Der Goldschatz der vom Himmel fiel
Gegenden politisch völlig
unsicher. Revolutionen sind an der Tagesordnung, Stammeskämpfe und das Gerangel
machtlüsterner Diktatoren.“
„Nicht überall. Die nördlichen
Staaten grenzen ja bekanntlich ans Mittelmeer und einige sind mindestens so
europäisch wie Sizilien oder Korsika. Der Zufall hatte Klößchen einen
Ferienprospekt in die Hand gespielt. Mit Fotos vom noblen Sunshine-Club.
Dorthin fahren wir. Edelmäßig geht’s da zu. Eine Top-Hotelanlage am Meer,
genauer gesagt: an der gleichnamigen Sunshine-Bucht. Kennst du, ja? Der Ort
dicht dran heißt Dschellala.“
„Der Club gilt als teuer.“
Tim grinste. „Ich weiß. Aber
Klößchens Weihnachtsmann kann sich das erlauben. Darf ich mitfahren? Gabys und
Karls Eltern haben schon zugestimmt.“
Susannes Okay war natürlich
reine Formsache gewesen. Tim musste sich auch keineswegs hartherzig fühlen.
Seit seine Mutter auf eine zweite Ehe zusteuerte, verbrachte sie ohnehin den
größten Teil des Jahres in New York. Denn Tims künftiger Stiefvater ist
Journalist, lebt im Big Apple — wie New York von den New Yorkern genannt wird —
und leitet dort das Studio eines der größten deutschen TV-Sender. Susannes
Verlobter wollte ‚zwischen den Jahren‘, spätestens am 29. nach Deutschland
kommen. Für Tim bedeutete das, er würde ihn knapp verpassen. Doch das künftige
Familien-Idyll, dachte er, läuft ja nicht weg und meine Freunde, besonders
Gaby, sind allemal wichtiger. Mütterchen wird nicht allein sein und damit bin
ich entschuldigt.
Jetzt näherte sich der
Intercity der TKKG-Stadt. In wenigen Minuten, hatte der Zugführer per Durchsage
behauptet, wäre Ankunft. Und da die Bundesbahn gelegentlich ihre
Pünktlichkeits-Versprechen hält, stand also das Ende der Reise tatsächlich
bevor.
Sorgfältig faltete Tim die
großformatige Seite zusammen, die er aus seiner Tageszeitung, dem Einheits-Kurier, herausgerissen hatte.
Sensationell!, dachte der
TKKG-Häuptling. Dieser Bericht! Unglaublich! Und irgendwie betrifft es uns ja.
Denn abgespielt hat sich dieser Horror in der Sunshine-Bucht. Jawoll! Vor
Dschellala. Unseren Ernährern dürfen wir das allerdings nicht kundtun. Sonst
wird die Reise gecancelt (absagen ) und wir fahren nach Kitzbühel zum
Rodeln.
Jetzt war es so weit. Der
stählerne Lindwurm kroch in den Kopfbahnhof, der über 34 Gleise verfügt und
eine mächtige gläserne Kuppel.
Tim schulterte den neuen
Lederrucksack, ein Weihnachtsgeschenk, und griff sich die lederne Reisetasche,
die er schon zum Geburtstag bekommen hatte.
Auf dem Bahnsteig pfiff eisiger
Wind, denn die Erbauer des Bahnhofs hatten die Halle zur falschen Seite hin —
zur Wetterseite — geöffnet.
Oskars Schlappohren flogen
waagerecht nach hinten, als sich der Cockerspaniel von Gaby losriss und zu Tim
stürmte. Begrüßung. Geknuddel. Tim wurde abgeholt von seinen Freunden. Immerhin
hatte man sich viereinhalb Tage nicht gesehen. Mitreisende registrierten
schmunzelnd, wie Gaby von ihrem Freund mit Bussis versorgt wurde. Klößchen trug
eine Webpelzmütze im Kosaken-Look. Karl hatte sich beim Ausdrücken eines noch
glühenden Kerzendochtes die Finger verbrannt, nämlich vergessen, sie vorher mit
Spucke zu benetzen. Jetzt hatte er Pflaster an Daumen- und Zeigefingerkuppe.
„Du siehst wahnsinnig toll
aus“, erklärte Tim seiner Freundin. „Weihnachten bekommt dir.“
„Vielleicht brauchte ich nur
ein bisschen Erholung von meinem Boy.“
„Das kann ich aber nicht sein.
Hast du etwa noch einen Freund?“
„Na und ob! Es ist herrlich,
wie der mich verwöhnt. Sieh mal!“
Sie schob die Haare hinter die
Ohren zurück, soweit es das Strickmützchen zuließ — und zeigte die entzückenden
Ohrringe, die ihr Tim zu Weihnachten geschenkt hatte. „Muss das ein Typ sein!
Der hat ja monatelang gespart.“ Tim erhielt ein Bussi. Dann bewegten sich TKKG
zum Bahnhofsvorplatz, wo gerade der passende Bus hielt.
Später schloss Gaby die Tür der
Glocknerschen Wohnung auf. Aus der Küche duftete es nach Gewürztee und
Weihnachtsgebäck. Frau Glockner war allerdings nicht zu Hause, sondern in ihrem
Feinkostgeschäft und der Kommissar hatte Dienst im Präsidium.
„Es wird der helle Wahnsinn!“,
strahlte Klößchen, der sich nicht nur als Gastgeber, sondern auch als
Reiseorganisator fühlte. „Wir starten morgen um 5.45 Uhr. Per Express nach Genua.
Dort Einschiffung auf die Fähre. Wir haben eine Mehrbettkabine. Hoffentlich
stört sich Gaby nicht an unserem Schnarchen. Also quer
Weitere Kostenlose Bücher