Der goldene Thron
nicht.« Conall sah sie groß an. »Ich bin nur vollkommen überwältigt davon, dich endlich wiederzusehen.«
Endlich schien das Eis zwischen ihnen gebrochen zu sein.Conall hob die Hand und streichelte ihr zärtlich über die Wange. Er roch gut, nach Pferd und Stall, wie früher. Isabelle schloss einen Moment die Augen. Das Blut rauschte in ihren Ohren.
»Du bist noch schöner als in meiner Erinnerung und meinen Träumen«, sagte Conall mit rauer Stimme.
Sein Atem streifte ihre Wange. Isabelle öffnete die Augen und sah ihn an. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
»Nicht!«, wisperte sie atemlos, als er sie küssen wollte, und mit einem Mal straffte sich Conall, als wäre er soeben aus einem Traum erwacht.
»Verzeiht, Mylady. Wenn Ihr zu Euren alten Lieblingsplätzen ausreiten wollt, lasst mir Bescheid geben, damit ich Euer Pferd satteln lasse«, sagte er förmlich und trat einen Schritt zurück. »Wenn Euer Gemahl einverstanden ist, begleite ich Euch gern bei Eurem nächsten Ausritt. Ist nicht überall ganz ungefährlich«, erklärte er steif und verneigte sich. »Erlaubt Ihr mir zu gehen?«
Isabelle nickte. Ihr Herz hämmerte wild. Das Wiedersehen mit Conall hatte sie vollkommen durcheinandergebracht. Wie gut er aussah! Kräftiger als früher, das Kreuz breiter, die Arme stärker und das Gesicht markanter. Er war kein Junge mehr, sondern ein Mann.
Am Abend wurde ein herrliches Festmahl aufgetragen, um den Burgherrn willkommen zu heißen, und Isabelle freute sich wie ein Kind, weil Guillaume dafür gesorgt hatte, dass man einen Harfenspieler hatte kommen lassen, der alte irische Volksweisen vortrug. Begeistert summte sie die vertrauten Melodien mit und konnte die Beine unter dem Tisch kaum stillhalten, so sehr begehrte sie, zu den fröhlichen Weisen zu tanzen. Obwohl es bereits spät sein musste, als sie sich in die Kammer zurückzogen, war Isabelle kein bisschen müde, sondern aufgekratzt wie lange nicht.
»Conall ist mit der Tochter des früheren Stallmeisters verheiratet«, erklärte sie ungefragt, nahm den Schleier ab und löste ihre Haare. Sie machte ein paar stampfende Tanzschritte und lachte.»Er hat sich kaum verändert. Auch wenn er inzwischen ein Mann geworden ist, so ist er doch im Herzen derselbe Junge geblieben.«
»Dann ist er gewiss noch immer in dich verliebt«, stellte Guillaume scheinbar gleichgültig fest.
Isabelles Herz machte einen Satz, als wäre sie bei etwas Verbotenem erwischt worden. »Unsinn«, schnaubte sie. »Wie kommst du nur auf so etwas?«
»Nun, damals, nach unserer Hochzeit, war er verrückt nach dir, wenn ich mich recht entsinne. Geradezu liebeskrank. Hatte er nicht deshalb darum gebeten, hierher zurückkehren zu dürfen?« Guillaume grinste sie an. »Komm her zu mir, du hinreißende kleine Herzensbrecherin!«, forderte er, lachte und klopfte neben sich auf die Bettstatt.
Isabelle tat gekränkt, obwohl ihr Herz jubelte. Ob Guillaume doch ein wenig eifersüchtig war?
»Du bist ein garstiger Mann!«, sagte sie mit gespielter Verärgerung, fuhr sich mit dem Kamm durch die Haare und schüttelte sie. Dann löschte sie das Talglicht, das auf dem Tisch flackerte, tappte zum Bett und kroch zu ihm unter die Decke. Es war so dunkel in der Kammer, dass man die Hand nicht vor Augen sehen konnte.
Guillaume rückte dichter an sie heran, nahm sie in den Arm und küsste sie. »Herzensbrecherin!«, raunte er ihr noch einmal ins Ohr. Seine Hände, ein wenig rau und angenehm trocken, fuhren mit wachsender Leidenschaft über ihren Körper.
Isabelle erschauderte. »Schenk mir heute Nacht ein Kind. Ein irisches Kind!«, keuchte sie und setzte sich rittlings auf Guillaumes Mitte. Begierde und Wärme, Hingabe und Leidenschaft mischten sich mit einer unerklärlichen Furcht und hinterließen ein Flattern wie von tausend Flügelschlägen in ihrem Magen, so wie einst, als sie frisch verliebt gewesen war.
Erschöpft und außer Atem ließ sie sich nach der Liebe neben Guillaume auf die Kissen fallen. Eine ganze Weile starrte sie nur stumm in die Dunkelheit. Einige Umrisse hoben sich undeutlichhervor. Isabelle riss die Augen auf, bis sie zu brennen begannen. Die Begegnung mit ihrem Milchbruder wollte ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen.
»Bist du eifersüchtig wegen Conall?«, wisperte sie in die finstere Nacht, doch Guillaume antwortete nicht. Vermutlich schlief er bereits seelenruhig. »Nicht genügend offenbar, um dich wach zu halten«, murmelte sie verdrießlich und drehte sich zur
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