Der Graf von Castelfino
Chefköchin im selben Internat. Ich habe sie angerufen und gefragt, was dort wohl das Lieblingsmenü an einem heißen Tag wie heute wäre.“
„Sie haben wirklich Initiative bewiesen, Megan“, sagte er anerkennend. „Ganz besonders im Hinblick darauf, wie die Situation in der Küche sich weiterentwickelt hat. Ich komme direkt von dort. Sobald die Köchin die Inventur der Vorräte beendet hat, wird sie sich bei Ihnen für ihre Worte entschuldigen.“
Verwirrt sah Meg ihn an. Eine Entschuldigung war das Letzte, was sie unter diesen Umständen erwartet hätte.
„Ich verstehe nicht ganz?“
„Die anderen haben mir berichtet, dass sie die Vorgesetzte herauskehren wollte. Doch Sie sind standhaft geblieben. Es war eine komplett neue Erfahrung für sie.“
„Wollen Sie damit sagen, Sie werden die Sache nicht weiter verfolgen?“, fragte Meg leicht ironisch. Leute, die wichtig genug sind, sich Gärtner zu halten, ließen sich selten zu Lobeshymnen über ihre Mitarbeiter herab.
„Ich bin entzückt, Megan“, entgegnete er, wobei er ihrem Namen besondere Betonung verlieh.
„Sind Sie ganz sicher, dass Sie sich nicht weiter einschalten werden?“, fragte sie verunsichert. „Ich meine, ich war kaum zwei Minuten hier und lag schon im Streit mit der Köchin. Sie ist der Familie treu ergeben, ich bin die Neue – und Sie stehen auf meiner Seite?“
Gianni sah sie forschend an, verblüfft, dass sie den Sinn seiner Worte nicht verstanden zu haben schien. „Aber selbstverständlich. Etwas anderes kommt nicht infrage. Die Köchin hatte unrecht, Sie waren im Recht. Eine meiner ersten Aufgaben als der neue Conte ist es, den Speiseplan zu überprüfen. Sie haben es nur früher als ich angepackt, das ist alles.“ Ihm fiel auf, wie sie errötete. Besorgt griff er nach ihrem Ellenbogen.
„Megan? Geht es Ihnen gut? Es muss die Sonne sein. Kommen Sie, setzen Sie sich.“
Seine Finger strichen weich über ihre Haut und umschlossen ihren Arm. Diese Berührung rief dasselbe Wohlgefühl in ihr hervor, von dem sie in ihren Fantasien geträumt hatte. Es war einfach herrlich.
„Lassen Sie nur … mir geht es gut.“ Sie musste nach Luft schnappen, und ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Die Berührung raubte ihr schier den Atem.
Gianni ließ sie verstimmt los. „ Ich bestimme hier. Und zwar alles. Das beinhaltet auch die Entscheidung, ob wir eine weibliche Chefgärtnerin beschäftigen oder nicht“, schloss er mit unheilvollem Unterton.
Meg schoss hoch. „Wie meinen Sie das?“, platzte sie heraus.
Gianni war fest entschlossen, bei Megan kein Risiko einzugehen. Jemand, der sich wie sie mit der Köchin anlegte, musste genau beobachtet werden.
Er betrachtete Meg ein paar Sekunden länger als nötig und zuckte dann mit den Achseln.
„Kommt darauf an.“
„Gott sei Dank führe ich den Titel ‚Kuratorin exotischer Pflanzen‘. Ich bin kein Chefgärtner – obwohl ich mehr als qualifiziert für diese Aufgabe bin“, fügte sie rasch hinzu. „Und da ich wusste, dass Ihre Angestellten die Vorschläge eines Neuankömmlings nicht eben mit Begeisterung aufnehmen würden, habe ich mir den neuen Titel ‚Chefgärtnerin‘ kurzerhand ausgeliehen.“ Sie stieß ein nervöses Lachen aus.
Überrascht bemerkte sie Giannis umwerfendes Lächeln, das er jedoch sofort wieder unterdrückte.
„Das nenne ich Einsicht. Eine Frau, die Einsicht und Initiative zeigt, wird ihren Weg machen, ragazza insolente!“
Winzige Fältchen bildeten sich um seine Mundwinkel. Es war offensichtlich, dass er sich ein Lachen verkniff. Dumm war nur, dass er wusste, dass sie es wusste. In diese Lage hätte sie ihren neuen Chef garantiert nicht bringen wollen. Und ganz bestimmt nicht, wenn dieser Chef Gianni Bellini hieß, ein Mann, der jede Frau um den Finger wickeln konnte.
Eingehend betrachtete sie die Grasfläche unter sich, um ihr eigenes Lächeln zu verbergen, ohne allerdings ihr Ziel dabei aufzugeben.
„Das habe ich bereits, Signore“, sagte sie, vorsichtig darauf bedacht, nicht ironisch zu klingen. „Ich habe beim Botanikstudium als Beste meines Jahrgangs abgeschnitten, habe meine Eltern vor dem Ruin bewahrt und diesen Spitzenjob hier bekommen. Und ich bin noch nicht am Ende.“
„Langsam wird mir das auch klar“, gab er gelassen zurück. „Also, Frau Kuratorin exotischer Pflanzen, wie sehen Ihre Pläne für meinen neuen Garten aus?“
Meg wurde bewusst, dass er jede Schärfe aus der Unterhaltung nehmen wollte. Trotz des belustigten
Weitere Kostenlose Bücher