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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Guzmán war Tristãos illegitimer Sohn, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Wer ist Tristão?«
    »In Tristãos Familie gibt es nicht nur berühmte Seefahrer und Konquistadoren, er hat auch mächtige Verwandte in Portugal, Kastilien und Aragón. Dom Henrique ist ein entfernter Cousin von ihm. Als Sergeanten des Ordens haben Tristão und ich am Kreuzzug gegen Ceuta teilgenommen. Nach der Eroberung der Stadt sind wir zu Cavaleiros, zu Rittern, geschlagen worden. Wir waren damals sechzehn – so alt wie Rodrigo. Die Eroberung von Ceuta hat dem Orden wertvolle Portolankarten der großen jüdischen Kartografenschule von Mallorca beschert. Die jüdischen Land- und Seekarten von Abraham und Yehuda Cresques sind viel verlässlicher als die portugiesischen oder venezianischen, die meist auf Legenden basieren. Auf einer dieser jüdischen Karten war die sagenhafte Terra do Preste João verzeichnet. In Afrika. An den Quellen des Nils.
    Nach seiner Ernennung zum Großmeister schickte Dom Henrique Expeditionen entlang der Westküste Afrikas aus, weil er das Reich des Priesterkönigs entdecken wollte. Monatelang segelten Tristão und ich an Bord einer der Karavellen unseres Ordens an der afrikanischen Küste entlang nach Süden, aber ohne Erfolg. Danach lebte Tristão für einige Jahre am Hof des Königs von Kastilien. Im Auftrag des portugiesischen Königs sollte er in Erfahrung bringen, wie ernsthaft Kastilien die Reconquista betreibt. Portugal hat kein Interesse an der Eroberung von Granada, sehr wohl aber an der Einnahme von Gibraltar und der Rückgewinnung von Ceuta und Tanger. 1428 traf er Euch, Euer Hoheit, in Córdoba.«
    »Wir haben uns nach einem Pontifikalamt in der Mezquita von Córdoba kennengelernt«, erinnere ich mich. »König Juan hat uns persönlich miteinander bekannt gemacht. Ich weilte als Gesandter des Sultans von Granada an seinem Hof.«
    »Ich weiß, Euer Hoheit«, nickt Lançarote. »Sultan Muhammad war im Jahr zuvor aus Granada vertrieben worden, konnte den Thron jedoch mit Unterstützung von Kastilien zurückerobern. Und wie hat Euer Freund Muhammad es Euch gedankt, Euer Hoheit, als Ihr vor vierzehn Jahren selbst aus Granada fliehen musstet! Er hat Euch einen Verräter genannt!«
    Lançarote schnaubt verächtlich angesichts der Ehrlosigkeit des Sultans, der nun schon zum dritten Mal aus Gharnata geflohen ist.
    »In Córdoba lernte Tristão Montserrat de Guzmán kennen, verliebte sich in sie und brach mit ihr sein Keuschheitsgelübde. Rodrigo wurde 1429 in Salamanca geboren. Tristão war damals auf einer geheimen Mission in Tanger. Er hatte Montserrat verlassen, bevor sie ihm die Schwangerschaft gestehen konnte. Als sie vor drei Jahren starb, hat Tristão seinen Sohn zu sich geholt, um ihn zuerst als Sergeant, danach als Ritter im Ordem de Cristo unterzubringen. Vor wenigen Monaten erst hat Rodrigo seine Gelübde abgelegt. Vor Kurzem erhielt ich eine Nachricht von Tristão aus Tomar – Dom Henrique habe ihn mit einem Geheimauftrag im Vatikan betraut. Sobald der erledigt sei, wolle er nach Jerusalem kommen, um sich endlich zu seinem Sohn zu bekennen und Rodrigo nach Portugal zu bringen, um ihn dem König vorzustellen.« Lançarote schluckt. »Und nun ist er tot.«
    »Und Tristão sinnt auf Blutrache«, fügt Alessandra an.
    »Er war nicht immer so«, beteuert Lançarote ernst. »Vor acht Jahren führten die Infanten Dom Henrique und Dom Fernão ein Kreuzzugsheer gegen Tanger. Auch Tristão nahm daran teil. Der Feldzug unseres großen Eroberers und Kreuzfahrers endete mit einer furchtbaren Niederlage, die Dom Fernão mit Geiselhaft bis an sein Lebensende bezahlen musste.«
    Lançarotes Worte haben den bitteren Nachgeschmack von Verachtung und Hass.
    »Tristão gelang nach wenigen Monaten die Flucht. Ich weiß nicht, was die Mauren ihm damals angetan haben – er hat darüber nie ein Wort verloren. Aber er hatte sich verändert. Er war nicht mehr derselbe. Er war so … Wie soll ich sagen … so stolz. So unbarmherzig gegenüber allen Ungläubigen, die in seinen Augen kein Recht haben, weiterzuleben.«
    Alessandra nickt bedächtig. »Stolz, Unbarmherzigkeit, Angst und die Überzeugung, den einzig wahren Glauben zu besitzen, führen unweigerlich zu Gewalt, Unterdrückung und Mord. Das hat mein Vater mich gelehrt.«
    Lançarote nickt traurig. »Tristão hat entsetzliche Angst, seit Ihr ihm heute Mittag die Exkommunikationsbulle Seiner Heiligkeit überreicht habt.«
    »Mord ist nicht der Weg zur Erlösung. Gleichgültig,

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