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Der Gotteswahn

Der Gotteswahn

Titel: Der Gotteswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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einem Planeten, der unsere Art von Leben begünstigt, und wir haben zwei Gründe kennen gelernt, warum das so ist. Erstens hat sich das Leben im Laufe seiner Evolution so entwickelt, dass es unter den Bedingungen, die dieser Planet bietet, gedeihen kann. Das liegt an der natürlichen Selektion. Der zweite Grund ist anthropischer Natur. Es gibt im Universum Milliarden von Planeten, und ganz gleich, wie klein der Anteil der evolutionsfreundlichen Welten unter ihnen auch sein mag, unsere Erde muss zwangsläufig dazugehören. Jetzt ist es an der Zeit, das anthropische Prinzip zu einem früheren Stadium zurückzuverfolgen. Kehren wir von der Biologie zurück zur Kosmologie.

Das anthropische Prinzip: die kosmologische Version

    Wir leben nicht nur auf einem freundlichen Planeten, sondern auch in einem freundlichen Universum. Da wir existieren, müssen die Gesetze der Physik so freundlich sein, die Entstehung von Leben zuzulassen. Dass wir bei einem Blick zum Nachthimmel die Sterne sehen, ist kein Zufall: Sterne sind eine unabdingbare Voraussetzung für die Existenz der meisten chemischen Elemente, und ohne Chemie gäbe es kein Leben. Die Physiker haben es genau berechnet: Wären die physikalischen Gesetze und Konstanten auch nur geringfügig anders, hätte sich das Universum so entwickelt, dass Leben nicht möglich gewesen wäre. Einzelne Physiker formulieren es unterschiedlich, aber die Schlussfolgerung ist immer mehr oder weniger die gleiche. Martin Rees nennt in seinem Buch Just Six Numbers (»Nur sechs Zahlen«) sechs Grundkonstanten, die nach heutiger Kenntnis überall im Universum gelten. Jede dieser sechs Zahlen ist genau abgestimmt: Wäre sie nur geringfügig anders, sähe das Universum völlig anders aus und wäre vermutlich für das Leben nicht geeignet. [25]
    Eine von Rees’ sechs Zahlen ist die Stärke der sogenannten »starken Wechselwirkung«, jener Kraft, die für den Zusammenhalt der Bausteine eines Atomkerns sorgt. Diese »Kernkraft« muss überwunden werden, wenn ein Atomkern gespalten wird. Sie wird als E bezeichnet und entspricht jenem Anteil an der Masse eines Wasserstoffatomkerns, der in Energie umgewandelt wird, wenn Wasserstoffatome zu Helium verschmelzen. Diese Zahl hat in unserem Universum den Wert 0,007, und allem Anschein nach muss sie auch sehr nahe bei diesem Wert liegen, damit es überhaupt eine Chemie geben kann (die ihrerseits die Vorbedingung für Leben ist).
    Chemie, wie wir sie kennen, besteht aus der Kombination und Neukombination der rund neunzig natürlich vorkommenden Elemente des Periodensystems. Das einfachste und am weitesten verbreitete dieser Elemente ist der Wasserstoff. Aus ihm entstehen letztlich durch Kernverschmelzung alle anderen Elemente im Universum. Die Kern Verschmelzung oder Kernfusion ist ein schwieriger Vorgang, der sich in der ungeheuren Hitze im Inneren der Sterne (und auch in der Wasserstoffbombe) abspielt. In relativ kleinen Sternen wie unserer Sonne entstehen dabei nur leichte Elemente wie das Helium, das im Periodensystem mit seinem einfachen Aufbau an zweiter Stelle hinter dem Wasserstoff steht. Die hohen Temperaturen, die zum Zusammenbau der meisten schweren Elemente erforderlich sind, werden nur in größeren, heißeren Sternen erreicht; dort läuft eine ganze Kaskade von Kernfusionsprozessen ab, deren Einzelheiten von Fred Hoyle und zwei seiner Kollegen aufgeklärt wurden (eine Leistung, für die Hoyle rätselhafterweise im Gegensatz zu den beiden anderen keinen Anteil am Nobelpreis erhielt). Diese großen Sterne können als Supernovae explodieren, sodass sich ihr Material einschließlich der Elemente des Periodensystems auf kosmische Staubwolken verteilt. Die Staubwolken kondensieren irgendwann zu neuen Sternen und Planeten, darunter auch zu unserem eigenen. Das ist der Grund, warum die Erde reich an Elementen ist, die schwerer und größer sind als der allgegenwärtige Wasserstoff – Elemente, ohne die Chemie und damit auch Leben nicht möglich wären.
    Für unseren Zusammenhang ist dabei entscheidend, dass der Zahlenwert der starken Wechselwirkung darüber bestimmt, wie weit hinauf im Periodensystem die Fusionskaskade reicht.
    Wäre er zu klein – beispielsweise 0,006 statt 0,007 –, würde das Universum nichts anderes enthalten als Wasserstoff, und es könnte keine interessante Chemie entstehen. Wäre er aber mit 0,008 zu groß, wären alle Wasserstoffatome zu schwereren Elementen verschmolzen. Und in einer Chemie ohne Wasserstoff wäre Leben,

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