Der Goldvulkan
Jahreszeit schmolzen die letzten Trümmer des Eisganges schon im Polarmeere und der Peel River trug keine einzige Scholle mehr zu diesem hinunter.
Bei Betrachtung der komplizierten Anordnung des Mackensiedeltas kann man leicht auf den Gedanken kommen, daß sein westlicher Hauptarm eigentlich der Peel River selbst sei, der mit dem östlichen Arme durch viele Kanäle verknüpft wäre.
Wie dem auch sein mag, ob der westliche Arm eine Fortsetzung des Peel River oder ein Zweigstrom des eigentlichen Mackensie ist, jedenfalls mußte die Karawane auf dessen linkes Ufer hinübergelangen, weil der Golden Mount nach seinen Koordinaten nicht mehr fern von diesem Ufer an der Küste des nördlichen Eismeeres liegen sollte.
Zum Glück hatte der Strom jetzt keinen hohen Wasserstand und es gelang dem Scout, darin eine Furt zu entdecken. Der Übergang konnte also, freilich nicht ohne große Schwierigkeiten, während des Haltes am 5. Juni bewerkstelligt werden.
Das nahm den ganzen Nachmittag in Anspruch und als es zu dunkeln anfing, befanden sich Bill Stell und seine Gefährten alle auf dem andern Ufer.
Am nächsten Tage, am 6. Juni, gab Bill Stell schon um drei Uhr früh das Signal zum Aufbruch. Seiner Meinung nach mußten drei Tage bequem genügen, bis zur Küste vorzudringen. Die Karawane würde sich dann in Sicht des Golden Mount befinden, wenn die Angaben der Landkarte einigermaßen genau waren. Doch selbst einen kleinen Irrtum Jacques Leduns bezüglich der Länge und Breite angenommen, mußte der Berg doch sichtbar sein, da er jedenfalls seine Umgebung überragte.
Längs des westlichen Armes des Großen Stromes kam die Gesellschaft ohne nennenswerte Hindernisse vorwärts; nur das Wetter war nicht mehr so günstig. Von Norden her jagten die Wolken schnell über den Himmel hin und wiederholt kam es zu strömendem Regen. Der Marsch wurde hierdurch etwas verlangsamt und der Aufenthalt die Nacht über ziemlich unbehaglich. Alle ertrugen jedoch gern diese Unannehmlichkeiten, die angesichts des lockenden Zieles jedem leicht erschienen.
Ein glücklicher Umstand war es, daß die Karawane nicht gezwungen war, durch das hydrographische Netz des Deltas zu ziehen. Selbst der Scout fragte sich, wie sie das hätten überwinden sollen. So viele Rios ohne seichte Durchgangsstellen zu überschreiten, hätte die Gesellschaft in die ärgste Verlegenheit gebracht. Ja sie wäre vielleicht gezwungen gewesen, vorläufig einen Teil des Materials liegen zu lassen, um es später zu holen.
Als am 8. Juni am Abend angehalten wurde, konnte die Küste nur noch sieben bis acht Lieues entfernt sein und so hoffte man, sie am folgenden Tage bestimmt zu erreichen.
Ben Raddle hielt jetzt die Stunde für gekommen, wo er seinen Gefährten den eigentlichen Zweck der Reise kundgeben sollte.
Er erzählte also die Geschichte Jacques Leduns und wiederholte die vertraulichen Mitteilungen des unglücklichen Franzosen dem ganzen um ihn versammelten Trupp von Prospektoren.
Das erregte einen rauschenden Ausbruch von Freude.
Alle Blicke wendeten sich gegen Norden, in Erwartung, den Gipfel des Golden Mount schon zu erblicken. Selbst wenn der nur in fünf-bis sechshundert Fuß Höhe lag, mußte er in dieser Entfernung schon sichtbar sein.
Die Sonne stand noch ziemlich hoch am Himmel, leider zogen aber am Horizonte Dünste herauf und die ungeduldigen Augen konnten nichts erkennen.
Natürlich hatte sich des ganzen Personals der Karawane eine hochgradige Nervosität bemächtigt und darunter vor allem Ben Raddles, der schon so lange seiner fixen Idee nachgehangen hatte, die sich nun in wenigen Stunden verwirklichen oder zu einem Traum verflüchtigen mußte.
Jane Edgerton teilte die innere Erregung des Ingenieurs. Beide konnten sich kaum mehr an Ort und Stelle halten. Hätte der Scout sie nicht einigermaßen zu Vernunft gebracht, so wären sie gleich noch in der Finsternis davongelaufen.
»Aber zum Henker, Ben, so beruhige dich doch! Fassen Sie sich, Fräulein Jane, mahnte Summy Skim eindringlich. Geduldet euch bis morgen. Wenn’s einen Golden Mount gibt, werdet ihr ihn schon an seiner Stelle finden. Er läuft doch, zum Teufel, nicht davon und es ist recht unnütz, unser Lager in der Nacht zu verlassen, um wenige Stunden eher zu wissen, woran man ist.«
Ein weiser Rat, der auch von Bill Stell unterstützt wurde. Noch immer war ein schlimmes Zusammentreffen zu befürchten, entweder mit Indianern oder mit Rotten von Abenteurern von der Art, wie solche das Fort
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