Der Gott von Tarot
nichts nützt. Alle halbe Stunde braucht dieses Auto meinen Daumenabdruck, sonst blockiert der Motor, und die Automatik setzt ein, daher können Sie …“
Sie sah ihn an, und er war überrascht, als er Tränen auf ihren Wangen sah. Das helle Haar war zerzaust, doch auf diese wilde Art war sie auch wunderhübsch. „Sie haben von mir nichts zu befürchten, Sir! Ich habe keine Waffe. Ich habe gar nichts. Kein Essen. Keinen Ausweis. Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen wiedergutmachen kann, aber bitte, bitte fahren Sie los, sonst ist alles verloren. Ich würde lieber sterben als dorthin zurückgehen!“
Ihm war immer noch unbehaglich, doch er fuhr weiter und beschleunigte so stark, daß er sich in den laufenden Verkehr wieder einfädeln konnte. „Wohin wollen Sie?“ fragte er.
„Zur Barlowville-Station“, antwortete sie.
Er begann, den Code in das Computerterminal einzuspeisen, um den Zielort genauer zu bestimmen. „Oh, nein!“ protestierte sie. „Bitte, Sir, fragen Sie nicht die Maschine! Sie werden sie auf mich einstimmen, und in wenigen Minuten wird die Polizei …“
Der Dämon in der Maschine. Pauls Finger erstarrten. „Sie stehen auf der Fahndungsliste?“ fragte er beunruhigt. Er hatte gerade geurteilt, sie sei harmlos, aber das gefiel ihm nicht. Das war das letzte, was er gebrauchen konnte, eine polizeiliche Untersuchung des Wagens!
„Ich werde deprogrammiert!“ erklärte sie hastig. „Ich gehöre zum Heiligen Orden der Vision, und meine Leute versuchen …“
„Deprogrammieren sie religiöse Verrückte immer noch?“ fragte er gedankenlos. „Ich dachte, das sei schon seit zehn Jahren zusammen mit anderen Formen des Exorzismus abgeschafft worden.“
„Es kommt immer noch vor“, entgegnete sie. „Mit den etablierten Sekten ist es in Ordnung – sie haben vor vielen Jahren mit ihren Initiationen aufgehört –, aber die neuen werden immer noch verfolgt.“
Der Ritus des Durchbruchs, dachte Bruder Paul. Jede neue Religion mußte einige Verfolgung durchstehen, um ihre Existenz zu rechtfertigen, und wenn sie stark genug wurde, um zurückzuschlagen wie das frühe Christentum, wurde sie legitim und begann, die nachfolgenden Religionen zu verfolgen.
Er zuckte die Achseln. „Ich weiß darüber nicht viel.“ Nicht in seinem Geschäft – und es war ihm auch egal. Religion war für ihn von nur geringem Interesse, abgesehen von einer morbiden Neugier auf die Leichtgläubigkeit der Menschen. Aber das hier war ein hübsches Mädchen, das ihm auch irgendwie vertraut zu sein schien. Das weich fallende Haar, diese vollen Brüste, die Art, wie sie redete – er wurde interessierter. „Aber wenn Sie wirklich zu diesem Kult zurückgehen wollen …“
„Oh, natürlich!“ rief sie. „Eines Tages werde ich zurückgehen.“
Paul traf eine Entscheidung. „Ich bringe Sie hin, wenn es nicht zu weit von meinem Weg liegt. Aber wenn ich nicht die Autobahnabfahrt aus dem Computer abfragen darf …“
„Ich kann Ihnen den Weg sagen“, sagte sie eifrig. Dann blickte sie ihn an und lächelte, und dieser Gesichtsausdruck ließ sie aufstrahlen. „Ich heiße Schwester Beth.“
„Mein Name ist Paul Cenji.“ Was zum Teufel hatte er für einen Namen erwartet? Dies schien eine Erinnerung zu sein, aber sie entfaltete sich in einer ihr eigenen Geschwindigkeit; er konnte sich nicht erinnern, was an diesem Tag in seiner Vergangenheit weiter geschehen war, daher mußte er es noch einmal durchleben.
Er fuhr ein Weilchen weiter und fragte dann: „Wie konnte man Sie denn von der Kirche wegschnappen?“
„Meiner Station. Wir haben keine richtigen Kirchen, nur Operationszentren. Meine Mutter hat mich angerufen und gesagt, meine
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