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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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ihn so bitter enttäuscht, und doch schien er sie noch immer zu lieben.

August 1174
    W arum wollt Ihr mich nicht mehr?«, fragte die junge Wäscherin. Als Guillaume sich zu ihr umwandte, wiegte sie sich verführerisch und strich mit der Hand über das gut kniehohe Gras. Sie war ihm über die Wiese gefolgt und stand nun nicht mehr als zwei Schritte von ihm entfernt, den Blick fest auf seine Augen geheftet. »Findet Ihr mich nicht schön?« Sie fuhr mit beiden Händen durch ihre glatten braunen Haare, schüttelte aufreizend den Kopf und streckte ihre prallen Brüste vor, die von dem Kleid mit dem großzügigen Ausschnitt nur knapp bedeckt wurden.
    Guillaume holte tief Luft. Einmal hatte er versucht, in ihrem Schoß Erlösung und Vergessen zu finden. Seitdem verfolgte sie ihn und bedrängte ihn mit ihren Reizen. Warum ließ sie ihn nicht in Frieden? Sah sie denn nicht, dass er allein sein wollte?
    »Nun sagt schon, findet Ihr mich nicht schön?« Sie kam auf ihn zu und schürzte die Lippen. Ihr Atem ging stoßweise, als sie sich mit halb geöffnetem Mund an ihn drängte.
    Guillaume schloss die Augen. Sein Körper verlangte erneut nach ihr. Sein Herz aber begehrte auf und verlangte Ellen.
    Weder Liebesschwur noch Treueversprechen bindet dich an sie! Du wirst sie niemals wiedersehen. Willst du ewig leben wie ein Mönch?, zirpte es in seinem Kopf.
    Guillaume rang nach Atem. Die Wäscherin rieb sich an ihm, ließ ihre Zunge zuckend über seinen Hals und hinauf bis zu seinem Ohr gleiten. Guillaume hörte sich stöhnen, fühlte, wie sie ihr Kleid hochschob und begehrlich mit der Hand über seinen Bauch nach unten fuhr.
    »Komm«, girrte sie und wollte ihn zu Boden ziehen.
    Guillaume öffnete die Augen. »Nein!«, stieß er hervor, schob sie fort und ging mit langen Schritten über die Wiese. Was hätte er ihr sagen können, wie erklären, was er doch selbst nicht verstand? Er war hergekommen, um allein zu sein, nicht, um der Liebe zu frönen. Liebe! Konnte man die Begierde bei der Vereinigung zweier Körper überhaupt Liebe nennen? Der Gedanke an Hunde, Pferde und Rinder drängte sich ihm auf. Nein, Liebe war etwas anderes! Etwas Tieferes. Ein Gefühl von Einssein, von Verständnis, Sicherheit, Vertrauen und Geborgenheit. Und um all dies empfinden zu können, war da nicht die genaue Kenntnis des geliebten Menschen nötig? Der Einblick in seine Seele, das Wissen ob seiner Hoffnungen und Träume, seiner Stärken und Schwächen?
    Er hatte versucht, Ellen zu vergessen. Wer war sie denn schon?, hatte er sich gesagt. Nur eine einfache Schmiedin! Keine Schönheit, weder reich noch vollkommen. Und doch gehörte ihr sein Herz.
    Seit er vor einigen Monaten mit den Truppen des jungen Königs nach England gekommen war, um den Kampf gegen Henry II. auf der Insel fortzuführen, dachte er immer wieder darüber nach, was wohl aus ihr geworden war. Ob sie noch immer in der Normandie lebte? Oder war sie vielleicht ebenfalls nach England zurückgekehrt? In jeder Stadt, jedem Dorf und jedem Weiler, durch den sie kamen, ertappte er sich dabei, nach dem melodischen Klang des Schmiedehammers zu horchen und nach Ellens glutroten Haaren und der für sie so typischen leicht gebeugten und doch stolzen Körperhaltung Ausschau zu halten. Guillaume schüttelte den Kopf. Er musste sie endlich vergessen und sich auf das Wesentliche konzentrieren. Auf seinen Herrn, den Krieg, die politischen Verwicklungen und seine Zukunft bei Hof.
    Ein beißender, schwerer Qualm brannte plötzlich in seiner Brust und brachte ihn zum Husten. Früher war das Land mit fruchtbaren Feldern, blühenden Obsthainen und grünen Wäldern gesegnet gewesen. Weizen, Hafer und Roggen hatten sichebenso im Wind gewiegt wie Gerste und Hopfen. Auf den ausgedehnten, saftigen Wiesen hatten die begehrten Wollschafe gegrast, und in den Eichenwäldern hatten sich Schweine Fett für den Winter angefressen. Jetzt aber brannte England. Rauchsäulen stiegen aus abgefackelten Feldern und verkohlten Wäldern auf. Vieh in großer Zahl war abgeschlachtet worden oder brüllend im Feuer verendet. Hunger, Elend und Armut breiteten sich aus.
    Der Gedanke, mit welcher Unbarmherzigkeit der Krieg, an dem er beteiligt war, seine Heimat geschunden hatte, beschämte Guillaume. Die ehrgeizigen Pläne seines Herrn hatten es erfordert, doch der Erfolg des Aufstandes schien in immer weitere Ferne zu rücken. Die Truppen des alten Königs hatten Henry und seinen Brüdern heftig zugesetzt. Auch der Versuch, den Papst

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