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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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Ich will Euch sagen, warum, Ihr Brüder eines Geistes! Er verhext das Eisen und jeglich edles Metall!«
    Die letzten Worte hatte der Mann geschrien, und allmählich sah man an Fresenius’ Gesicht, dass sich der Inquisitor in seine Rolle des Anklägers hineinsteigerte.
    Im Saal tönte es lauter und lauter.
    »Der Faber ist ein Buhler!«, riefen vereinzelte Stimmen.
    Der Richter klopfte erneut, aber dieses Mal dauerte es einen Moment, bis wieder Ruhe einkehrte. »Ihr Brüder im Geiste! Ich bitt Euch!«, gebot er laut.
    Der Vorsitzende des Gerichtes wandte sich an Gwyn, gebot ihm durch eine Handbewegung, näher zu treten. Ein bewaffneter Knecht trat ihm in den Weg und hielt ihn fest. Er gebot ihm, nicht weiter vorzutreten. Keinesfalls durfte Gwyn auf derselben Höhe wie ein päpstlicher Vertrauter stehen.
    Der Richter hob die Hand. »Signore Carlisle! Was sagt Ihr zu jenen Worten?«
    Gwyn zitterte aus Wut. »Ihr Herren! Hohes Gericht …!«
    »Ist’s richtig, was Bruder van Straaten hier gesagt?«, unterbrach ihn der Richter.
    »Ja, Signore! Es ist richtig!«
    Erneut setzte ein Raunen im Saal an, das sich aber sogleich beruhigte. Keiner der Zuhörer wollte versäumen, wie sich der Faber aus der Affäre ziehen würde.
    »Ihr Herren, Ihr wollt wissen, wer es war, der mir solches beibrachte? Es ist …«
    Gwyn stockte für einen Moment der Atem, dann holte er Luft und begann zu sprechen. Auf einmal fühlte er sich ruhig und eigenartig warm. Er spürte keinerlei Müdigkeit, sondern auf einmal etwas, das ihn nicht mehr allein sein ließ. Vielleicht waren es wirklich all jene Geister, die er so beschwört hatte, ihm beizustehen?
    »… es ist unser Herr selbst, der jenes Wissen über jenes Tun gutheißt.«
    Lauter werdendes Gemurmel war zu hören.
    »Unzählige Faber haben Neues erdacht und ersonnen, und viele tun jenes, just in jenem Augenblick. Sagte der Herr nicht, alles Große zu schaffen, sei prächtig im Angesichte Gottes? Ihr Herren, ich sah den Dom zu Speyer. Ein großes Gotteshaus, wahrlich ein Heim unseres Herrn. Und tut nicht jede fleißige Hand just in diesem Moment genau ihren Teil, um zur Größe jenes Hauses beizutragen?«
    »Höret, er höhnt Gott …«, spottete Fresenius laut.
    Der Richter hob die Hand.
    »Silencio, Exzellenz!«
    Fresenius beugte kurz den Kopf, und man sah ihm an, wie sehr ihm die Zurechtweisung missfiel. Der Richter sah auf Gwyn und nickte ihm zu.
    »Sprecht weiter, Faber«, befahl er, und seine Stimme klang nicht streng.
    »Seid bedankt, Messere! Alles, war wir Faber tun, dient zur Größe Gottes. Alles, was wir ersonnen, ist gottgefällig. Wir rühmen Ihn, wenn wir Großes aus Kleinem schaffen. Wie man Gold schmiedet, als sei es feines Linnen, und wie man Silber dreht, so dass es aussieht, als wüchse es wie die Ranken vom Wein.«
    Gwyn schwieg und sah auf den Richter und seine Beisitzer.
    Der Richter gab Fresenius mit der Hand einen Wink.
    »Gebt Ihr zu, Edelstein zu trennen, mit einem Hieb?«, fragte ihn der Wallone lauernd.
    Gwyn wandte sich nicht um, sondern blickte auch bei dieser Antwort auf die Richter und seine Beisitzer. »Dies ist die Wahrheit«, war seine Antwort.
    »Wer lehrte Euch dies?«, bellte Fresenius.
    »Mein Lehrherr, Peter Fallen selig. Auch in jener Kunst war er ein Meister.«
    »Wenn Ihr jenes Wissen habt, so beweist uns dies!«, befahl Fresenius laut.
    Gwyn wandte sich nun um und sah dem Gesandten ins Gesicht. »Ich weiß nur, was ich mir bewahrt im Herzen. Was niedergeschrieben stand in feiner Schrift, verbrannte damals, als Ihr einen Mann haften wolltet, der Euch nichts getan. Es war jener Faber selig! Ich weiß dies, denn ich war dabei!«
    Die Menge raunte leise, und alle sahen auf den Inquisitor und auf den Goldschmied. Der hielt dem Blick des Anklägers stand.
    »Ja, und ich kann es zeigen, jederzeit«, sagte Gwyn ruhig.
    Die Zuhörer hatten erneut zu flüstern und zu tuscheln begonnen. Fresenius wollte ihn brennen sehen, so viel war sicher.
    Erneut stellte er eine Frage. »Und Gold zu schlagen, dass es so dünn wie die Haut einer Maus? Wer lehrte Euch dies?«
    »Erfahrung und viel Feingefühl. Zudem, es ist die Tugend der Geduld und die Kraft des Geistes vor jedem Tun. Gold zu strecken vermag ein jeder Faber. Der eine mehr, der andre weniger. Es ist eine feine Kunst, aber keine Hexerei.«
    Nach diesen Worten wagte Gwyn ein leises Lächeln, und ein kurzes Nicken des Richters war der Beweis, dass jener Mann nicht voreingenommen ihm gegenüber

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