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Der Graf und die Diebin

Der Graf und die Diebin

Titel: Der Graf und die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Amber
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er hatte ihm, Claude, das Mädel ja vor der Nase wegschnappen müssen.
    Christian ging währenddessen mit raschen Schritten durch den Flur und strebte dem Ausgang zum Park zu. Am Portal versetzte er einer der großen Blumenschalen einen zornigen Fußtritt und stellte zufrieden fest, dass in dem Tongefäß ein feiner Haarsprung entstanden war.
    Er hatte die Nacht über mit zahlreichen widerstreitenden Gefühlen und Gedanken gekämpft. Zum einen konnte er es sich nicht verzeihen, dass er sich so hatte gehen lassen. Er hatte nicht zum Höhepunkt kommen wollen, aber es war geschehen, ohne dass er es hätte verhindern können. Zum Glück hatte sie es nicht bemerkt – in diesem Punkt war er sich fast sicher.
    Trotz all ihrer Sinnlichkeit war sie noch bemerkenswert ahnungslos. Er hatte darüber nachgedacht, ob sie noch Jungfrau war. Fast unglaublich, wenn er die üblichen Gepflogenheiten im Dorf bedachte. Aber sie war eine Wildkatze – schon möglich, dass sie sich bisher alle Männer vom Halse gehalten hatte.
    Einerseits faszinierte es ihn. Es war unglaublich süß, dass er es sein würde, der sie in die Künste der Liebe einführte. Der die unzähligen kleinen, raffinierten Geheimnisse mit ihr entdecken würde, die sie in höchste Lust versetzten. Sie würde sich unter seinen Händen winden und aufstöhnen, und er würde sie dahin lenken, wohin er sie haben wollte. Aber es gab dabei auch etwas, was ihn zögern ließ. Eine seltsame Furcht, die er bisher noch nie empfunden hatte.
    Er spürte, dass es etwas gab, das ihn zu dieser Frau hinzog. Und das war nicht nur die Aussicht, ihren süßen Körper zu besitzen. Es war etwas anderes, das er nicht benennen konnte. Es hatte mit ihrer aufrechten Art zu tun und dem zuweilen kindlichen Vertrauen, das sie ihm entgegenbrachte. Mit ihrer Neugier und der Begeisterung, mit der sie ihm zuhörte. Mit ihrem Lächeln und der Kraft ihrer schönen Augen.
    Zum Teufel, er konnte es einfach nicht erklären. Aber es war etwas, was ihn zutiefst beunruhigte.
     
    Er kam nicht!
    Jeanne stöhnte auf und presste die heiße Stirn an die Fensterscheibe. Es war schon spät in der Nacht, und sie hatte den ganzen Tag auf ihn gewartet. Zornig lief sie hinüber zu dem kleinen Toilettentischchen, über dem ein großer golden gerahmter Spiegel hing. Wozu hatte sie jetzt diese Kleider angezogen? Sich von Nadine frisieren und zurechtmachen lassen? Oh, sie hatte ihm gefallen wollen. Ihm zeigen wollen, dass sie alle Widerspenstigkeit aufgegeben hatte. Dass sie ihn erwartete – mehr noch: dass sie sich nach ihm sehnte.
    Aber er war nicht gekommen. Und dabei hatte er es doch versprochen. Sie hätte wissen müssen, dass er sein Wort nicht hielt. Hatte er ihr vielleicht ihr Geld beschafft?
    Keineswegs!
    Sie riss an den Bändern, die Nadine ihr ins Haar geflochten hatte, löste die kleinen Zöpfchen am Hinterkopf und schüttelte das befreite Lockenhaar. Dann öffnete sie das seidene bestickte Mieder, das nach unten hin spitz zulief, und zog es mit hastigen Bewegungen aus. Achtlos warf sie die Kleider über einen Sessel: die Röcke, die seidenen Unterröcke, das Schnürleibchen, die Seidenstrümpfe. Weg mit dieser Maskerade. Sie würde sich um seinetwillen nie wieder lächerlich machen.
    Nadine schlief bestimmt schon, und sie wollte sie nicht wecken. Daher ergriff sie den weiten gestickten Umhang, der auf einer Truhe lag, und warf ihn sich über. Es war spät – sie sollte jetzt schlafen. Aber daran war gar nicht zu denken. Viel zu sehr waren ihre Gefühle aufgewühlt.
    Warum war er nicht gekommen? Wollte er sie nur hinhalten? Oder war er gar krank geworden? Ihr Herz erzitterte bei dem Gedanken, ihm könne etwas zugestoßen sein. Hatte er nicht gesagt, man dürfe ihm keine Waffe in die Hand geben? Wenn er nun auf der Jagd verunglückt war?
    Sie schüttelte die angstvollen Vorstellungen ab und versuchte vernünftig zu denken. Aber nein. Er wollte ihr durch seine Abwesenheit einfach nur seine Überlegenheit beweisen. Sie verging vor Sehnsucht nach ihm, und er ließ sie warten. Er spielte mit ihr wie die Katze mit der Maus.
    Verzweifelt warf sie sich auf das Bett und schluchzte in die Kissen. Warum ließ sie sich so demütigen? Warum ging sie nicht hocherhobenen Hauptes aus diesem Schloss? Ach, sie war längst süchtig nach seinen zärtlichen Händen. Nach all den zauberhaften Geschichten, die er erzählte. Nach seinen dunklen, sieghaften Augen. Seinem amüsierten Lächeln.
    Gestern Nacht in der Bibliothek hatte er

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