Der Gottbettler: Roman (German Edition)
Latrinenputzers, der …« Er brach ab. Schnüffelte. Fühlte einen ziehenden Schmerz an der Nasenwurzel, der ihn dazu brachte, den Kopf nach links zu wenden, hin zu einem Wirtshaus, in dem es drunter und drüber ging. »Er sitzt da drin«, sagte er. »Rudynar Pole, dieser Mistkerl! Er lässt sich aushalten und gibt kleine Beispiele seiner Schwertkunst zum Besten. Und er ist voll wie ein Fass.« Das Gefühl war unglaublich. Er meinte, mit dem Hohen Herrn auf höchst merkwürdige Weise verbunden zu sein, mit seinem Kopf zu denken und mit seinem Körper zu handeln. Er geriet in Versuchung, den bedauernswerten Leib dieses Krüppels namens Pirmen zu verlassen und in den von Rudynar Pole zu schlüpfen. Vielleicht konnte er ihn dazu bringen, seinen Anweisungen zu folgen oder, noch besser, den bescheidenen Verstand von Rudynar Pole wie eine Mücke zerquetschen und selbst das Kommando übernehmen?
»Also los«, sagte Terca. »Sehen wir zu, dass wir ihn so rasch wie möglich da rausbekommen.«
»Und der Stumme Junge?«
»Bleibt bei uns.« Sie lächelte. »Vielleicht ist er derjenige, der uns aus der Patsche hilft. Was wissen wir schon über seine Fähigkeiten. Nun mach schon, komm!«
Pirmen humpelte auf die Tür des Gasthauses zu. Immer rascher, immer aufgeregter. Drinnen gingen entscheidende Dinge vor sich, und nun, da sich die Situation zuspitzte, spürte er eine Art Lust, die er niemals zuvor gekannt hatte. So musste sich ein Jäger fühlen, der die Spur der Beute aufgenommen hatte.
Rudynar Pole trank aus dem Humpen, es war der sechste, und damit lag er noch unterhalb des selbst gesetzten Limits. Mit der Waffenhand erwehrte er sich der wütenden Angriffe eines lokalen Heroen, der meinte, ihn im Schwertkampf besiegen zu können. Die neu gewonnenen Freunde bogen sich vor Lachen, als er seinem Gegner ein obszönes Zeichen in die Haut ritzte und der Kerl immer weiter in die hinteren Bereiche des Feisten Kapauns zurückweichen musste. Das Gesicht des Haimers war puterrot angelaufen. Er wusste längst, dass er auf verlorenem Posten stand. Er wollte bloß noch das Gesicht wahren.
Rudynar Pole mochte keine Leute, die zu stolz waren, um sich einen Fehler einzugestehen. Sie widerten ihn an, und wenn ihn etwas anwiderte, dann wurde aus einer kleinen Wette rasch Ernst. Zumal dieses Gesöff, das ihm als Bier verkauft wurde, nach Ochsenpisse schmeckte.
»Lass es bleiben!«, rief er dem Mann zwischen zwei Schlucken zu. »Geh heim zu Mama und wein dich an ihrem Rockzipfel aus.«
Der Mann tat schwer keuchend einen Ausfallschritt, stieß mit der Klinge nach Rudynar Poles Beinen. Der parierte problemlos und fuhr dem Gegner so heftig in die Parade, dass sich die eingesetzte Kraft auf die Hand des anderen übertragen musste. Wahrscheinlich war sie nun taub, und er konnte nichts mehr mit ihr anfangen.
»Hast du Schmerzen?« Rudynar Pole grinste. »Wenn du nicht augenblicklich aufgibst, wird dir gleich noch viel mehr wehtun.«
Der Mann aus Haime machte weiter, aufgestachelt von seinen Kumpanen, die ihm in diesem Moment denkbar schlechte Ratgeber waren. Sie feuerten ihn an und nannten ihn einen Feigling.
Rudynar Pole ärgerte sich. Was machte er eigentlich hier? Diese Leute waren dumm, das Bier schlecht, man hatte ihn seiner letzten Kupfermünzen beraubt, und ihn erwartete Ärger, wenn er zu seinen Begleitern zurückkehrte. Er musste diese Angelegenheit beenden und sich dann aus dem Staub machen. Also täuschte er einen mächtigen Hieb an, von oben geführt, drehte das Handgelenk ein wenig und veränderte den Schlagwinkel. Er traf nicht die zur Abwehr hochgehobene Waffe seines Gegners, sondern dessen Hand am Gelenk und trennte sie ab. Sie und das Schwert fielen zu Boden.
Stille. Niemand sagte ein Wort. Selbst sein Gegner blieb stumm. Das Puterrot wich einem Kalkweiß. Fassungslos starrte der Kerl seinen Armstumpf an, aus dem das Blut pulsierte. Er begriff nicht, was geschehen war.
»Hältst du das nicht für ein klein wenig übertrieben?« Eine Stimme, dröhnend laut, klang hinter Rudynar Pole auf. Er kannte sie. Sie gehörte Metcairn Nifes Rechtem.
Marmer Dunne war hier.
Sein Bruder .
»Marmer Dunne«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Das treu ergebene Schoßhündchen des Heerführers. Wo du bist, kann auch dein Herrchen nicht weit sein.«
Gelächter. Rau und wenig herzlich. Es klang nach viel Alkohol und einem ungesunden Lebenswandel. Aber es schwang auch viel Kraft darin mit. »Du bellst noch immer wie ein ausgewachsener
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