Der Graben: Thriller (German Edition)
Elektroden ins Gehirn gesteckt, um die Auswirkungen von elektrischen Strömen auf die Hirntätigkeit zu überprüfen. Auf Verdacht reagierte ein Kollege auf die Gerüchte, dass die beiden Tierversuche am lebenden Objekt durchführten, und so bekam das Ethikkomitee der Universität Wind von der Sache. Eine Untersuchung wurde eingeleitet.
Das Komitee verurteilte sie scharf und erklärte, es sei unmoralisch, Schimpansen wie hirnlose Meerschweinchen zu behandeln. Doch angesichts der Begründung des Komitees fragte sich Saeko ernsthaft, ob die ganze Wissenschaft verrückt geworden war. Das Komitee hatte gesagt, man hätte keine ethischen Einwände gehabt, wenn die Versuche nicht an Tieren, sondern an Menschen durchgeführt worden wären. Der entscheidende Unterschied wäre, dass Menschen eine Einwilligungserklärung zur Teilnahme an den Versuchen unterzeichnen könnten, Schimpansen jedoch nicht. Saeko schnaubte sarkastisch.
Was ist los mit diesen Menschen?
Wenn sie durch ein unterschriebenes Dokument die Einwilligung der Probanden erhalten hätten, so hätten sie vor Gericht etwas in der Hand gehabt. Dass sie jedoch Schimpansen benutzt hatten, die nicht dazu in der Lage waren, eine Einwilligung zu unterzeichnen, konnte als Verstoß gegen die Rechte der Tiere angesehen werden. Es ging darum, ob die Schimpansen an den Versuchen teilnehmen wollten. Das war nicht klar.
Als das Komitee seine Entscheidung bekannt gab, protestierte Isogai offenbar dagegen. Die Schimpansen hätten gerne mitgemacht, da sie die elektrischen Reize wohl angenehm fänden. An diesem Punkt wurde das ganze Debakel von den Massenmedien aufgegriffen und lächerlich gemacht. Überdies kam noch heraus, dass Isogai und Chris ein schwules Pärchen waren. Der Skandal weitete sich aus, als die Medien einen Skandal nach dem anderen aufdeckten und andere unglückliche Forscher in die Sache hineinzogen.
Der Aufschrei der Medien bereitete Isogai bald noch andere Probleme. Eine kalifornische Tierrechtsorganisation begann vor der Carnegie-Mellon-Universität zu demonstrieren, und Isogai war die Zielscheibe ihres Zorns. Er bekam Wind davon, dass im Süden weitere, noch extremere Gruppen mobilmachten, und begann um seine Sicherheit zu fürchten. Da schon Ärzte wegen Versuchen an Föten umgebracht worden waren, hatte er Angst, er könnte wegen der Misshandlung von Schimpansen Morddrohungen erhalten.
Nach dem Ärger mit der Universität und wegen der möglichen Sicherheitsrisiken kam Isogai zu dem Schluss, dass es keinen Grund mehr gab, länger dortzubleiben, und er entschied, seine Verbindungen zu den Vereinigten Staaten abzubrechen und nach Japan zurückzukehren. Im September war er also zurückgekommen und seitdem arbeitslos gewesen.
Aus irgendeinem Grund beruhigte Saeko, was in der Akte stand. Sie war sich nicht sicher gewesen, was sie von Isogais merkwürdigem Benehmen halten sollte, und sie fand es durchaus hilfreich, zu erfahren, dass er schwul war und sich nicht für Frauen interessierte. Da er außerdem überdurchschnittlich intelligent sein musste, konnte sie ihm wohl ein gewisses exzentrisches Verhalten zugestehen.
Ein übertriebenes Bild ging ihr durch den Kopf, die krasse Szene, wie dieser Mann und sein Lover munter die Köpfe von Schimpansen aufschnitten. Sie sah vor sich, wie die beiden Elektroden in die lebendigen grauen Zellen bohrten, sodass die Substanz dampfte. Sie flüsterten aufgeregt miteinander und tauschten selbstgefällig ihre Theorien aus. Ihr fiel auf, dass in der Datei, die Hashiba ihr geschickt hatte, nichts darüber stand, wozu die Experimente überhaupt gut gewesen sein sollten. Unwillkürlich fragte sie sich, ob sie wirklich wichtig gewesen waren, oder ob sie nur als Vorwand gedient hatten, damit zwei Sadisten sich ein bisschen amüsieren konnten. So boshaft, wie sie gerade drauf war, hielt Saeko Letzteres für wahrscheinlicher.
Plötzlich verspürte sie einen Lufthauch im Nacken. Sie schaute auf und sah, dass Isogai an sie herangerückt war und sein Gesicht sich direkt neben ihrem befand. Sie war so in die Akte vertieft gewesen, dass sie gar nicht bemerkt hatte, wie er sein Laptop geschlossen und sich herübergebeugt hatte. Demonstrativ schnupperte er mit geschlossenen Augen ein paarmal an ihrem Nacken. Es schien ihm nichts auszumachen, dass sie seine Akte las.
»Sie riechen gut«, sagte er.
»Was?«, entfuhr es Saeko. Überrascht wich sie zurück, ohne die Bedeutung seiner Worte überhaupt zu erfassen.
Isogai öffnete die
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