Sie liebte Guillaume, und ihr Platz war an seiner Seite, nicht an Conalls. Niemals!
Conall aber hatte nicht verstehen können oder wollen, dass er sich vergeblich Hoffnungen machte. So oft er ihr seitdem begegnet war, hatten in seinem Blick darum sowohl Leid als auch Vorwurf,
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