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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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Taumeln. »Weg da!«, knurrte er, stieß sie zur Seite und drängte sich an ihr vorbei. Er sah über die Schulter zurück zu seinen Männern. »Tötet sie«, befahl er. »Alle!«
    Matilda eilte ihrem Gatten nach. Sie rannte, so schnell sie mit ihrem gewölbten Leib konnte, die Treppe hinunter und folgte ihm über den morastigen Burghof. Dort sah sie, dass er den Jungen eingeholt hatte und sein Schwert hob. Der entsetzte Blick in den Augen des Kindes hätte einen Stein erweichen können. Unglauben und Angst standen in seinem Gesicht, so wie bei seinem Vater, seinem Bruder und seiner Mutter, bevor sie gestorben waren, dazu aber leuchtete auch unglaublicher Hass in ihnen auf.
    »Töte ihn«, rief Matilda, »sonst rächt er sich eines Tages an unserem Sohn!« Sie legte die Hand auf ihren gerundeten Leib, denn das Kind darin bewegte sich heftig.
    William de Braose ließ sein Schwert, ohne zu zögern, auf den Jungen niedersausen. Schlaff, als hätte es keine Knochen im Leib, fiel das Kind zu Boden und tränkte die walisische Erde seiner Vorfahren mit seinem Blut.

Arras, Anfang 1176
    I ch liebe das Festland!«, rief der junge König schwärmerisch, breitete die Arme aus, schloss die Augen und sog die feuchtkalte Januarluft so genüsslich ein, als handelte es sich um eine laue Frühlingsbrise.
    Guillaume ließ den Blick gelangweilt über die Weite des vor ihnen liegenden Landstrichs gleiten. Wo im Frühjahr und Sommer bunte Wiesen vor Lebenslust überschäumten und sich saftig grüne und sonnig gelbe Felder neben blühenden Hainen aneinanderreihten, so weit das Auge reichte, erstreckten sich jetzt nur brachliegende Äcker, aufgebrochene Erde, abgegraste, vertrocknete Weiden und ein paar kahle Büsche und Bäume, die in verblichenen Grün- und Brauntönen vor sich hin dümpelten. Kein Berg, nicht einmal ein vernünftiger Hügel setzte einen Höhepunkt in die Landschaft.
    Gedankenversunken ritt Guillaume weiter neben seinem jungen Herrn her. Vor mehr als einem Jahr hatte der König den Aufstand seiner Söhne endgültig niedergeschlagen. Viele Burgen und Städte waren zerstört worden, ganze Landstriche verwüstet und unzählige tapfere Männer, aber auch unschuldige Frauen und Kinder gestorben. Dennoch waren die Prinzen und der junge König nach wie vor der festen Überzeugung, richtig gehandelt zu haben. Einzig und allein weil ihre militärische Niederlage es erfordert hatte, waren sie bereit gewesen, ihren Vater um Frieden und Verzeihung zu bitten.
    Henry II. hatte sich zwar überaus großzügig gezeigt, ihnen vergeben und sie sogar mit beträchtlichen Einkommen, Festungen und Burgen ausgestattet, doch mehr Freiheit und die Macht,nach der sie gestrebt hatten, besaßen sie noch immer nicht. Auch ihren Beratern, denen er zunächst den schlechten Einfluss auf seine Söhne verübelt hatte, war der König mit Milde begegnet und hatte alle Gefangenen, bis auf seine Gemahlin, freigelassen. Obwohl Guillaume den König nicht zu fürchten hatte, schien ihm die eigene Zukunft doch ungewiss, denn es würde wohl noch eine Ewigkeit dauern, bis der junge Henry endlich regierte. Wer konnte schon wissen, was bis dahin noch alles geschah?
    Niedergeschlagen wie immer, wenn er an den Krieg dachte, den er weder hatte verhindern noch für seinen Herrn gewinnen können, zog Guillaume seinen mit dichtem Pelz gefütterten Mantel enger um die Schultern.
    »Es sollte nicht mehr weit sein«, unterbrach der junge König seine dunklen Gedanken, legte die Hand an die Stirn und starrte in die Ferne. »Ich kann es kaum noch erwarten, meinen Vetter endlich in die Arme zu schließen!«
    Guillaume nickte nur und sah verdrießlich zum Himmel, dessen verwaschenes Grau nicht zum ersten Mal in diesen Tagen nach Regen aussah. Hauptsache, sie wurden nicht schon wieder nass bis auf die Knochen!
    »Da! Seht nur, dort hinten, das muss es sein!«, rief Henry plötzlich, zeigte auf einen dunklen Fleck in dem trüb braunen Einerlei und gab seinem Pferd die Sporen.
     
    Es war ein gedrungenes Fachwerkhaus mit Ställen, mehreren Schuppen, einem Küchengebäude und einer kleinen Kapelle, das da inmitten von Weiden und Feldern lag. Das musste das Gestüt sein, das man ihnen als Aufenthaltsort des Grafen von Flandern genannt hatte. Wohlstand, Sicherheit und Ordnung strahlte es aus, obwohl die kaum zwei Mann hohe, steinerne Mauer, die es umgab, einem ernsthaften militärischen Angriff gewiss nicht lange standhalten würde.
    Als sie durch das offene Tor in den Hof ritten,

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