Der Graben: Thriller (German Edition)
Anthropoiden, menschenähnlichen, primitiven Wesen, Urmenschen und schließlich dem modernen Menschen. Schließlich entwickelte sich auch die Sprache, ein System, das es dem modernen Menschen ermöglicht, seine Welt zu beschreiben.
Vor 100.000 Jahren überquerten Urmenschen erstmals die Sinai-Halbinsel, verließen ihre bisherige Heimat Afrika, um sich in anderen Teilen der Welt auszubreiten. Diejenigen, die vor etwa 35.000 Jahren nach Europa gelangten, werden Cromagnonmenschen genannt. Die kaukasische Rasse spaltete sich von der negroiden ab, und die Menschen, die sich nördlich von Indien niederließen, wurden zur mongolischen Rasse. Einige von diesen überquerten später die Beringstraße und erreichten irgendwann die Südspitze Amerikas.
Von nun an wurde die Geschichte der Menschheit in verschiedenen Sprachen aufgezeichnet.
Und doch sind auch die 4,5 Milliarden Jahre von der Entstehung des Sonnensystems bis zur Entstehung des Menschen aufgezeichnet worden – durch das Sonnenlicht. Selbst jetzt noch trägt das Sonnenlicht in einer Entfernung von 4,5 Milliarden Lichtjahren die Bilder von riesigen Molekülwolken, die sich zusammenziehen. Vier Milliarden Lichtjahre entfernt befinden sich Bilder von der Entwicklung der ersten Lebensformen, der Ursuppe der Ozeane der Erde. Und nur 43 Lichtjahre entfernt gibt es Bilder eines von Menschen gesteuerten Raumschiffs, das zum ersten Mal auf dem Mond landet.
Damals sah die Menschheit ihren Heimatplaneten erstmals in all seiner Pracht und Schönheit. Ganz blau mit weißen Streifen sah er edel, frisch und elegant aus, was durch die weite, geheimnisvolle Dunkelheit, die ihn umgab, besonders betont wurde – eine Dunkelheit, die man mit dem Nachthimmel, wie man ihn von der Erde aus sah, überhaupt nicht vergleichen konnte. Wenn man die Sonne direkt betrachtete, war sie scheußlich, doch im Schatten der Erde manifestierte sie sich nur dadurch, dass sie deren Atmosphäre in ein schimmerndes Orange tauchte.
Die Milchstraße: eine Galaxie am Rand eines unendlichen Universums. Das Sonnensystem: ein Stern und eine Ansammlung von Planeten weit entfernt vom Zentrum dieser Galaxie. Und der von der Sonne aus gesehen drittnächste Planet: die Erde und das Leben, das auf ihr entstand, das teils aufblühte, teils ausstarb, sich jedoch insgesamt immer weiterentwickelte.
Zweiundzwanzig Minuten und dreizehn Sekunden nach Mitternacht am 26. Dezember 2012, unmittelbar nachdem Saeko, Hashiba und ein paar Hundert weitere Menschen in eine andere Welt transportiert worden waren, hörte all das auf zu existieren – nur ein Universum unter unendlich vielen, und doch das Einzige, das wir haben.
EPILOG
Auch nachdem das Skalpell den Uterus aufgeschnitten hatte, sodass frische Luft hineinkam, konnte das Baby noch nichts sehen. Es hatte die Augen geschlossen und schrie nicht. Der diensthabende Arzt konnte nicht sagen, ob es lebte oder tot war.
Der Arzt zog das Baby aus der Gebärmutter und hob es hoch; er untersuchte zunächst den Schädel auf irgendwelche Auffälligkeiten. Nachdem er festgestellt hatte, dass der Schädel unversehrt war, untersuchte er den Gaumen, die Arme und Beine, die Hüftgelenke. Das Baby war ein Mädchen.
Auch wenn es die Augen noch geschlossen hatte, würde die Netzhaut des Babys das starke Licht der fünf Halogenlampen über dem Operationstisch wahrnehmen. Die fünf runden Lichter schienen hell herab, sodass kein Schatten auf das Baby oder die Mutter fiel. Das Baby war aus der kleinen kugelförmigen Welt der Gebärmutter herausgekommen und wurde nun durch das Licht getauft, in seiner neuen Welt willkommen geheißen.
Doch es hatte noch immer keinen Laut von sich gegeben. Da man so weit gekommen war, konnte der Arzt es nicht ertragen, das Baby jetzt noch zu verlieren. Er gab ihm einen Klaps auf den Po. Keine Reaktion. Noch ein Klaps, diesmal etwas fester. Endlich reagierte das Baby und stieß einen Schrei aus. Der Arzt schaute in die Runde seiner Mitarbeiter; Erleichterung machte sich auf seinem Gesicht breit. Aufseufzend wischte er sich die Schweißperlen von der Stirn.
Normalerweise achtete er darauf, die Nabelschnur zwischen zwei Herzschlägen der Mutter zu durchtrennen, doch in diesem Fall brauchte er darauf keine Rücksicht zu nehmen. Die Mutter hatte genau in dem Moment aufgegeben, in dem er sie mit dem Skalpell aufgeschnitten hatte. Er schaute auf die Frau hinunter, die auf dem Operationstisch lag. Sie hatte ihre letzten Energiereserven mobilisiert, um dem Baby, das
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