Der Graf von Castelfino
oder?
„Sicher. Das weiß ich. Mein ganzes Leben war ein Kampf gegen das altmodische, rückständige Image der Bellinis. Nun habe ich diese ererbten Verpflichtungen geschultert und suche nach Wegen, wie ich mir, dem Besitz und meinen Mitarbeitern das Leben erträglicher und profitabler machen kann. Auch die alten Grafen haben sich nicht auf dem Ererbten und ihrem Wohlstand ausgeruht. Sie haben sich ausnahmslos immer neuen Herausforderungen gestellt, um weiterzukommen, und ich bin da gewiss keine Ausnahme. Ich habe einige Dutzend Hektar ödes, heruntergekommenes Weinland ins Epizentrum eines Millionengeschäfts gerückt. Hauptsächlich deshalb, um mich selbst unabhängig vom Familienvermögen zu machen. In dieser Hinsicht muss ich mir und anderen nichts mehr beweisen.“
Er sah sie ernst an. „Nun bin ich dabei, weitere Möglichkeiten der Produktion regionaler Spezialitäten auszuleuchten. Castelfino bringt schließlich eine Spitzenqualität einheimischer Produkte und Lebensmittel hervor, nicht zu vergessen unser kalt gepresstes Olivenöl. Ich möchte dieses Gut in einen Ort verwandeln, wo jeder, der hier arbeitet, Freude hat. Jedermann kann kommen und sich ansehen, was wir tun, und das hilft gleichzeitig dem einheimischen Handel. Das ist der wahre Grund, liebe Megan, weshalb ich mein Privatleben so radikal umgestellt habe und noch weiter ändern werde.“
Er hielt inne und betrachtete Meg. Selten hatte er solch ein aufrichtiges Staunen auf einem Gesicht gesehen. „Wenn dann also“, fuhr er fort, „meine Chefgärtnerin den werten Gästen ihr Ressort vorgeführt hat, werden sie zu einem verschwenderischen Bankett geleitet. Dort werden wir alles, was Castelfino zu bieten hat, vorstellen: Speisen, Wein, Ihre Blumen … all das eben, worauf ich sehr stolz bin. Es soll im besten Licht gezeigt werden. Deshalb möchte ich, dass Sie einen ganz besonderen Eindruck auf meine Gäste machen. Sie sollen alle für sich einnehmen.“
4. KAPITEL
Meg fand diese Idee großartig. In der Theorie. Tief drinnen aber sagte ihr ein unbestimmtes Gefühl, dass diese Art Party, die Gianni zu geben beabsichtigte, nervenaufreibender werden könnte als eine Woche bei der Chelsea Flower Show. „Dagegen ist nichts einzuwenden“, erwiderte sie zurückhaltend.
„Da bin ich aber sehr froh, Megan.“ Er schenkte ihr ein wissendes Lächeln, hinter dem sich alles verbergen konnte. „Wie wäre es, wenn Sie sich den Rest des Tages freinehmen, in die Stadt fahren und sich etwas Passendes aussuchen?“
Die Vorstellung erfüllte sie mit Unbehagen. Meg unternahm nur selten einen ausgiebigen Einkaufsbummel, um neue Kleidung zu kaufen. Sie hatten zu Hause immer zu wenig Geld für derlei Dinge gehabt, sodass sie dazu neigte, sich Kleidung zuzulegen, die zweckmäßig war und möglichst lange getragen werden konnte. Das modische Aussehen spielte dabei eine untergeordnete Rolle.
„Es wäre Unsinn, einen wundervollen Nachmittag wie diesen wegen eines Einkaufs zu vergeuden. Ich fahre lieber an einem meiner nächsten freien Tage in die Stadt.“
Gianni sah angenehm überrascht aus, doch als Meg weitersprach, schien er von ihren Worten nicht mehr so angetan.
„Oder was halten Sie davon, wenn ich mich einfach mit den Kleidern behelfe, die ich bei meiner Ankunft getragen habe? Dem Rock und dem Blazer?“ Die Erleichterung, sich unter diesen Umständen um die Einkaufstour drücken zu können, war ihr deutlich anzumerken. „Das sieht doch nett aus und ist förmlich genug.“
Gianni holte tief Luft. „Megan! Der Blazer ist schwarz!“ , rief er missbilligend aus. „Für Besprechungen ganz gut geeignet, aber wir reden hier von einem Bankett, also über ein feierliches Festessen.“
Ruhig fügte er hinzu: „Eines will ich mal klarstellen: Niemand in meinem Stab ‚behilft sich‘ mit etwas. Wir wollen doch professionell aussehen. Sie benötigen also etwas Neues, Spektakuläres … hm, im selben Blau wie Ihre Augen. Das würde sich vom Rest perfekt abheben. Was den Stil betrifft – der Rock, den Sie am Tag Ihrer Ankunft getragen haben, der war sehr schön. Sehr, sehr schön“, fügte er gedehnt hinzu. „Er brachte Ihre wundervollen Beine bestens zur Geltung.“
„Weder Sie noch Ihre Gäste sollten sich für meine Beine interessieren“, gab sie reserviert zurück.
„Ich bin ein Mann, Megan. Das haben Sie doch wohl schon bemerkt, nicht wahr?“ Gianni begegnete ihrer ablehnenden Miene mit einem gewinnenden Lächeln. „Sie sind meine einzige
Weitere Kostenlose Bücher