Der goldene Thron
zeigte, dass ihm etwas auf der Seele lag.
»Was ist dir? Du bist schon seit Reims so schweigsam.« Guillaume sah ihn fragend an.
»Wir sind Freunde, nicht wahr?«
»Aber gewiss doch!« Guillaume blickte ihm in die Augen. »Was ist es, das dich so bedrückt?« Trotz des erheblichen Altersunterschieds war ihm Baudouin in den letzten Jahren ein lieber Freund geworden, wie er treuer nicht sein konnte.
»Du solltest Adam, Thibault und Thomas im Auge behalten. Sie gönnen dir weder deine Reichtümer noch den Ruhm, den du dir erkämpft hast. Am wenigsten aber verschmerzen sie es, dass du dich über sie erhoben hast und nun dein eigenes Banner führst. Sieh doch, wie feindlich sie dich ansehen!«
Guillaume blickte sich zu ihnen um.
Die drei nickten ihm zu und lächelten.
Huldvoll nickte Guillaume zurück.
»Ihre Lippen verziehen sich zu freundlichen Fratzen, doch in ihren Augen brennt Missgunst«, warnte Baudouin ihn.
»Ach was!« Guillaume winkte ab. »Dass Thibault mich hasst, ist nichts Neues. Und Thomas de Coulonces?« Er zuckte gelassen mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Aber Adam?« Er schüttelte den Kopf. »Adam ist mir seit Tancarville stets ein Rivale im Kampf, aber sonst ein guter Freund gewesen. Er würde mir niemals Schlechtes wollen.« Guillaume lachte auf. »Wenn sie mir meinen Erfolg neiden, so werden Thibault und Coulonces ihre Anstrengungen noch vergrößern, um mich zu überflügeln. Und unserem jungen König so noch besser dienen.« Seine Mundwinkel zuckten. Er zwinkerte Baudouin verschwörerisch zu. »Ich weiß, mein Freund, dass du es gut meinst. Doch deine Sorge um mich ist unbegründet. Henry liebt mich. Selbst wenn sie mir schaden wollten, was könnten sie schon gegen mich ausrichten?«,fragte er unbekümmert und ließ sich aus dem Sattel gleiten, ohne auf eine Antwort zu warten. »Hier baut die Zelte auf!«, ordnete er an und warf einem seiner Knappen die Zügel seines Pferdes zu. »Nun hör auf, Trübsal zu blasen, Baudouin. Komm, genießen wir das Leben! Um Sorgen kümmern wir uns, wenn wir welche haben!« Neugierig blickte sich Guillaume um und nickte hier oder da einem Waffenbruder zu.
»Gratulation zum eigenen Banner, Maréchal!«, rief Enguerrand de Préaux und steuerte auf sie zu. Seine veilchenblauen Augen waren mit dem Alter noch dunkler geworden. Sein engelhaftes Haar aber strahlte in demselben unschuldigen Blond wie früher.
»Ich danke dir, mein Freund!« Guillaume nahm ihn zur Begrüßung bei den Unterarmen, wie sie es in Tancarville getan hatten. »Wie schön, dich wohlauf zu sehen!« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Aus dem einst so zarten Pagen, um den er sich gesorgt hatte, war ein starker Mann und, wie er gehört hatte, hervorragender Kämpfer geworden. Ours hatte ganze Arbeit geleistet.
»Baudouin!« Enguerrand begrüßte auch ihn herzlich.
Der junge Flame blickte sich suchend um. »Sind deine Brüder ebenfalls hier?«
»Gewiss doch«, bestätigte Enguerrand. »Welchen suchst du?«
»Roger und Jean. Sie schulden mir noch eine Revanche im Würfeln. Haben mich das letzte Mal bis aufs Hemd ausgezogen«, erklärte Baudouin lachend.
»Ach nein!« Enguerrand schüttelte scheinbar bedauernd den Kopf und grinste dann breit. »Soweit ich weiß, warten sie nur darauf, zu einem Spielchen aufgefordert zu werden.« Er deutete nach Süden über den Platz. »Ihr Zelt steht dort hinten, fast in der Mitte!«
Baudouin lächelte verschmitzt. »Na, dann werde ich gleich einmal zu ihnen gehen und sie herausfordern, bevor ihnen noch einfällt, ihre Reichtümer beim heutigen Kampf zu verlieren. Ihr entschuldigt mich?« Er deutete eine kleine Verbeugung an, zwinkerte Guillaume zu und ging davon.
»Hoffentlich gewinnt er diesmal!« Guillaume sah ihm nach und seufzte.
»Das will ich nicht hoffen. Bei aller Freundschaft!«, witzelte Enguerrand. »Sie sind nun mal meine Brüder, und Blut ist bekanntlich dicker als Wasser.«
»Maréchal, ich rate Euch, bewundert ein letztes Mal Eure Pferde und Waffen, denn wir werden sie Euren Männern heute abnehmen«, drohte ein junger Ritter aus der Champagne laut lachend und schlug Guillaume ein wenig zu vertraulich auf die Schulter.
»Es wird mir eine Freude sein, mit Eurem Herrn über Euer Lösegeld zu verhandeln. Nehmt also den Mund lieber nicht zu voll, sonst wird es umso teurer!«, gab Guillaume trocken zurück. »Sehen wir uns nachher noch?«, wandte er sich wieder an Enguerrand, ohne dem jungen Mann weitere Beachtung zu
Weitere Kostenlose Bücher