Der goldene Thron
Bitte, denn die Höflichkeit gebietet es, unseren Gastgeber nicht zu beleidigen.«
»Aber Vater!«, setzte sein Sohn, der ebenso feurige Augen hatte, zum Widerspruch an.
»Schon gut«, beruhigte ihn Seisyll und brachte ihn mit einer strengen Geste zum Schweigen.
Matilda lächelte erleichtert. »Unsere Männer werden Eure Waffen gut verwahren, bis es Zeit für Euch ist, heimzukehren.« Sie winkte einige Knappen herbei, die Bögen, Lanzen und Schwerter ihrer zahlreichen Gäste einsammelten und forttrugen.
»Nun denn, so tretet ein!«, lud William de Braose sie mit einer ausholenden Armbewegung ein. Sobald Seisyll ap Dyfnwal und seine Männer jedoch den Burghof betreten hatten und das Tor hinter ihnen geschlossen worden war, fielen de Braoses Männer über sie her. Einer seiner Knappen warf William de Braose sein Schwert zu, und Seisyll ap Dyfnwal zückte das Messer, das er am Gürtel behalten hatte, doch gegen die Waffe seines Gastgebers hatte er keine Chance. In kürzester Zeit hatten de Braose und seine Männer den Lord of Gwent, seinen Sohn und seine Begleiter abgeschlachtet wie wehrloses Vieh.
Matilda hatte sich derweil in die Sicherheit des oberen Stockwerks zurückgezogen und von einem Fenster aus zugesehen. Sie wiegte sich und das Kind in ihrem Leib hin und her und lächelte zufrieden. »Das ist ja noch viel aufregender als die Jagd!«, murmelte sie.
Als das blutige Werk getan und alle Waliser erschlagen waren, eilte William de Braose zu ihr und berichtete, wie erfolgreich er ihren Plan in die Tat umgesetzt hatte.
»Man wird ihn vermissen, wenn er nicht zurückkehrt«, warnte Matilda ihren Gatten. »Zeige deine Stärke und statte seinem Weib einen Besuch ab, bevor sie Männer aussendet, die ihren Gemahl und ihren Sohn suchen sollen!«, forderte sie. »Diese walisischen Hunde werden dich nur respektieren, wenn sie dich fürchten. Nicht mehr dein Vater, sondern du bist jetzt der Lord of Bramber, und niemand soll es künftig wagen, dich herauszufordern.«
William de Braose nickte. »Welch kluges Weib mir der Herr doch beschert hat! Wenn der heutige Tag vergangen ist, wird kein Waliser es mehr wagen, sich mir in den Weg zu stellen.« Er küsste Matilda auf die Stirn.
»Nimm mich mit!« Ihre Stimme war rau vom Verlangen, die Waliser auch weiterhin leiden zu sehen.
»Du willst mit uns nach Arnallt reiten? In deinem Zustand?«
Matildas Augen waren voller Begierde, als sie nickte.
Sie erreichten Seisyll ap Dyfnwals Burg noch am selben Tag und metzelten die überraschten Soldaten, die sich in aller Hast zu verteidigen suchten, ohne Mühe nieder.
William de Braose schleifte Gwladus, Seisylls Weib, an den Haaren aus ihrer Kammer in die Halle, wo er sie vor allen Anwesenden in die Knie zwang. Sie war älter als er, doch noch immer eine schöne Frau mit klaren grauen Augen, die an den walisischen Himmel erinnerten. Trotzdem ließ ihn ihr Betteln, er möge sie verschonen und ihr das Leben lassen, unberührt.
»Bitte, Mylady!«, flehte sie nun Matilda an, in der Hoffnung, durch sie Barmherzigkeit zu erfahren.
»Beweise ihr deine Gnade, mein Liebster!«, wandte sich Matilda mit gütiger Stimme an ihren Gatten, bevor sie kalt wie Eis fortfuhr: »… und beende ihr Leiden!«
Ein Junge von sechs, vielleicht sieben Jahren schrie auf, als de Braoses Messer ihre Kehle durchtrennte, sich das Blut der Frau aus der Wunde ergoss und der Hoffnungsschimmer in ihren Augen verglomm.
»Sieh nicht hin, Cadwaladr«, raunte eine Magd dem Jungen zu und versuchte, ihn hinter ihrem Rücken zu verbergen.
Matilda aber war Gwladus’ letzter ängstlicher Blick nicht entgangen. Mahnend hatte sie in die Richtung des Jungen gesehen. Schweig, um nicht erkannt zu werden und mit dem Leben davonzukommen!, hatten ihre Augen das Kind warnen wollen. Der Schrei des Knaben jedoch, in dem sich Angst mit Wut und Verzweiflung vermischte, hatte ihn verraten.
»Das ist Seisylls Sohn!«, rief Matilda und zeigte auf Cadwaladr.
»Komm zu mir, mein Junge!«, forderte de Braose das Kind auf und winkte es herbei. Er ließ von der toten Frau ab, und ihr Körper sackte neben ihm zu Boden.
Die Mägde weinten leise schluchzend.
»Komm!«, lockte er den Kleinen mit sanfter Stimme.
»Hör nicht auf ihn, lauf weg!«, rief die Magd, hinter der er stand, in Panik und schob das Kind in Richtung Treppe. »Lauf, Junge!«
De Braose wollte dem Jungen nachstürzen, doch die Magd verstellte ihm todesmutig den Weg. Ein Fausthieb ins Gesicht brachte sie zum
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