Der Gottesschrein
des Abendlandes und dem Kaiser von Äthiopien, den sie für den legendären Priesterkönig Johannes halten, zu unterbinden – und sind immer wieder gescheitert. Ich weiß, dass zwei Venezianer und ein Florentiner am Hof des Kaisers leben.
Yeshaq, der Bruder und Vorgänger von Zara Yakob, hat vor einigen Jahren eine Gesandtschaft nach Valencia geschickt, um ein dynastisches Bündnis mit König Alfonso von Aragón zu schmieden. Papst Martin …«
»War er nicht der Vorgänger von Papst Eugenius?«
Offensichtlich hat Arslan meinen Rat beherzigt und seine Nase in ein gelehrtes Buch über Politik und Geschichte gesteckt, denn er will ja eines Tages den Thron von Ägypten besteigen. Während der letzten Wochen vor meiner Abreise nach Mekka hat Arslan immer sehr aufmerksam zugehört, wenn ich mit Gesandten aus Rom, Florenz, Venedig oder Byzanz gesprochen habe.
»Ja, das war er. Papst Martin hat diesen Verhandlungen eine solche Bedeutung beigemessen, dass er zwei Kardinäle zu König Alfonso nach Valencia entsandt hat, die ihm anschließend Bericht erstatten sollten.
Vor vier Jahren hat Zara Yakob dann eine Delegation nach Florenz geschickt, um nach der Beendigung des Schismas zwischen Rom und Byzanz die Unionsverhandlungen mit den anderen Kirchen des Orients zu beobachten, den Kopten, den Syrern und den Armeniern. Soweit ich weiß, hat Gebre Christos, der Abt der Grabeskirche, sie angeführt. Er blieb fast vier Jahre in Florenz und nahm an den Konzilssitzungen teil. Du kannst Allah auf Knien danken, dass sich Zara Yakob der vereinigten Kirche bislang nicht angeschlossen hat. Denn ein vereintes Christentum, das von Portugal bis Indien und von Schottland bis Äthiopien reicht und von einem Papst in Rom regiert wird, wäre der Todesstoß für den Islam.«
»Du fürchtest einen neuen Kreuzzug zur Befreiung von Jerusalem.«
»Ja«, bestätige ich ernst. »Prinz Henrique von Portugal, der vor Jahren die Kreuzzüge gegen Ceuta und Tanger angeführt hat, rüstet derzeit unter strengster Geheimhaltung sechsundzwanzig schwer bewaffnete Karavellen aus, die in wenigen Wochen an der Westküste Afrikas entlangsegeln sollen, um die Südspitze von Afrika zu umrunden und Äthiopien zu erreichen.«
»Wenn das Unternehmen so streng geheim ist, woher weißt du dann davon?«, fragt er nach. »Hast du Spione in Portugal?«
»Nicht nur in Portugal. Ich fürchte, Henrique will sich mit Zara Yakob verbünden, um Ägypten anzugreifen und den Islam zu vernichten.«
Arslan schluckt.
»Und weißt du, was von Äthiopien aus gesehen auf dem Weg nach Jerusalem liegt?«
»Mekka«, haucht er mit tonloser Stimme.
»So ist es.«
»Es ist also lebenswichtig«, fasst Arslan entschlossen zusammen, »dass du weißt, mit wem sich Prinz Solomon trifft – mit dem griechischen Patriarchen oder mit den portugiesischen Christusrittern, die sich in geheimer Mission in Al-Quds aufhalten.«
»Genau.«
»Glaubst du, dass dieser … Wie heißt der Kreuzritter, den ich gestern verfolgt habe?«
»Dom Tristão de Castro.«
»Dass er einen Kreuzzug gegen Ägypten vorbereitet?«
Ich nicke bedächtig.
»Und was sucht er dann im Labyrinth unter der Al-Aqsa und dem Felsen…«
Es klopft, und einer meiner Sekretäre betritt mit besorgter Miene mein Arbeitszimmer. »Bitte verzeih, Sayyid! Ich weiß, du wolltest nicht gestört werden …«
»Was ist denn?«
»Vor wenigen Minuten ist eine Delegation des Sultans von Gharnata eingetroffen. Der Gesandte hat vor einigen Tagen bei Sultan Jaqmaq in Al-Kahira vorgesprochen. Der ist jedoch zu geschwächt von seiner schweren Krankheit und hat ihn zu dir geschickt. Der Botschafter Harun Abu Tarik Ibn Ezra bittet dich heute noch um ein Gespräch unter vier Augen. Es gehe um Leben und Tod.«
»Der Gesandte heißt Aron Ibn Ezra?«, frage ich nach.
»Ja, Sayyid.«
Aron ist nach Jeruschalajim gekommen!
Arslan erhebt sich, nickt mir zu und verlässt stumm mein Arbeitszimmer, um Solomon zum Kloster auf dem Berg Zion zu geleiten.
»Willst du den Botschafter empfangen?«, fragt der Schreiber.
»In einer Stunde.«
»Ich werde den Empfangssaal des Vizekönigs für die Audienz vorbereiten lassen.«
»Ich werde Aron hier in meinem Arbeitszimmer empfangen.«
»Wie du wünschst, Sayyid.« Mit einer Verbeugung wendet er sich zur offenen Tür, wo er beinahe mit Benyamin zusammenstößt, der an ihm vorbei den Raum betreten will. Er wirft dem jüdischen Rabbi, der ihm als mein Sekretär und Vertrauter vorgesetzt ist, einen
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