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Der Graf und die Diebin

Der Graf und die Diebin

Titel: Der Graf und die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Amber
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Augen an. Wen hatte sie erwartet? Marguerite? Jeanne? Nun, jedenfalls nicht ihn.
    Roger lächelte die Kleine freundlich an, um sie zu beruhigen und stellte dabei fest, dass ihr verheultes Gesicht ungeheuer rührend aussah. Was für ein niedliches Geschöpf.
    „Hast du dich erschreckt?“, fragte er sie sanft. „Keine Bange, ich habe deine Hilferufe gehört und bin gekommen, um dich aus dieser Kammer zu befreien.“
    Sie kannte ihn natürlich, wusste auch, dass er Marguerite regelmäßig besuchte. Ganz sicher wusste sie auch, was er und Marguerite dann miteinander taten. Sie war schließlich nicht dumm, diese nette kleine Zofe. Im Gegenteil, sie schien sogar recht verständig zu sein.
    „Ich weiß kaum, wie ich Euch danken soll, Euer Gnaden“, sagte sie jetzt leise. „Verzeiht mir – ich muss rasch zu meiner Herrin.“
    Sie wollte sich an ihm vorbei in den Flur schieben, doch er hielt sie an der Schulter zurück. Was für eine zierliche Schulter das war. Man spürte sie kaum in der Hand – die Kleine war schlank wie ein Reh.
    „Es ist zu spät, Nadine“, sagte er ernst. „Besser, du bleibst hier.“
    Entsetzt starrte sie ihn an. Sie öffnete den Mund um etwas zu sagen, unterließ es aber doch und schüttelte nur energisch den Kopf.
    „Aber nein“, flüsterte sie.
    „Seit wann steckst du in dieser Kammer?“
    „Seit gestern Abend, Euer Gnaden.“
    Er zog sie an beiden Schultern von der Tür zurück und schob sie wieder in die Kammer hinein. Dann blickte er ihr eindringlich in die Augen. Sie hatte schöne Augen, die Kleine. Groß und unschuldig wie ein Kind. Und taubenblau. Sie hatte überhaupt etwas von einer kleinen Taube.
    „Seit gestern Abend? Dann ist deine Herrin längst fort, Nadine.“
    „Nein“, flüsterte sie und sah ihn verzweifelt an. „Das kann nicht sein.“
    „Es ist aber leider so, Nadine. Ich wünschte auch, es wäre anders gekommen. Aber was geschehen ist, lässt sich nicht rückgängig machen.“
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und sie begann hilflos zu schluchzen. Ganz gegen seine sonstige Gewohnheit überkam ihn plötzlich tiefes Mitleid, und er zog sie an seine Brust. Sie weinte um Jeanne, die Kleine. Sie duftete sogar ein wenig nach Jeanne. Sie war diejenige, die die bezaubernde Jeanne am Abend entkleidete, ihr das Nachtgewand über den bloßen Körper zog, sie zudeckte und ihr eine gute Nacht wünschte. Sie kleidete sie am Morgen an, schnürte ihr die Korsage, kämmte ihr das Haar.... Er hatte auf einmal die völlig irrwitzige Illusion, Jeanne in den Armen zu halten und sie zu trösten, und er strich mit zärtlichen Bewegungen über Nadines Rücken.
    „Nun, nun – nur nicht verzweifeln. Sie wird zurückkommen. Sie wird ganz sicher zurückkommen“, murmelte er ihr ins Ohr und spürte dabei, dass er sich lächerlich benahm. Da stand er in einer Wäschekammer und hielt eine Kammerzofe im Arm, um sie über den Verlust ihrer Herrin hinwegzutrösten. Er – der Duc de Gironde, ein Edelmann, der im Rang nur zwei Stufen unter dem König war!
    Sie war jedoch so rührend in ihrem Kummer, dass er sie festhielt, denn dieser schlanke, biegsame Körper in seinen Armen gefiel ihm zunehmend gut. Eine zierliche Nymphe – wie sie wohl ausschaute, wenn man ihr die Kleider auszog?
    „Wo hat man sie hingebracht, Euer Gnaden?“, jammerte sie verzweifelt und hob ihr Gesicht zu ihm empor.
    Er zog ein spitzenbesetztes Taschentuch hervor und wischte ihr damit die Tränen ab, die über ihre Wangen liefen. Auch an seinem Rock waren feuchte Spuren, die hoffentlich bald trocknen würden, denn er legte keinen Wert darauf, dass Marguerite sie entdeckte. „Woher soll ich das wissen, Nadine?“
    Nadine sah ihn prüfend an, und trotz ihrer Verzweiflung begriff sie, dass er log. Der Duc de Gironde, der so häufig bei Madame de Fador im Privatsalon weilte und mit ihr alle nur möglichen Spielchen trieb, er wusste mit Sicherheit, wohin man Jeanne gebracht hatte.
    „Ich möchte zu ihr gehen“, gestand sie. „Ich bin ihre Zofe und habe ihr versprochen, sie niemals zu verlassen. Bitte sagt mir, wo sie ist, Euer Gnaden.“
    Er überlegte. Konnte man der Kleinen trauen? Wo gab es denn solche Treue, die einer Herrin sogar noch in die Gefangenschaft folgte? Nun ja – so etwas kam vor. „Was bekomme ich dafür, wenn ich es dir sage?“, fragte er lächelnd.
    Sie sah mit unschuldiger Miene zu ihm auf. „Was soll ich Euch geben, Euer Gnaden? Ich habe ja nichts.“
    Er zog sie ein wenig fester an sich, und

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