Der Graf von Castelfino
weibliche Bereichsleiterin. Und ich brauche für all die Entbehrungen, die ich in meinem jetzigen Leben auf mich nehme, ein wenig Trost. Zu erleben, wie Sie – gekleidet wie eine Prinzessin – Hof halten, wird mich für entgangene Freuden in den Klubs in Florenz entschädigen, die ich nicht mehr besuche. Und dafür, dass ich mein Zuhause an besagtem Abend mit aufgeblasenen, langweiligen Geschäftsleuten teilen muss.“
Sein Tonfall und seine Worte ließen Meg förmlich dahinschmelzen. Sie musste ihre gesamte Willenskraft aufbringen, um nicht auf ihn hereinzufallen. Schließlich wusste sie – oder zumindest ahnte sie es –, dass er mit ähnlichen Geschichten jede Nacht eine andere Frau um den Finger wickelte.
Doch wenn er ihr so tief in die Augen schaute und seinen südländischen Charme spielen ließ, fiel es ihr sehr schwer, sich das ins Bewusstsein zu rufen. Sie sollte sich besser immer wieder daran erinnern, dass alles nur Teil eines Plans war. Zuerst sorgte Gianni für eine lockere Atmosphäre, dann klopfte er sie weich und schließlich schritt er zur Tat …
Meg wusste, sie sollte versuchen, sein Verhalten zu ihrem Vorteil zu nutzen. Also sagte sie: „Mich als Ihre Botschafterin einzusetzen, ist für mich eine einzigartige Gelegenheit, meine Fähigkeiten einer größeren Öffentlichkeit zu präsentieren. Ich werde Menschen treffen, die uns beiden nützlich sein können. Das halte ich insgesamt für eine großartige Idee, Gianni. Haben Sie einen Vorschlag, was ich bei diesem Bankett anziehen soll?“
Wieder überraschten ihn Megs Worte. Sein Blick wirkte jetzt nicht mehr verführerisch, sondern eher prüfend.
„Hm … lassen Sie mich nachdenken. Allmählich gewinne ich den Eindruck, dass ich mich in Ihnen geirrt habe. Wenn Sie so unsicher sind, was Ihre Kleidung betrifft, brauchen Sie dringend Expertenrat. Ich werde den Teufel tun und das Risiko eingehen, Sie dem zweifelhaften Stil einer dieser Modeketten auszuliefern, egal wie quasi-schick das alles angeblich sein mag.“
Er lächelte: „Eine junge Frau wie Sie würde selbst in einem Kartoffelsack sexy aussehen, doch das ist nicht der Punkt. Wenn ich ein Fest gebe, dann mit dem einen Ziel: die Gäste zu beeindrucken. Ihnen zu imponieren. Der Glanz teurer Designerkleidung wird es da in besonderem Maß schaffen, dass man auf Sie aufmerksam wird.“
Er stand auf, ging um den Schreibtisch herum, um wieder in seinem teuren Bürosessel Platz zu nehmen. Über die Gegensprechanlage erteilte er eine kurze Anweisung, dann faltete er die Hände auf der Schreibtischplatte. Meg konnte nur staunend zusehen, wie Gianni sich im Bruchteil einer Sekunde vom skrupellosen Verführer zum erfolgreichen Unternehmer wandelte. Doch bei aller Maskerade konnte er nur für kurze Zeit seine wahren Absichten verhehlen, die in seinen Augen glommen.
„Also – die besten und teuersten Shops und Boutiquen von ganz Florenz stehen jetzt zu Ihrer Verfügung. Bei allen habe ich Konten einrichten lassen.“ Er öffnete eine Schreibtischschublade, zog einen Ordner mit bunten Registerkarten heraus und ließ ihn auf seine Unterlage fallen. „Weil ich schon öfter Frauen dorthin geschickt habe, damit sie sich mit hübschen Sachen eindecken“, fügte er mit einer lässigen Handbewegung hinzu.
Meg hoffte, dass er sich damit auf die elegante Arbeitskleidung für die Damen in seinem Vorzimmer bezog. Doch das geheimnisvolle Lächeln um seine Mundwinkel, als er die erste Seite umblätterte, machte diese Hoffnung sofort wieder zunichte.
„Jedes dieser Geschäfte wird Sie mit etwas Passendem ausstatten, in dem Sie auch verführerisch wirken.“
Er schob ein Blatt Papier quer über den Schreibtisch zu ihr herüber. Meg nahm es entgegen und entdeckte eine komplette Aufstellung der berühmtesten Designernamen, die sie nur aus den Hochglanzmagazinen im Wartezimmer ihres Zahnarztes zu Hause in England kannte. Verwirrt studierte sie die Liste und überlegte, wie sie sich jemals überwinden sollte, die Schwelle eines dieser Geschäfte zu überschreiten.
„Was denken Sie?“, fragte er nonchalant.
Sie wusste nicht, wie sie ihre Gedanken in Worte fassen sollte. Die Nöte ihrer Eltern hatten sie schon einmal einen Traumjob gekostet. Nun hatte sie sich mit einem spektakulären Sprung nach oben gearbeitet. Würde sie jetzt selbst scheitern?
„Das sieht alles ziemlich exklusiv aus“, stammelte sie.
„Dachten Sie etwa, ich würde mich mit weniger als ‚exklusiv‘ zufriedengeben?“
Meg
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