Der Goldvulkan
gekommen war, Sie abzuholen.
– Sie werden doch ohne uns zurückreisen, Bill,« antwortete Summy Skim mit einem schon an Verzweiflung erinnernden Tone der Ergebung in sein Schicksal.
Das geschah denn auch nach einigen Tagen, nachdem der Scout sich von den beiden Kanadiern mit dem Versprechen verabschiedet hatte, im nächsten Frühjahr wiederzukommen.
»Nach acht Monaten!« stieß Summy Skim seufzend hervor.
Die Behandlung Ben Raddles nahm ihren regelrechten Verlauf. Eine Komplikation war nicht eingetreten. Doktor Pilcox erklärte sich im höchsten Grade befriedigt. Das Bein seines Freundes würde in Zukunft nur noch fester und diesem sozusagen gleich zwei Beinen wert sein. – »Das macht soviel wie drei, wenn ich richtig rechne,« pflegte er wiederholt zu sagen.
Ben Raddle selbst ertrug die Leiden mit Geduld. Von Edith mit besonderer Aufmerksamkeit gepflegt, schien er sich der im Krankenhause eingeführten Ordnung aufs beste anzupassen. Höchstens hätte man ihm vorwerfen können, daß er seine sanfte Krankenwärterin gar zu sehr in Anspruch nähme. Diese mußte sich oft ungebührlich lange bei dem Lager des Kranken aufhalten und auch dann wollte er kaum zugeben, daß sie ihn auf wenige Minuten verließ, um den andern Kranken gegenüber ihren Samariterdienst zu üben. Hierzu muß freilich bemerkt werden, daß das Opfer dieser Tyrannei darüber gar nicht böse zu sein schien. Ohne Murren lauschte sie dem oft langen Geplauder des Ingenieurs, immer darauf bedacht, während dieser schlummerte, Wunder von Tätigkeit zu verrichten, damit die andern Insassen des Hauses nicht durch die etwas auffallende Bevorzugung zu leiden hätten, die sie einem einzigen angedeihen ließ.
Obwohl die beiden jungen Leute aber oft und lange unter vier Augen zusammen waren, fiel es ihnen doch gar nicht ein, auch nur den kleinsten Roman anzuspinnen. Nur während sein Vetter, wenn es die Witterung irgend erlaubte, mit dem getreuen Neluto zur Jagd ausgezogen war, suchte sich Ben Raddle über die Handels-und Verkehrsverhältnisse und über die Auffindung neuer Goldlagerstätten auf dem Laufenden zu erhalten. Edith war da seine lebende Zeitung. Sie las ihm die Lokalblätter, wie die »Sonne des Yukon«, die »Mitternachtssonne«, die »Pepiten von Klondike« und noch andre vor. Schloß denn der Umstand, daß der Claim 129 nicht mehr existierte, schon aus, daß in dem Lande hier nichts mehr zu tun und zu gewinnen sei? Konnte denn kein andrer Claim angekauft und ausgebeutet werden? Der Ingenieur hatte nun einmal an seiner Tätigkeit am Forty Miles Creek entschieden Gefallen gefunden.
Wenn er sich hütete, von seinen noch in der Luft schwebenden Plänen vor Summy Skim zu sprechen, der jetzt seine gerechte Entrüstung darüber gewiß nicht zu unterdrücken vermocht hätte, so entschädigte er sich dafür, sobald Edith allein bei ihm war. Sie besprach mit dem Ingenieur die Vorzüge dieses oder jenes Teils des Gebietes und beide berieten dann mit heiligem Ernst verschiedne Zukunftspläne. Das Wundfieber zehrte zwar nicht mehr am Körper Ben Raddles, das Goldfieber hatte ihn aber noch nicht verlassen und es schien auch, als ob er davon niemals genesen sollte. Dieses Seelenfieber bestand im Grunde jedoch keineswegs in dem Verlangen nach dem Besitz des edeln Metalls, sondern war nur der Ausdruck seiner Leidenschaft für Entdeckungen und der einer rauschähnlichen Befriedigung, die kühnsten Träume, die seine Phantasie erfüllten, verwirklichen zu können.
Und seine Phantasie mußte wohl fast überreizt werden durch die Nachrichten aus den bergigen Claims an der Bonanza, dem Eldorado und dem Little Skokum.
Dort wusch jeder Arbeiter in einer Stunde bis hundert Dollars aus! Dort gewann man achttausend Dollars aus einem Loche von vierundzwanzig Fuß Länge und vierzehn Fuß Breite! Ein Londoner Syndikat hatte zwei Claims am Bear und am Dominion für siebzehnhundertfünfzigtausend Francs erstanden! Der Placer Nummer 26 am Eldorado war für zwei Millionen Francs erworben und die Arbeiter entnahmen ihm jeder und jeden Tag den Wert von sechzigtausend Francs! Am Dome, an der Wasserscheide zwischen dem Klondikeflusse und dem Indian River, prophezeite der in solchen Dingen erfahrne Mr. Ogilvie eine Gesamtausbeute, die hundertfünfzig Millionen Francs übersteigen sollte!
Ben Raddle war aber, trotz dieser verlockenden Luftspiegelung, vielleicht klug und weise gewesen, nicht zu vergessen, was der protestantische Pfarrer von Dawson City einem Franzosen,
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