Der Gott von Tarot
Deprogrammierung selber sei heutzutage illegal.“
„Ist sie auch, aber man nennt es nicht mehr so. Auch auf diesem Gebiet gibt es Schwarzmarktspezialisten. Man hat mich angeklagt, wertvolle Juwelen geraubt zu haben. Ich würde niemals etwas stehen! Zu dem Zeitpunkt, an dem sich die Anklage als nichtig herausstellt, haben sie mich schon durch die Droge ausgelöscht, und ich würde mich nicht einmal mehr daran erinnern, eine Ordensschwester gewesen zu sein – oh, lieber würde ich sterben!“ Sie barg das Gesicht in den Händen.
Was für eine rührende Vorstellung! Sie war schon gut in ihrer Rolle! Unangenehm gut: Er war versucht, das Auto auf Automatik zu stellen, sie in den Arm zu nehmen und zu trösten. Gefahr! Sie plante sicher seinen Verrat, um unter Polizeigewahrsam seinen Skalp ihrer Sammlung beizufügen.
Aber wie konnte sie das tun, wenn er selber keine Ahnung hatte, wo in dem Wagen die Mnem-Ladung versteckt war? Er war nicht einmal sicher, ob es dieses Mal überhaupt dabei war; ab und zu schickte das Kartell einen auch mal leer auf die Strecke, um den Feind weiter zu verwirren. Wenn das dieses Mal der Fall sein sollte, brauchte er nur die Nerven behalten, und er würde gewinnen. Er hatte nicht vor, ihr über seine Fracht zu erzählen, und wenn die Polizei es sicher wußte, würden sie ihn einfach sofort verhaften. Dieser ausgefeilte Plan ergab also überhaupt keinen Sinn. Es sei denn, sie war eine ausgebildete Spionin, die genau auf Zeichen von Mnem-Sucht achtete. Solche Anzeichen waren gering, aber es gab sie, und er war süchtig. Wenn er heute abend nicht seinen Schuß bekam, würde er bis morgen den Heimweg vergessen. Daher mußte er sie vorher loswerden und sie hinausbluffen. Auch wenn er vor der Staatsgrenze anhielt, käme er von der Angel nicht wieder los.
„Ich habe gehört, diese Droge sei nicht so schlecht – für Kriminelle“, sagte er. „Es tut nicht weh. Zumindest habe ich das gehört.“
„Oh, für Kriminelle ist es auch gut“, meinte sie. „Wir vom Heiligen Orden der Vision sind in Sorge um das Kriminalitätsproblem. Wir halten nichts davon, Leben zu nehmen; es ist für den Staat ebenso schlimm zu töten wie für das Individuum. Und wir wissen auch, daß es sich unsere Gesellschaft nicht leisten kann, Leute in Gefängnissen zu halten, doch einige sind unbelehrbar. Da lautet die Antwort Mnem. Es löst den Konflikt zwischen den Alternativen, entweder den Gefangenen zu töten oder ihn unbestraft freizulassen. Wir glauben an die Vergebung, aber in bestimmten Fällen ist eine Besserung vorzuziehen. Es macht den Kriminellen wieder zum Bürger. Einige Mitglieder unseres Ordens sind durch Mnem ausgelöschte Rehabilitanden …“
„Es löscht die Persönlichkeit aus? Ich dachte, es verbessert das Gedächtnis!“ Wieviel wußte sie?
„In Überdosis wirkt es so. In winzigen Dosierungen verstärkt es in der Tat das Gedächtnis in außerordentlichem Maße, aber dann muß man es weiter nehmen, niemals zuviel auf einmal. Ich könnte es niemals aushalten, daß mir meine Erinnerung fortgenommen würde und ich lebenslang an eine solche Droge gebunden wäre. Der Orden könnte mir helfen, wenn ich süchtig wäre, aber eine einzige Überdosis würde mich dem Orden entreißen, weil ich ihn nicht mehr kennen würde. Das hielte ich nicht aus, daher bin ich auch geflohen.“
„Ja, das ist verständlich.“ Sie wußte in der Tat zuviel für eine normale junge Bürgerin. Sie mußte eine Polizeiagentin mit fast perfekter Tarnung sein. Bald hätte sie ihn wohl entdeckt.
Aber ein Teil dessen, was sie sagte, bezog sich ganz speziell auf ihn. Er hatte niemals ernsthaft über seine Zukunft nachgedacht. Sein Leben lang würde er an die Droge,
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