Der Goldschatz der vom Himmel fiel
nur hoffen kann, dass es mich täuscht.
Sonst müsste ich glauben, dass wir uns nicht mehr wieder sehen. Das wäre
schrecklicher als Gefangenschaft, als schwere Verwundung, als der — Tod. Denn
ich denke immerzu an dich. Ich habe Sehnsucht nach dir. Niemand weiß, wie lange
dieser Krieg dauern wird. Ich kann ihn nur überstehen, weil ich weiß, dass du
auf mich wartest. Mein Veilchen! Jetzt der dicke Hund: Morgen starte ich zu
einem Flug übers Mittelmeer. Zielflughafen ist Dschellala in T. Dort erwarten
mich deutsche Zivilpersonen, die sich mit dem Kennwort ,Wie einst Lili Marlen‘
— sicherlich, Veilchen, kennst du schon dieses hinreißende Lied — bei mir
melden werden. Den Personen soll ich die zehn Kisten übergeben, die ich an Bord
meiner Ju 52 habe. Diese Kisten wurden im Beisein von einigen sehr hohen Herren
aus der Partei in meine Maschine verladen. Unter strikter Geheimhaltung.
Sozusagen bei Nacht und Nebel. Ich wage es nicht, die Namen dieser Bonzen
niederzuschreiben, denn damit würde ich dich gefährden. Aber natürlich hat mich
der Vorgang misstrauisch gemacht. Die Kisten sind vernagelt. Sie sind
verhältnismäßig klein, aber schwer. Jede wiegt 50 Kilo. Jetzt, noch vor dem
Abflug, habe ich eine geöffnet. Heimlich. Du kannst dir nicht vorstellen, was
die Kisten enthalten. Gold, Gold, nur Gold. Gold in Barren. Zehn Zentner Gold.
Ein Schatz ist das. Ein Vermögen. Und ich durchschaue, was da läuft. Die Bonzen
bringen ihr Schäfchen ins Trockne. Deutsches Gold wird außer Landes geschafft.
Und soll in Dschellala von Mittelsmännern versteckt werden. Damit es die Bonzen
im Bedarfsfall zur Verfügung haben. Das ist ungeheuerlich. Aber wer könnte
dagegen was tun. Den Flug mache ich allein. Wenn ich am Freitag zurück bin,
schreibe ich dir, wie es in Dschellala gewesen ist. Bis dahin, mein Veilchen,
küsst dich innigst — dein Hektor.“
Am anderen Ende der Leitung
sagte Uwe: „War das sein letzter Brief?“
„Sein letzter. Er ist nicht
zurückgekommen. Vermisst. Dann für tot erklärt. Du weißt es. Das Ganze spielte
zehn Jahre vor unserer Geburt.“
„Du hast von diesem Brief
gewusst?“
„Walburga hat ihn mir mal
vorgelesen. Ich dachte damals: Wie schade, der alte Hektor liegt also mitsamt
dem Gold im Mittelmeer. Aber es wäre wohl ziemlich sinnlos gewesen, danach zu
suchen.“
„Jetzt ist es nicht mehr so
sinnlos?“
„Nein, Uwe. Denn ich weiß, wo
das Gold ruht. Es ruht tatsächlich, nämlich auf dem Meeresgrund.“
„Ich höre.“ Uwes Stimme klang
plötzlich gepresst. „Hektars Ju 52 liegt direkt vor deiner Nase. In der
Sunshine-Bucht. In einer Tiefe von etwa 50 Metern. Erstaunlich, dass dieses
Wrack jetzt erst entdeckt wurde. Offenbar wird dort wenig getaucht.“
„Woher hast du die Infos?“
„Es steht in der Zeitung. In
der heutigen Ausgabe vom Einheits-Kurier. Ein ganzseitiger Bericht. Allerdings
geht’s da nicht um Hektors Maschine. Die Ju 52 wird nur nebenbei erwähnt. Es
geht um einen Weißen Hai, der einen Taucher schon im Maul hatte, aber dann
wieder losließ. Ich erzähl’s dir.“
Berthold berichtete. Uwe
unterbrach mit keinem Wort. Dann: „Woher weißt du, dass es sich um Hektors
Maschine handelt?“
„Von der gibt es ein Foto. Das
ist in dem letzten Brief. Hektors Ju 52 hatte das Kennzeichen 27 + E 11. Und
das ist auch auf dem Flugzeug unten in der Sunshine-Bucht. Dieser Colin ,Lucky’
Waterhole berichtet, die Aufschrift sei wie neu.“
„Mann! Das ist super.“
„Die Maschine sei zwar
auseinander gebrochen. Aber Goldbarren, Uwe, schwimmen nicht weg.“
„Nein, die liegen im Schlick.
Und warten auf uns. Auf uns, Berti! Das heißt, beweg deinen Hintern und komm
her! Verdien dir deinen Anteil! Klar?“
„Bin schon unterwegs. Aber
tauchen kann ich nicht. Du weißt, ich bin... äh... wasserscheu. Habe sozusagen
eine Wasser-Allergie. Schon beim Händewaschen wird mir übel. Und beim Duschen —
muss ja gelegentlich sein, aber nicht zu oft — kriege ich Platzangst.“
„Keine Sorge, Berti! Von dir
ist der Tipp. Du bringst das Wissen ein. Der Taucher bin ich. Habe nicht
umsonst eine totale Ausbildung dafür. Und als Kampfschwimmer. Sowas verlernt
man nicht.“
„Alles klar! Grüß Sloby von
mir!“
4. Klößchen wird seekrank
Was für ein Tag, dieser 28.
Dezember! Der letzte dieses Datums aus der 19-hunderter-Serie! Erst die
aufregende Bahnfahrt nach Genua, dann Einschiffung samt Gepäck. Das Fährschiff
sah aus wie ein Ocean-Liner, fand Tim.
Weitere Kostenlose Bücher