Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graben: Thriller (German Edition)

Der Graben: Thriller (German Edition)

Titel: Der Graben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kôji Suzuki
Vom Netzwerk:
Beteiligung Shigeko Toriis.«
    Hashibas Darstellung der Entwicklung wirkte logisch. Im Übrigen, was für eine Sendung hätte Saeko geplant, wenn es nach ihr gegangen wäre? Sie konnten eine nüchterne Doku fabrizieren, die lediglich die bekannten Fakten des Falls auflistete, doch es war fraglich, ob ein solches Format viele Zuschauer finden würde. Für einen Privatsender war die Quote alles. Damit eine Sendung nicht floppte, mussten die Fernsehmacher zu allen möglichen Tricks greifen, um Zuschauer anzulocken. Außerdem galt das Verschwinden der Familie aus Takato als eines der seltsamsten Rätsel der Welt. Vielleicht war es unvermeidlich, dass auf einen Hellseher zurückgegriffen wurde, um das Ganze noch interessanter zu machen.
    »Bitte seien Sie unbesorgt. Ich habe ganz und gar nichts gegen die Idee. Ich glaube, es wird eine interessante Sendung.«
    Hashiba schloss vor Erleichterung kurz die Augen. »Sie selbst sind aber auch ziemlich interessant«, bemerkte er dann und trank einen Schluck Kaffee.
    Aus seinem Ton wurde deutlich, dass dies keine Beleidigung sein sollte. Trotzdem fragte Saeko sich, was genau er meinte. »Wie das?«, hakte sie nach und legte den Kopf schräg.
    »Die Art, wie Sie reden, und was Sie sagen, das alles ist sonderbar.«
    Das war nun wirklich eine ziemlich unhöfliche Bemerkung von jemandem, dem Saeko erst zweimal begegnet war. Trotzdem war sie nicht verärgert. »Na, wenigstens sind Sie ehrlich. Was ist so sonderbar an mir?«, erkundigte sie sich amüsiert.
    »Sie sind jung, aber Sie reden wie jemand, der viel älter ist.«
    »Für wie alt halten Sie mich denn?«
    »Ende zwanzig, schätze ich.«
    »Plus zehn.«
    Daraufhin schob Hashiba sich theatralisch vom Tisch weg, beugte sich dann langsam wieder vor, beäugte Saeko von verschiedenen Seiten, als wollte er ihr tatsächliches Alter mit ihrem Aussehen unter einen Hut bringen. »Sie machen Witze.«
    »Nächstes Jahr werde ich sechsunddreißig.«
    »Unglaublich. Dann sind Sie genauso alt wie ich.«
    Nun war Saeko ihrerseits überrascht. Sie hatte angenommen, Hashiba wäre jünger als sie.
    »Wir müssen in der Schule im gleichen Jahrgang gewesen sein.« Plötzlich fühlte Saeko sich wohler mit Hashiba. Sie spürte, wie ihre Sprache ungezwungener wurde.
    Hashiba begann, von besonderen Ereignissen aus der Schulzeit zu sprechen, um Gemeinsamkeiten festzustellen. Saeko ging auf das Gespräch ein, begann sich jedoch insgeheim zu fragen, ob Hashiba verheiratet war. Sie ertappte sich bei der Vorstellung, wie es wohl wäre, mit ihm allein zu sein. Aus irgendeinem Grunde fühlte sie sich in seiner Gegenwart wohl und spürte, wie sie sich entspannte. Vielleicht war es seine kräftige Statur, durch die sie sich sicher fühlte, und hinter seiner Höflichkeit spürte sie einen festen Kern. Das Einzige, was sie an ihm störte, war sein kindischer Hang, seine Fähigkeiten zu betonen. Doch wenn das nur daher rührte, dass er einen guten Eindruck auf Saeko machen wollte, war das wohl verzeihlich. Angenehm sogar.
    Saeko vermied es nicht ausdrücklich, über ihre Schulzeit zu sprechen, doch sie tat es nicht besonders gern. Als Hashiba bemerkte, wie einsilbig ihre Antworten waren, brachte er das Gespräch zurück auf ihr Projekt.
    »Es wird als modernes kamikakushi verkauft – die Vorstellung, dass Menschen durch die Macht zorniger Götter verschwinden. Doch das Ganze kann ebenso gut eine Verkettung von Zufällen sein. Schlicht und ergreifend irgendein Unfall. Wenn der Fall gelöst werden sollte, bevor wir unsere Sendung ausstrahlen, dann war’s das.« Hashiba lachte ein wenig.
    Saeko sah das anders. »Die Vorstellung von kamikakushi existiert in Japan seit Urzeiten und wurde immer dann bemüht, wenn jemand auf mysteriöse Weise verschwand. Kommt jemand aus den Bergen nicht mehr zurück, machen wir Oger oder die tengu, dielangnasigen Dämonen, dafür verantwortlich. Verschwindet jemand in der Nähe eines Flusses, sind kappa , Wasserkobolde, daran schuld. Die Volkskunde erkennt bei diesen Fällen übernatürlichen Verschwindens verschiedene Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel findet kamikakushi meist im Frühjahr statt, normalerweise bei Tagesanbruch. Vor dem Verschwinden weht immer ein starker Wind. Wenn die Person, die weggezaubert wird, das Glück hat, nach Hause zurückzukehren, hat sie keinerlei Erinnerung daran, wo sie gewesen ist. Das bringt die Leute natürlich dazu, sich alle möglichen Erklärungen für die mysteriösen Erlebnisse zurechtzuspinnen. Dann

Weitere Kostenlose Bücher