Der Goldschatz der vom Himmel fiel
„Vielleicht
hätte ich mir doch St. Moritz wünschen sollen. Aber dort treiben sich zu dieser
Jahreszeit nur eitle Affen rum. Die Weiber tragen teure Pelze. Pfui, Blödheit!
Und die Kerle sind Steuerflüchtlinge oder Geldwäscher. Oder ostische
Polit-Mafiosi, die die Unterstützungs-Milliarden aus dem Westen ins eigene
Portmonee stecken. Pfui, Schande! Diese Typen, finde ich, sind kein Umgang für
uns.“
„Nicht mal am
Frühstücks-Buffet“, knurrte Tim, „möchte ich neben so einem stehen.
Wahrscheinlich würde ich ihn mit der Eierpfanne klatschen.“
„Woher weißt du“, wurde Karl
von Gaby gefragt, „dass sich Slibowitz dort versteckt?“
„Das weiß alle Welt.“
„Warum wird er nicht
verhaftet?“
„Dieser Staat liefert nicht
aus. Und vor der Öffentlichkeit wird behauptet, er wäre nicht vor Ort.“
„Also halten Dortige schützend
die Hand über ihn.“
„Garantiert.“
„Weil er sie schmiert.“
„Bei hohen Staatsbeamten und
Politikern“, schaltete sich Tim ein, „ist das schon beinahe die Regel. Die
machen doch diesen unangenehmen Job nur — damit sie rankommen an die
Futterkrippe, an den Selbstbedienungsladen, der da Staat heißt.“
Klößchen kratzte sich am Kopf.
„Wohnt Slibowitz im Sunshine-Club?“
„Das natürlich nicht“, wusste
Karl. „Er soll am Rande von Dschellala eine Villa haben, von Mauern umgeben wie
eine morgenländische Festung. Und bewacht von seinen Leibgardisten, alles Typen
seines Schlages. Der Bekannteste ist ein Deutscher. Nur kriege ich im Moment
den Namen nicht auf die Zunge.“
„Kinkel“, sagte Tim. „Uwe
Kinkel, 1951 geboren, vorbestraft wegen Bankraubs in Frankfurt, dann
international unterwegs — als Abenteurer, Söldner, Krimineller — , bevor er
sich von Slibowitz im Balkan-Krieg anheuern ließ.“
„Und Dschellala ist jetzt aller
Exil, Verbannungsort“, stellte Gaby fest. „Und sie leben dort wie im
Schlaraffenland.“
„Aber nicht so gut wie wir im
Sunshine-Club“, meinte Klößchen. „Denn das wird der helle Wahnsinn.“
3. Dem Goldschatz auf der Spur
Schon vor Monaten hatte ihn
Uwe, sein krimineller Halbbruder, aus Dschellala angerufen und die neue Adresse
— nicht mehr Belgrad, sondern eben Dschellala — durchgesagt. Natürlich mit
Telefon- und Fax-Nummer und der Kunde, dass es allen der
Slobodan-Slibowitz-Horde verdammt gut gehe. Berthold Schwitzke-Nöhl hatte sich
darüber gefreut.
„Die Menschen hier sind
unglaublich gastfreundlich“, hatte Uwe mit seiner Knarr-Stimme berichtet, „man
kann sie ausquetschen wie eine völkische Minderheit. Sloby hat ein paar
korrupte Obermotze bestochen. Jetzt sitzen wir hier wie die Maden im Speck.
Allerdings nervt es, dass weder Sloby noch ich — dass wir uns in keinem
europäischen Land zeigen dürfen. Unsere Gesichter sind zu bekannt. Vielleicht
gehen wir später nach Südafrika, Madagaskar oder Venezuela. Leider wird auch
die Kohle allmählich knapp. Sloby hatte zwar etliche Millionen auf Schweizer
Bankkonten gebunkert. Aber das ist rausgekommen. Das Geld wurde beschlagnahmt —
und ist verloren. Falls dir ein heißer Deal einfällt, Berti, bei dem wenigstens
ich mich gesund stoßen kann — rufst du mich an. Okay?“
Und jetzt, dachte Berthold, ist
es so weit. O Mann! O Mann! Wie das Schicksal so spielt. Noch im Nachhinein
muss ich mich bei Mutters erstem Mann bedanken. Ob den wohl die Fische
gefressen haben? Oder hat er sich einfach nur aufgelöst — unten in der
Sunshine-Bucht? Bleichen dort seine Knochen im Cockpit der Ju 52? So oder so —
abgesprungen ist er jedenfalls nicht mit dem Fallschirm. Nee, das hat der alte
Hektor nicht mehr geschafft. Sonst wäre er an Land gekrault und hätte sich
irgendwann gemeldet. Wäre leicht gewesen. O ja! Deutsche Truppen sind ja schon
bald danach in Afrika gewesen. Tunesien zum Beispiel, ja, Tunesien wurde 1942
von deutschen Landsern besetzt.
Berthold Schwitzke-Nöhl saß in
seiner Drei-Zimmer-Wohnung, die so gemütlich war wie eine nicht beheizbare
Lagerhalle. Die Räume enthielten nur das Nötigste: Bett, Tisch, einen Sessel,
Eisschrank, Elektro-Herd, Spüle, einen Kleiderschrank sowie ein Tischchen für
Telefon und Fax-Gerät. Da er im fünften Stock wohnte — ohne Gegenüber brauchte
er weder Gardinen noch Vorhänge. Teppiche schon gar nicht. Wohnkultur war für
Berthold ein Fremdwort. Und da er vor lauter Geiz auch Heizkosten sparte, trug
er zu Hause meistens einen Mantel zur Winterszeit, manchmal auch Hut
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