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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Hashishin betritt den Raum. Im Sternenlicht funkelt der Dolch in seiner Hand wie durchscheinendes Glas.
    Ein venezianischer Dolch?
    Die scharfe Klinge aus hauchdünnem Murano-Glas bricht beim Todesstoß ab und kann nicht mehr entfernt werden, weil sich die feine Wunde, die aussieht wie ein harmloser Kratzer, sofort schließt und nur selten entdeckt wird. Der Geheimdienst der Serenissima, des mächtigsten Staates des christlichen Abendlandes, hat seine Agenten überall im Orient.
    Aber wieso sollte der venezianische Doge oder der Consiglio dei Dieci einen Assassino ausschicken, um mich zu beseitigen? Der Assassino ist kein Venezianer! Der Dolch aus Murano soll in die Irre führen!
    Schritt für Schritt tastet er sich vor und bleibt am Fußende des Bettes stehen.
    Ein leises Zischen. Er steckt den Dolch wieder ein und bückt sich, um das zerwühlte Bettlaken am Fußende des Bettes aufzuheben, das ich während unseres leidenschaftlichen Liebesspiels auf den Boden geworfen habe. Leise wie ein Windhauch breitet er das kühle Laken über unsere ineinander verschlungenen Körper, huscht auf Alessandras Seite und stopft es unter der Matratze fest.
    Die Kühle des seidenen Lakens erfrischt meine schweißnasse Haut. Alessandra seufzt im Schlaf und schmiegt sich an mich. Ihr Arm liegt über meiner Brust – ich kann mich gegen den Hashishin nicht wehren, ohne sie in Gefahr zu bringen. Also liege ich still und warte. Aber er wagt es nicht, mir zu nahe zu kommen. Auf meiner Seite des Bettes fällt das Laken in weiten Falten bis auf den Boden. Nur am Fußende befestigt er es unter der Matratze.
    Sein Atem geht keuchend, schnell, ängstlich. Wovor fürchtet er sich, wenn er doch offenbar glaubt, dass ich schlafe?
    Ganz leise zieht er etwas aus einer Tasche, die er sich umgehängt hat, wickelt es aus, hebt das Bettlaken an und schiebt es darunter. Es schimmert schwarz und scheint sich zu bewegen.
    Die Nachtigall ist plötzlich verstummt. Spürt sie eine Gefahr, die ich nicht erkennen kann?
    Totenstille.
    Der Vogel bewegt sich unruhig in seinem Käfig und gibt keinen Laut von sich.
    Meine Nerven sind zum Zerreißen gespannt.
    Dann vernehme ich ein unterdrücktes Seufzen, während der Hashishin mehrmals in die Tasche greift und das, was er vorsichtig auswickelt, unter das Bettlaken schiebt. Ein Schluchzen? Ja, ich glaube, er weint, als er sich schließlich abwendet und so leise verschwindet, wie er gekommen ist.
    Erschrocken zucke ich zusammen, als irgendetwas unter dem Laken meinen Fuß streift. Es ist nicht Alessandra – sie liegt völlig still. Da ist es wieder, an meinem Knöchel. Es krabbelt an meinem Bein hoch.
    Ich halte den Atem an und rühre mich nicht. Ganz vorsichtig hebe ich den Kopf und blinzele ins nächtliche Dunkel. Im Licht der Sterne sehe ich, wie sich das Bettlaken an mehreren Stellen bewegt. Es sieht aus, als ob …
    Gott meiner Väter, steh uns bei! Unter dem Laken wimmelt es von Skorpionen mit aufgerichtetem Schwanz, den tödlichen Stachel stoßbereit!
    »Alessandra!«, wispere ich und schiebe ihren Arm zur Seite.
    »Hmmm …«, schnurrt sie.
    »Sei still, und beweg dich nicht!«, flüstere ich
    »Was ist denn?«, murmelt sie verschlafen.
    »Skorpione. Sieben oder acht. Der Hashishin ist noch hier.«
    Sie keucht vor Schreck und rührt sich nicht, obwohl sie vor Angst zittert. Der Stich eines Skorpions ist sehr schmerzhaft, tötet jedoch nicht. Drei oder vier Stiche von großen schwarzen Skorpionen, die viel Gift im Stachel tragen, sorgen jedoch für einen qualvollen Tod.
    Während ich auf das Rascheln der aufgerichteten Skorpionstachel unter dem Seidenstoff und die leisen Schritte aus dem Arbeitszimmer lausche, die sich langsam entfernen, hebe ich das Laken an und schlüpfe aus dem Bett. Dann husche ich auf die andere Seite und zerre das Laken unter der Matratze hervor.
    Wie gelähmt liegt Alessandra auf dem Bett, während sieben oder acht schwarze Skorpione um sie herumwimmeln. Sie bebt am ganzen Körper.
    Das leise Schluchzen im Arbeitszimmer ist verstummt. Hat der Hashishin mich gehört? Die Nachtigall ist noch immer still.
    »Gib mir deine Hand!«, wispere ich. »Ja, so ist es gut! Beweg dich nicht! Atme ganz ruhig weiter.« Ich beuge mich vor und schiebe meine Arme an den aufgerichteten Giftstacheln vorbei unter ihre Schultern und ihre Knie. »Ich hebe dich jetzt hoch.«
    Mit einer heftigen Handbewegung fegt sie einen Skorpion von ihren Brüsten. Er landet auf dem Bett, rutscht vom Seidenlaken und fällt

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