Der Goldvulkan
Weshalb sollte es ein Weib nicht auch tun?
– Eine Dame! stotterte Summy von neuem. Mir scheint doch… nun ja, die Kraft… die Gesundheit… wenn nichts andres, Sapperment, schon die Kleidung sollte…
– Die Gesundheit, unterbrach ihn Jane, o, da könnte ich Ihnen die meinige wünschen, die Kraft… das Amulett, das ich in der Tasche habe, verleiht mir mehr Kräfte als sechs Athleten zusammen. Was mein Kostüm angeht, sehe ich nicht ein, daß das dazu schlechter wäre als das Ihrige. Vielleicht gibt es überhaupt mehr Frauen, die imstande wären, Hosen zu tragen, als Männer, die sich mit unsren Röcken bekleiden könnten!«
Nach diesen Worten brach Jane Edgerton – offenbar eine entschiedne Frauenrechtlerin – mit einem an den völlig besiegten Summy gerichteten Kopfnicken das Zwiegespräch ab, wechselte mit Ben Raddle noch einen kurzen Händedruck und entfernte sich mit ihrer wie immer schweigsamen Cousine, die während des letzten Teils der Unterhaltung nur still für sich gelächelt hatte.
Inzwischen war der »Foot-Ball« über das Nordende der Königin Charlotte-Insel hinausgekommen. Von hier an war er wieder dem Seegange frei ausgesetzt, vorzüglich als er die Dixoneinfahrt passierte, die im Norden die Prinz von Wales-Insel abschließt. Da der Wind aber nach Nordosten umgeschlagen war und jetzt vom Festland her wehte, waren alle Stampf-und Schlingerbewegungen gelinder.
Der Name der Prinz von Wales-Inseln kommt einem ganzen, ziemlich verwickelten Archipel zu, der sich im Norden zu einem Gewirr von Eilanden auflöst.
Jenseits davon folgt die Insel Baranoff, auf der die Russen das Fort Neuarchangel angelegt hatten und deren bedeutendste Stadt, Sidka, nachdem Rußland ganz Alaska an die Vereinigten Staaten abgetreten hatte, zum Sitze der Provinzialregierung erhoben worden war.
Am Abend des 19. April kam der »Foot-Ball« in Sicht des Fort Simpson, der letzten Niederlassung auf kanadischem Gebiete, vorbei. Wenige Stunden später glitt er auf die Gewässer des amerikanischen Staates Alaska hinüber und am 20. April legte er an der Mündung des Stickem River im Wrangelhafen an.
Die Stadt zählte jener Zeit nur etwa vierzig Wohnstätten. Sie hatte daneben einige flott betriebne Sägemühlen, ein Hotel, ein Kasino und einige unvermeidliche Spielhäuser, die auch während der Saison nicht feierten.
In Wrangel gehen von den Goldgräbern die ans Land, die sich nach Klondike auf dem Wege längs des Telegraph Creek begeben wollen, statt dem über die Seen jenseit Skagways zu folgen.
Jener Weg mißt aber nicht weniger als vierhundertdreißig Kilometer und er ist zwar mit geringern Unkosten, dafür aber nur mit enormen Schwierigkeiten zurückzulegen. Trotz mehrseitiger Vorstellungen, daß hier eine Fahrt mit dem Schlitten jetzt unausführbar sei, verließen das Schiff doch gegen fünfzig Auswandrer, die nun einmal entschlossen waren, den Gefahren und Mühseligkeiten der endlosen Ebenen des nördlichen Kolumbien zu trotzen.
Von Wrangel aus verläuft der enger werdende Kanal in zahllosen Windungen. Durch ein wahrhaftes Labyrinth von oft winzigen Eilanden dampfend, gelangte der »Foot-Ball« nach Juneau, einem 1882 nach seinem Gründer genannten Dorfe, das auf bestem Wege ist, jetzt zu einem Flecken und später zu einer Stadt anzuwachsen.
Zwei Jahre später hatten derselbe Juneau und sein Gesellschafter, ein gewisser Richard Harris, die Erzlagerstätten am Silver Bow Bassin entdeckt, woraus sie binnen wenigen Monaten für sechzigtausend Francs Goldkörner gewannen.
Angelockt von dem Gerüchte über diese Entdeckung, begann von jenem Zeitpunkte an die erste Zuströmung von Goldsuchern und die Ausbeutung der goldhaltigen Gebiete von Cassiar, die der von Klondike vorherging. Bald lieferte dann die mit zweihundertvierzig Stampfhämmern bearbeitete Mine von Treadville binnen vierundzwanzig Stunden bis fünfzig Tonnen Quarz und eine Ausbeute, die sich auf zwei Millionen fünfhunderttausend Francs belief.
Als Ben Raddle seinen Vetter über die erstaunlichen Erträgnisse der hiesigen Gegend unterrichtet hatte, antwortete dieser:
»Ja, es ist wirklich ärgerlich, daß es dem Onkel Josias, als er sich nach seinem zukünftigen Claim am Forty Miles Creek begab, nicht eingefallen ist, den Weg über Juneau zu wählen.
– Warum meinst du das, Summy?
– Nun, dann wäre er wahrscheinlich hier geblieben und wir könnten heute dasselbe tun.«
Eine vernünftige Rede war’s von Summy Skim ohne Zweifel. Ja, hätte es sich
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