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Der Gotteswahn

Der Gotteswahn

Titel: Der Gotteswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Abtrünnige sollte man umbringen (oder auf andere Weise bestrafen, zum Beispiel indem sie von ihren Familien geächtet werden).
    •   Der Glaube an Gott ist eine hohe Tugend. Wenn du merkst, dass dein Glaube ins Wanken gerät, gib dir alle Mühe, ihn wiederherzustellen, und bete zu Gott, dass er dir gegen deinen Unglauben hilft. (In meiner Beschreibung der Pascal-Wette habe ich die alte Annahme erwähnt, dass Gott eigentlich nur eins von uns verlangt: dass wir an ihn glauben. Dort habe ich das als Kuriosität abgetan. Jetzt haben wir eine Erklärung dafür.)
    •   Glauben ohne Belege ist eine Tugend. Je mehr dein Glaube den Belegen widerspricht, desto tugendhafter bist du. Besonders großer Lohn erwartet die Glaubensvirtuosen, die es schaffen, entgegen aller Begründung und Vernunft an etwas wirklich Seltsames zu glauben, das nicht belegt ist und sich nicht belegen lässt.
    •   Alle Menschen – selbst die, die keine religiösen Überzeugungen haben – müssen solchen Überzeugungen automatisch und ohne weiteres Nachfragen ein höheres Maß an Respekt entgegenbringen, als man es anderen Überzeugungen zugesteht (dieses Thema ist uns schon im ersten Kapitel begegnet).
    •   Es gibt seltsame Dinge (beispielsweise die Dreifaltigkeit, die Wandlung oder die Wiedergeburt), die wir gar nicht verstehen sollen. Wir dürfen uns nicht darum bemühen , sie zu verstehen, denn ein solcher Versuch könnte sie zerstören. Lernen wir lieber, Erfüllung darin zu finden, dass wir sie als Geheimnisse bezeichnen. Man denke nur daran, auf welch boshafte Weise Martin Luther die Vernunft verdammte (Zitat auf Seite 318) und wie er damit solche Meme vor dem Aussterben schützte.
    •   Schöne Musik, Kunst und Schriften sind sich selbst vermehrende Zeichen religiöser Gedanken. [33]

    Einige Gedanken aus dieser Liste haben wahrscheinlich einen absoluten Überlebenswert und würden in jedem Memplex gedeihen. Aber manche Meme bleiben wie Gene nur vor dem Hintergrund anderer Meme erhalten, was zum Aufbau unterschiedlicher Memplexe führt. Zwei verschiedene Religionen kann man als verschiedene Memplexe betrachten. Vielleicht entspricht der Islam einem Fleisch fressenden und der Buddhismus einem Pflanzen fressenden Genkomplex. Die Ideen einer Religion sind nicht in einem absoluten Sinn »besser« als die einer anderen, genau wie die Gene eines Raubtiers nicht »besser« sind als die eines Pflanzenfressers. Solche religiösen Meme besitzen nicht zwangsläufig eine absolute Überlebensfähigkeit, aber eines können sie gut: Sie gedeihen in Gegenwart anderer Meme ihrer eigenen Religion, nicht aber, wenn Meme anderer Religionen zugegen sind. Nach dieser Vorstellung wurden beispielsweise der Katholizismus und der Islam nicht unbedingt von einzelnen Menschen gestaltet, sondern sie entwickelten sich getrennt voneinander als unterschiedliche Ansammlungen von Memen, die in Gegenwart anderer Mitglieder des gleichen Memplexes gut gedeihen.
    Organisierte Religionen werden von Menschen organisiert: von Priestern und Bischöfen, Rabbinern, Imamen und Ayatollahs. Aber um noch einmal das zu betonen, was ich schon im Zusammenhang mit Martin Luther gesagt habe: Dies bedeutet nicht, dass sie von Menschen erdacht und gestaltet wurden. Selbst wenn Religionen zum Nutzen mächtiger Personen ausgenutzt und manipuliert wurden, bleibt immer noch durchaus die Möglichkeit, dass die Form einer Religion in ihren Einzelheiten vor allem durch unbewusste Evolution geprägt ist. Dabei handelt es sich nicht um genetische natürliche Selektion, denn die ist so langsam, dass man mit ihr die schnelle Evolution und Auseinanderentwicklung der Religionen nicht erklären kann. Die genetische natürliche Selektion hat in diesem Zusammenhang die Funktion, das Gehirn mit seinen Vorlieben und Voreingenommenheiten zur Verfügung zu stellen – die Hardwareplattform und die Basis-Software, die den Hintergrund für die memetische Selektion bilden.
    Vor diesem Hintergrund erscheint mir eine Art memetische natürliche Selektion eine plausible Erklärung dafür zu sein, warum sich bestimmte Religionen in den Einzelheiten so und nicht anders entwickelt haben. In ihren ersten Evolutionsstadien, bevor die Überzeugung zu einer organisierten Religion wird, überleben einfache Meme ausschließlich dadurch, dass sie auf die Psyche der Menschen ganz allgemein einen Reiz ausüben. An dieser Stelle überschneiden sich die Memtheorie der Religion und die Theorie, wonach die Religion ein

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