Der Goldschmied
einem kurzen Moment.
»Neugier? Erklärt Euch!«
»Jawohl, mehr zu erfahren und zu wissen, als mir als Faber bekannt. Dazu ist es Brauch zu reisen, für jedes Handwerk.«
»Dies ist wohl recht, ja. Aber was hat Euer Weib gesagt, als Ihr Euch anschicktet, fortzugehn?«
Erneut stellte Gwyn fest, dass ihn dieser Richter in allen Fragen fordern würde. Der Mann schien nach jeder Unstimmigkeit in seiner Vergangenheit zu forschen. »Nun, sie zürnte wohl und war auch gram. Aber bin nicht ich der Herr des Hauses?« Gwyn hörte, wie einige Zuhörer verhalten lachten. Als er schnell zu Fresenius hinüberblickte, erkannte er keinerlei Regung in dessen Gesicht. Der Richter beugte sich erneut etwas nach vorne und stellte die nächste Frage.
»War Eure Reise von Erfolg?«
»Jawohl, Ihr Herren!«
»Wo habt Ihr als Faber gearbeitet? Nennt uns die Orte!«
»Nach meiner Zeit der Lehre war ich in Bath, später in Augsburg und in Venedig.«
»Ihr seid der Ketzerei beklagt. Ihr habt geschachert mit Beelzebub um Ehr und Ruhm. Vielleicht auch um Wissen. Bekennt Ihr Euch schuldig?«
»Nein, Messere! Ich bin frei von solcher Schuld.«
»Ihr leugnet also jegliche Nähe des Teufels?«
»Ich hat keinʼ Handel mit ihm. Dies sei gewiss.«
Der Richter sog langsam die Luft ein. Es sah aus, als wolle er gleich schreien, aber seine nächste Frage war nicht lauter als die Fragen vorher. »Ihr würdet dies unter Eid besagen?«
»Ja, Hohes Gericht!«
»So kehrt zurück, verbleibt an Eurem Platz, bis wir Euch rufen«, befahl der Richter.
Gwyn verbeugte sich und schritt rückwärts zu seinem Platz. Dies war so Sitte. Neben dem Sessel seines Anwaltes blieb er stehen.
Erneut hatten sich der Richter und seine Beisitzer beraten. Sie flüsterten miteinander, und Gwyn erkannte an ihren Mienen, dass sie sich wohl nicht ganz einig darüber waren, wie sie die Befragung fortsetzen sollten. Da klopfte der Richter plötzlich erneut auf die vor ihm liegende Bibel und wandte sich an Fresenius van Straaten.
»Eure Exzellenz, der Inquisitor Fresenius van Straaten! Sprecht jetzt, wenn Ihr glaubt, hier sprechen zu müssen.«
Dies war eine offizielle Aufforderung an den Wallonen. Seine Anklage war Teil dieser Verhandlung.
Fresenius erhob sich. »Ehrenwertes Hochheiliges Gericht unserer Kirche. Wir handeln hier in Gottes Namen. Sein Auftrag ist unser Tun.«
Ein Amen raunte durch den Saal. Fresenius nickte beifällig und sprach weiter. »Jener Gwyn Carlisle, über den wir hier sprechen, ist wohl schuldig, Hohes Gericht. Seine Schuld zeigt sich in vielerlei Gestalt. Ich will sie Euch zeigen.«
Er griff von einem Packen mit Pergamenten ein Blatt und schritt langsam in die Mitte des Saales, nur wenige Schritte vor den Tisch der Richter. Dort blieb er stehen.
Messere Farnese beugte sich zu Gwyn und flüsterte ihm zu. »Gebt acht, Signore! Auf jedem Pergament glaubt er eine Anklage gegen Euch zu haben. Es sind nicht wenige. Ihr müsst für jede ein Wort der Erklärung haben. Merkt gut auf. Noch kann ich Euch nicht beistehen!«
Gwyn beobachtete aufmerksam van Straatens weiteren Auftritt. Der drehte sich zu den übrigen Zuhörern um. Dann rief er laut, in die Runde blickend:
»Im Reich der Deutschen, in Landshut war’s, beim großen Stechen: Da hat jener einen Hals gemacht, aus Eisen. Er tat, was nicht erlaubt. Nur Gott selbst lässt die Glieder wachsen.«
Im Saal war erneut leises Gemurmel zu hören.
Fresenius verlas die nächste Anklage mit ebenso lauter Stimme. »Gold schlägt er so dünn wie eine Haut. Jedoch vermag kein Faber dies ihm gleichzutun, ob Meister oder nicht. Und ich nenn Euch auch den Grund: Es ist der Teufel selbst, der ihm den Hammer führt …«
Fresenius konnte nicht weitersprechen, weil die Stimmen im Saal lauter geworden waren. Der Richter klopfte heftig auf seine Bibel, und das Geräusch war laut genug, um sogleich wieder Ruhe einkehren zu lassen. Fresenius fuhr mit lauter Stimme fort: »Der Faber weiß, wie man den edlen Stein trennt, ohne dass er zerbricht. Die Frage sei gestellt: Wer hat ihm dies gesagt? Kein Faber von Ehr und christlichem Glauben vermag solches zu tun!«
Bevor die Versammelten in dem Saal erneut murmeln konnten, war Fresenius mit seinem Pergament in der Hand näher getreten. Er wedelte damit, als sei es ein kleiner Fächer, wie man ihn benutzt, um sich Kühlung durch die kleine Brise zu verschaffen.
»Er befiehlt dem Metall, sich zu strecken, sich zu drehen, zu winden, als sei es eine Rebe wie vom Wein.
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