Der goldene Thron
schenken.
»Gewiss doch, lass uns später ein paar Krüge leeren!«
Ein riesenhafter, glatzköpfiger Ritter stand plötzlich hinter Guillaume. »Gut gewählt!«, brummte er mit tiefer Stimme und zeigte auf das neue Banner. Dann entblößte er eine Reihe grauschwarz verfärbter Zahnstummel und lachte. »Aber es wird Euch auch nicht helfen, denn heute werde ich Euch besiegen!« Noch ehe Guillaume geantwortet hatte, zog er ab, und das freundliche Nicken des guten Barrois, der mit seinen beiden Söhnen und einer beeindruckenden Entourage vorbeiritt, lenkte Guillaumes Aufmerksamkeit auf sich. Welch erhebendes Gefühl es war, von dem berühmten des Barres gegrüßt zu werden!
»Dann bis später also!«, verabschiedete sich Enguerrand.
Guillaume nickte und reckte sich. In der Menge hatte er den wirren Schopf des Norrois entdeckt. »Henry!«, rief er ihm nach. »Warte auf mich!«
Henry le Norrois drehte sich um. »Guillaume! Blume der Ritterschaft, Mutigster aller Kämpfer, Edelster der Edlen!«, begrüßte er ihn wie üblich und machte eine überschwängliche Verbeugung, die er mit einer wirbelnden Handbewegung untermalte. »Seit dem Morgen singe ich bereits Loblieder auf dich und deineHeldentaten«, erklärte er und schlug sich mit einem theatralischen Augenaufschlag an die Brust. »Großer Ruhm eilt dir dank meiner voraus, und dein Banner wird niemand übersehen!«
»Recht so!« Guillaume tätschelte ihm die Schulter.
»Hast du Ellen gesehen?«, fragte er wie zu Beginn eines jeden Turniers.
Und wie all die Male zuvor schüttelte der Norrois nur mitleidig den Kopf. Er sah sich kurz um und beugte sich zu Guillaume vor. »Wie Kain Abel ansah, blicken sie dich an«, flüsterte er und deutete mit dem Kopf in die Richtung, in der Thomas und Thibault standen. »Der Neid nagt an ihnen, weil dir der größere Ruf vorauseilt!«
»Was seit Jahren auch dein Verdienst ist, mein Freund. Vermutlich lassen sie darum kein gutes Haar an dir. Ich höre von ihnen nur Schlechtes über dich«, sagte Guillaume sorglos lachend.
»Sie liebten und schätzten mich, besänge ich nicht deine Ruhmestaten, sondern die ihren.« Der sonst so fröhliche Norrois sah mit einem Mal ganz ernst aus. »Ich bin nur ein Habenichts und kann mit ihrer Verachtung leben. Du aber solltest dich lieber vorsehen.«
Guillaume winkte ab. »Ich bin missgünstige Blicke gewöhnt. Am besten, man schenkt ihnen keine Beachtung.«
»Nun, es versteht sich von selbst, dass ich nichts dagegen hätte, wenn du auch diesmal wieder anständig Beute machst, selbst wenn sie dich dafür noch mehr hassen und mich ebenfalls.« Der Norrois grinste breit, denn als Gegenleistung für die Loblieder beteiligte Guillaume ihn nach wie vor an seinen Gewinnen.
»Dex aïe – Gott helfe«, murmelte Guillaume den Schlachtruf seines Herrn und seufzte ergeben.
Der Norrois lachte auf. »Dex aïe li Mareschal!« Er formte die Hände zu einem Trichter vor dem Mund und rief die Worte, so laut er konnte.
»Grundgütiger! Das müssen an die dreitausend Ritter sein!«, staunte Guillaume, als sich kurz vor dem Beginn des Turniers dieunterschiedlichen Verbände formierten. Baudouin hatte einen Teil seines verlorenen Geldes zurückgewonnen und war rechtzeitig vor Beginn der Kämpfe an die Seite des jungen Königs zurückgekehrt. Vor einigen Monaten war er zum Ritter geschlagen worden und durfte seitdem mehr als nur zusehen.
»Die Gier der Männer nach Triumph und Beute liegt wie ein Flirren in der Luft, spürst du das?« Guillaume atmete tief ein, schloss die Augen und genoss das Gefühl von Aufregung, das ihn erfasste. »Man kann ihre Erregung geradezu riechen, findest du nicht?«
»Nein«, lachte Baudouin, »aber ich glaube dir wohl, dass du es kannst!«
* * *
Stolz und kämpferisch sah Guillaume aus. Kein Wunder, dass ihn fast alle jungen Ritter zu ihrem Vorbild auserkoren hatten.
Adam legte die Hand auf seinen Magen. Er brannte schon wieder. So wie immer, wenn er sich über den Erfolg seines einstigen Freundes ärgerte. Das Banner des Maréchal schien mit den anderen Standarten um die Wette zu flattern. Ärgerlich war das, einfach unerträglich! Adam sah zu den Rittern Guillaumes hinüber. Sein neues Wappen hatte sich der Maréchal der Länge nach geteilt in den Farben Gold und Grün gewählt, wobei in der Mitte, seinem Herrn zu Ehren, ein roter Löwe prangte. Ein edles Banner, daran bestand kein Zweifel. Adam schnaubte. Hatte er ein solches etwa nicht verdient? Gewiss, er hatte
Weitere Kostenlose Bücher