Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
Vom Netzwerk:
des Hofes, war noch jung, von mittelgroßer, gedrungener Gestalt, mit einem freundlichen Gesicht, und Gwyn fühlte sich gleich gut verstanden mit dem Knecht.
    »Kommt, Herr Carlisle, dorthin!« Hans deutete nach Westen. »Da ist der Wald voll Gräben und kleiner Hohlwege. Da gibt’s Felsgestein und kleine Höhlen.«
    Der Mann lachte vergnügt vor sich hin, wohl in der Vorfreude, welche diese Saujagd versprach.
    »Weiß der Schwarzkittel ganz genau. Und ich wett meinʼ ganzen Treibergroschen, dass unser Wild sich dort wird verstecken.«
    »Was macht dich so sicher?«, fragte Gwyn neugierig.
    Hans, der Knecht, grinste nur statt einer Antwort.
    Er nahm seinen Sauspieß und knotete den dünnen Lederriemen ab. Damit hatte er die Waffe all die Zeit auf dem Rücken getragen. Immer wieder lauschte er für einen Moment lang mit angehaltenem Atem. Plötzlich begann er loszumarschieren. Gwyn musste sich beeilen, ihm zu folgen, denn der Knecht legte einen immer schneller werdenden Schritt vor. Eine Weile keuchte Gwyn hinter ihm her, der jetzt im Laufschritt dahineilte und dabei den niedrig wachsenden Zweigen auf seinem Weg behende auswich. Mit einem Mal hielt er an und sog die Luft ein, so als könne er wittern wie ein Hund.
    Er wandte sich zu Gwyn und grinste fröhlich. »Die Bracken haben was aufgescheucht. Vielleicht ein großer Keiler. Gibt hier viele. Ist’s ein ganz Alter, ist’s auch ein schlaues Tier. Das spielt mit uns, als wären wir die Maus und das Stück die Katze. Wenn’s sein muss, bis die Sonn’ vergeht.«
    »Sag bloß, du riechst das Wild«, lachte Gwyn.
    »Nit das Wild, Herr Carlisle, aber die Bracken. Die Meute stinkt nach Schweiß und heißem Geifer. Das riech ich.«
    Gwyn sog nun ebenfalls die Luft ein. Aber es roch eher nach Moos und Farn, nach weichem Lehm und kühler Feuchtigkeit. Der eigene, würzige Geruch nach Wald.
    »Ist der Wald groß?«, wollte Gwyn wissen.
    »O ja, sehr, Herr Carlisle! Und voller Löcher. Gut zum Verstecken für so ein Vieh. Wird eine feine Jagd, will mir scheinen.«
    Nach diesen Worten eilte der Jagdknecht wieder weiter. Gwyn folgte ihm. Er versuchte zu verstehen, was der Knecht ihm sagen wollte, konnte sich keinen Reim darauf machen. Das Bellen der Hunde war plötzlich wieder zu hören. Sie gaben Hals, wie die Jäger es nannten, und der Lärm der Meute klang ganz nahe und wurde lauter bei jedem weiteren Schritt, den sie nun näher kamen. Gwyn bekam Respekt vor dem Jagdknecht.
    Da hielt Hans mit einem Mal an und gebot auch Gwyn, stehen zu bleiben. Beide Männer lauschten angestrengt. Dem Bellen der Hunde folgte ein lautes Jaulen. Die Meute hatte zweifellos gehalten und hielt sich an ihre Aufgabe: das Wild stellen und nicht mehr entkommen lassen.
    »Kommt!«, rief Hans und sprang mit einem großen Satz durch das Gebüsch.
    Gwyn spürte eine seltsame Aufregung in sich, als er dem Mann folgte. Sie waren beide kaum ein paar Schritte gelaufen, als ihnen einer der Hunde engegenkam. Die Bracke hinkte. Aus der linken Seite der Flanke blutete der Hund stark. Beim Anblick der beiden Männer begann das Tier zu winseln. Aber noch mitten im Lauf hielt der Hund an und legte sich zu Boden. Der Knecht kniete nieder und fuhr sanft mit der Hand über das Fell. Der Hund blieb liegen und jaulte leise, wohl vor Schmerz. Die Wunde schien tief. Hans richtete sich auf. Schnell folgten er und Gwyn dem Weg, den die Bracke soeben gekommen war.
    Unter einer Buche stand der Keiler.
    Gwyn erschrak bei dessen Anblick. Er hatte nicht geglaubt, dass ein wilder Eber so groß sein könnte. Von den Klauen bis zum Nacken musste er wenigstens so hoch wie ein Kind sein, das 6 Lebensjahre zählt. Aus dem mächtigen Schädel blitzten zwei Augen wie dunkle Steine, blank poliert. Das Fell war fast schwarz. Nur die Spitzen der Borsten schimmerten hell, als wären sie aus reinem Silber, sobald das Tier sich im fahlen Licht des Waldes bewegte. Der Eber stieß mit dem Rücken bereits an den Stamm der Buche. Die Hunde hatten ihn eingekreist und ließen ihm kaum Raum zur Bewegung. Direkt hinter dem Baum begann ein kurzer, sehr steiler Erdwall, durchsetzt mit großen Steinbrocken. Ein Entkommen war für das schwere Tier in dieser Richtung nicht möglich. Immer wieder stieß eine der Bracken mutig vor und versuchte, nach den Läufen oder dem Rüssel des Tieres zu schnappen. Doch dieses Wild war ein schlauer Gegner. Es schien jede Bewegung bereits vorher zu ahnen. Blitzschnell schlug es bei den vorwitzigen Versuchen der Hunde

Weitere Kostenlose Bücher