Der Goldvulkan
erst am vierten Tage der Fahrt kommen. Im Schutze der Königin Charlotte-Insel dampfte der »Foot-Ball« auf einer Wasserfläche, die vom Wogengange des offnen Meeres unbelästigt blieb, unter minder ungünstigen Verhältnissen dahin. Am Lande folgten einander denen der norwegischen Küste ähnliche Fjorde, die bei dem Kabinengenossen Summy Skims und Ben Raddles wohl tausend Erinnerungen wachrufen mochten. Rings um diese starrten zum größten Teile bewaldete Felsen empor und dazwischen erschienen, wenn auch nicht Dörfer, doch Gruppen von Fischerhütten und da und dort ein vereinzeltes Häuschen, dessen indianische Bewohner sich durch Jagd und Fischfang ernährten. Wenn der »Foot-Ball« an solchen Stellen beidrehte, kamen sie, ihre Beute zu verkaufen, und fanden auf dem Schiffe auch willige Abnehmer.
Während weit hinter den Uferfelsen die Häupter höherer Berge mit schneebedecktem Gipfel über eine Nebelschicht hinausragten, sah man auf der andern Seite, auf der Charlotte-Insel, nichts als ausgedehnte Ebenen oder dichte, mit glitzerndem Reif überdeckte Waldungen. Auch hier zeigten sich stellenweise kleine Anhäufungen von Hütten, gewöhnlich am Strande enger Buchten, wo die Fischerboote auf günstigen Wind warteten.
Als der »Foot-Ball« eben die äußerste Spitze der Königin Charlotte-Insel erreichte, traten die beiden Vettern zum erstenmal unmittelbar in Beziehung zu den reisenden Damen, den Gegenständen ihrer teilnehmenden Aufmerksamkeit. Das geschah in recht gewöhnlicher Weise bei Gelegenheit einer Einsammlung, die jene zugunsten einer bedauernswerten Frau veranstaltet hatten, welche an Bord des Paketbootes einem übrigens recht kräftigen und wohlgebildeten Knaben das Leben geschenkt hatte.
In Begleitung ihrer blonden Gefährtin kam das brünette junge Mädchen mit bittend ausgestreckter Hand auch zu Ben und Summy mit demselben Gesuche, das sie an die andern Passagiere gerichtet hatte. Nach Einhändigung eines anständigen Beitrags knüpfte nun Ben Raddle aber ohne Umschweife ein Gespräch an und erhielt dabei willig alle ihm erwünschten Aufklärungen. Sehr bald hatte er erfahren, daß die beiden Damen nicht Schwestern, sondern leibliche Basen wären, die bis auf wenige Tage in gleichem Alter standen, sowie daß ihr Familienname Edgerton lautete und daß die Blondine Edith und die Brünette Jane hieße. Diese Mitteilungen hatte ihm Jane ohne alles Zögern und ohne die geringste Verlegenheit mit kurzen und klaren Worten gemacht, nachher war sie jedoch fortgegangen, und ihre Cousine, die kein Wort geäußert hatte, folgte ihr auf dem Fuße nach.
Durch die kurzen Erklärungen war freilich die Neugier Bens und Summys noch keineswegs gestillt, im Gegenteil erweiterte sich dadurch nur das Feld ihrer Mutmaßungen. Edgerton, das war der Name eines Brüderpaares, das sich seinerzeit einer panamerikanischen Berühmtheit erfreut hatte. Waghalsige Geschäftsleute, die sie waren, hatten sie lange Zeit ein ungeheures, durch eine kühne Spekulation binnen wenigen Stunden erworbenes Vermögen besessen. Dem Reichtum war aber durch den Schlag urplötzlichen Mißgeschicks der Ruin gefolgt und die beiden Brüder waren darauf in der namenlosen Menge verschwunden, die ja schon so viele verschlungen hat und auch später ebenso verschlingen wird. Hatten die beiden jungen Passagiere nun etwas gemein mit den einstigen Milliardären?
Auf diese Frage eine Antwort zu erhalten, war jetzt das einfachste Ding der Welt. Das Eis war nun einmal gebrochen und in der Nähe des Polarkreises bindet man sich nicht engherzig an die gesellschaftliche Etikette der großen Welt. Kaum eine Stunde nach dem ersten Zusammentreffen trat Ben Raddle an Jane heran und nahm seine Erkundigungen wieder auf, indem er die junge Dame ohne Scheu unmittelbar ausfragte.
Die Antworten ließen nicht auf sich warten. Ja, Edith und Jane waren die Töchter der beiden »Baumwollkönige«, wie man ihre Väter früher genannt hatte. Zweiundzwanzig Jahre alt und des geringsten Bißchens Gold, das diese mit Scheffeln gemessen hatten, beraubt, standen sie jetzt ohne Angehörige, ein Paar Waisen, allein in der Welt, da ihre Mütter schon längst gestorben und die beiden Brüder Edgerton gerade heute vor sechs Monaten bei einem Eisenbahnunfall ums Leben gekommen waren.
Während Ben seine Fragen stellte und Jane darauf antwortete, beobachteten Edith und Summy ein tiefes Schweigen. Vielleicht etwas schüchterner und jedenfalls weniger entschlossen, bildete die eine wie
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