Der Goldschmied
schloss, war er fest entschlossen, gegen den Wallonen zu kämpfen. Die Waffe dafür musste der Verstand sein.
»Die Inquisition ließ den Faber Inglese verhaften!«
Wie ein Lauffeuer sprach sich die Neuigkeit in der Stadt herum. Gwyns Auftrag war bekannt gewesen. Der Wunsch des Dogen von Venedig, seine Zustimmung, zu den Mauren zu reisen und um Handelsplätze für die Venezianer zu bitten, hatte auch für Rom und für Genua Hoffnungen geweckt. Gwyn Carlisle stand unter dem Schutz Venedigs. Es schien für Fresenius nicht ratsam, sich mit der mächtigen Stadt anzulegen. So fragten sich kundige Geister verwundert, was den Wallonen zu dieser Tat bewogen hatte. Wohl repräsentierte er die Macht der römischen Kirche, und er war ein Teil des stärker werdenden Armes des Stuhles Petri. Niemand durfte es wagen, sich mit der Kirche anzulegen. Bann oder gar ewige Verdammnis schienen diesem Frevler sicher. Es musste einen anderen Grund geben, warum Fresenius die heilige Inquisition berief, um den Faber zu brechen. Neben allen Vermutungen war jedem Beobachter bewusst, welche Folgen eine Verurteilung haben würde. Die Allmacht der Kirche wurde in jenem Moment gezeigt, in dem der Faber auf dem Scheiterhaufen brannte. Gezeigt der übrigen Welt. So galt es, abzuwarten, wer diese Art Kampf gewinnen würde.
Gwyns Zelle war groß und einigermaßen hell.
Breite Pechscharten ließen Licht und genug frische Luft herein. Wohlweislich hatte Fresenius ihn nicht in eines der tiefen Kellergewölbe verschleppen lassen, welche den Blutturm unterirdisch, einem Ameisenbau gleich, durchzogen. Der Teil, in dem der englische Faber eingekerkert war, wurde Arsenalturm genannt. Bis auf ein schmales Brett auf dem Fußboden, einem Strohsack darauf und einem kleinen Schemel war dieser Raum leer. Aber er war sauber und trocken, und solange die milden römischen Nächte weiter anhielten, war es auszuhalten. Auf das übliche Anketten hatte der Wallone verzichtet. Soweit Gwyn hinausblicken konnte, beobachtete er das Treiben der Stadt aus seinem Gefängnis heraus. Er kannte Rom kaum, und es amüsierte ihn fast ein wenig, dass er jetzt hier, eingekerkert in einem der Festungstürme, die Muße hatte, sich die Stadt aus luftiger Höhe zu besehen. Die letzten zwei Tage war die Luft in den Abendstunden so klar gewesen, dass er glaubte, in der Ferne Ostia und seinen alten Hafen zu sehen. Jetzt verwünschte er seine Entscheidung, die Reise nicht gleich von Venedig aus über das Meer angetreten zu haben.
Niemals hätte Fresenius es gewagt, ihn in der Lagunenstadt zu verhaften.
Der Wächter öffnete die Türe und ließ einen Mann eintreten. Bei dessen Anblick erinnerte sich Gwyn für einen Moment an seinen alten Freund und Weggefährten Cornelius van Brunschwigg. Dieser Herr schien Römer zu sein. Er sprach Gwyn in englischer Sprache an, was ein wenig fremd klang, denn zweifelsohne war seine eigentliche Muttersprache Apulisch.
»Gottes Gruß auf all Euren Wegen, Faber. Man heißt mich Pietro Giorgio Farnese. Ich bin Magister der Jurisprudenz und werde Euren Fall vor dem Gericht der heiligen Inquisition vertreten.«
Gwyn grüßte höflich zurück und musterte den Mann aufmerksam. Der war vielleicht 50 Jahre alt und trug einen langen, bis fast zum Boden reichenden Rock mit kurzen Ärmeln, was seiner schmalen, hageren Gestalt etwas Steifes und Ernstes verlieh. Sein Gesicht war auffallend blass, der graue Bart sorgfältig gestutzt.
»Wer schickt Euch, Signore?«, fragte Gwyn höflich.
»Es sind Herren, welche nicht genannt sein wollen. Aber seid versichert, ein jeder von ihnen meint es Euch gut.«
»Jene Herren kommen aus Venedig?«, fragte Gwyn neugierig.
Der Messere Farnese musste lächeln. Er deutete auf den kleinen niedrigen Schemel und bat um die Erlaubnis, sich setzen zu dürfen. Gwyn nickte höflich und nahm auf seinem Strohsack dem Mann gegenüber Platz. Eine Weile sprachen beide nichts, bis Gwyn das Schweigen brach. »Ihr seid also mein Fürsprecher?«
Der Anwalt nickte. »Euer Beistand im Recht und … Euer Freund«, anwortete der Mann ernst.
»Ein Freund ist gut in diesen Stunden«, antwortete Gwyn.
Der Anwalt schwieg, und erst nach einer Weile stellte Gwyn eine weitere Frage. »Sagt, glaubt Ihr, der Wallone wird mich der peinlichen Befragung unterziehn?« Gwyn bemühte sich, seiner Frage nicht allzu viel von der leisen Angst anmerken zu lassen, die er spürte, wenn er an die Folter dachte.
Der Anwalt seufzte tief. »Seid beruhigt, Faber. Seine
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