Der goldene Thron
auf ihre Seite zu ziehen, war gescheitert, denn der alte König hatte vorgesorgt und zahlreiche Bistümer in England mit Verbündeten besetzt, auf deren Unterstützung er zählen konnte. Im September des vergangenen Jahres hatte er zu Verhandlungen in Gisors aufgerufen, doch weder die Prinzen noch der französische König waren bereit gewesen, Frieden mit ihm zu schließen. Stattdessen hatten sie für weitere Angriffe in England gesorgt.
Doch erst als sich David of Scotland, der Bruder des »Löwen«, im Frühsommer ihrer Sache angeschlossen und den Norden Englands angegriffen hatte, war Hoffnung aufgeglommen. Endlich hatte es so ausgesehen, als wendete sich das Blatt zugunsten des jungen Königs. Der Earl of Norfolk hatte das königstreue Norwich in die Knie gezwungen und Walkelin de Ferrers desgleichen mit Nottingham getan, das dem alten König treu ergeben gewesen war.
Doch auch Henry II. war nicht untätig geblieben. Er war mit beeindruckender Entourage in Sandwich gelandet und von dort nach Canterbury gezogen, um sich, barfuß und in kratziges Sackleinen gehüllt, auf den Boden der Kathedrale zu werfen. Am Schrein des heiligen Thomas Becket hatte er um Vergebung für die Ermordung seines einstigen Freundes gefleht. Seit diesem Bußgang schien das Glück nur noch ihm zugewandt zu sein.
Abergavenny Castle, Wales, Winter 1175
W arum lädst du Seisyll ap Dyfnwal nicht zu einem Festmahl ein? Ich habe gehört, es sei Brauch in Wales, sich vor dem Weihnachtsfest mit seinen Feinden zu versöhnen und ihnen ihre Untaten zu verzeihen.« Matilda lächelte unschuldig.
»Den Mörder meines Onkels soll ich einladen? Bist du noch bei Sinnen, Weib?«, rief William de Braose empört und fuhr zu ihr herum.
Ihr Lächeln wurde zu einem unheilvollen Grinsen.
»Oh, du reizendes, ruchlosestes aller Weiber! Was hast du dir nur wieder Arglistiges ausgedacht?« Er nahm sie in den Arm und küsste sie.
»Du lädst sie ein, so wie es der König im Sommer auch getan hat. Um Frieden mit ihnen zu schließen, führst du sie in deine Halle.«
»Nicht in diesem Leben!«
Matilda klimperte mit den Wimpern, beugte sich nach vorn und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
»Oh, du … du …« William de Braose japste nach Luft vor Begeisterung. Er schlang die Arme um seine erst neunzehnjährige Gemahlin und drehte sich mit ihr im Kreis. »Gepriesen sei der Tag, an dem ich dich zum Weib nahm.«
»Gib doch acht!«, rügte Matilda ihn lachend. »Du zerdrückst ja mein Kleid!«
»Dein Kleid, sagst du? Zelt solltest du es lieber nennen!«, antwortete er feixend und streichelte über ihren runden Leib.
Seit fünf Jahren waren sie verheiratet. Von jenem Augenblickan, als sie erkannt hatte, wie ähnlich ihr Gemahl ihr war, wie hinterhältig und verschlagen, hatte sie sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Drei Kinder hatte sie ihm bereits geschenkt, dieses würde das vierte sein.
Zwei Wochen später traf Seisyll ap Dyfnwal, Lord of Gwent, begleitet von seinen besten Männern und seinem ältesten Sohn, auf Abergavenny Castle ein.
»Werter Nachbar!«, begrüßte de Braose ihn mit offenen Armen zum Bruderkuss, hielt jedoch inne, bevor sie sich berührten, und sah seinen Gast mit gespieltem Entsetzen an. »Ihr werdet Euch doch nicht bis an die Zähne bewaffnet an meinen Tisch setzen wollen?« William de Braose blickte ihn betroffen an.
»Ein Friedensmahl sollte wahrlich nicht mit Bögen auf dem Rücken und Schwertern am Gürtel eingenommen werden!«, mischte sich nun auch Matilda ein, stemmte ihre Handfläche in die Lenden, streckte ihren runden Leib nach vorn, sodass niemand übersehen konnte, dass sie guter Hoffnung war, und zauberte ein freundliches Lächeln auf ihr Gesicht. »Versöhnung bedarf keiner Waffen, denkt Ihr nicht? Oder wollt Ihr uns am Ende etwa Übles antun?« Matilda riss gekonnt die Augen auf und fuhr mit einer Hand schützend über ihren Leib.
»Fürchtet Euch nicht, Mylady, wir sind gekommen, um Frieden zu schließen«, sagte Seisyll ap Dyfnwal in fließendem Französisch, das aus seinem Mund jedoch beinahe so klang wie das Walisische, das Matilda so sehr hasste. Ihr Gast war ein durchaus ansehnlicher Mann, älter als ihr Gatte, mit grauen Schläfen und feurigen Augen. Kein Wunder, dass ihn seine Männer lieben, dachte Matilda, wenn auch nicht mehr lange. Sie senkte den Blick, damit niemand den Triumph darin aufleuchten sehen konnte.
»Wenn Ihr darauf besteht, dass wir uns unbewaffnet an Euren Tisch setzen, so folgen wir Eurer
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