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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Kontor, wo Emanuel sich befand, und Cocles schloß mit einem in seinem Besitz befi ndlichen Schlüssel eine Tür des zweiten Stockwerks auf, führte den Fremden in ein Vorzimmer und öff nete eine zweite Tür, die er hinter sich schloß. Nach einem Augenblick kam er zurück und machte dem Abgesandten des Hauses Th
    omson und French ein Zeichen, daß er eintreten könne.
    Der Engländer fand Herrn Morrel an einem Tisch sitzend. Er starrte mit bleichem Gesicht auf die schrecklichen Reihen des Registers, wo seine Passiven eingetragen standen.
    Als Herr Morrel den Fremden sah, schloß er das Register, erhob sich und schob einen Stuhl vor; nachdem der Fremde sich gesetzt hatte, setzte er sich auch wieder.
    Vierzehn Jahre hatten den würdigen Kaufmann, der jetzt im fünf-zigsten Lebensjahr stand, sehr verändert; sein Haar war gebleicht, seine Stirn war von sorgenvollen Falten durchfurcht, und sein einst so fester und sicherer Blick war scheu und unentschlossen geworden.
    Der Engländer betrachtete ihn mit einem neugierigen Blick, in dem eine gewisse Teilnahme zu erkennen war.
    »Sie haben mich zu sprechen gewünscht, mein Herr?« fragte Morrel, dessen Unbehagen bei dieser Prüfung zuzunehmen schien.
    »Ja, Herr Morrel, Sie wissen, woher ich komme, nicht wahr?«
    »Von Th
    omson und French, wie mir mein Kassierer sagte.«
    »Jawohl. Das Haus Th
    omson und French hat im Laufe dieses
    und des nächsten Jahres drei- bis vierhunderttausend Franken in Frankreich zu zahlen, und da es Ihre strenge Pünktlichkeit kennt, hat es alle Wechsel mit Ihrer Unterschrift, die es bekommen konnte, an sich gezogen und mich beauftragt, nach Maßgabe der Fälligkeitstermine die Beträge bei Ihnen zu erheben und dann zu verwenden.«
    Morrel stieß einen tiefen Seufzer aus und fuhr sich mit der Hand über die Stirn, auf der der Schweiß stand.
    »Also haben Sie von mir gezeichnete Wechsel?« fragte er.
    »Jawohl, für eine ziemlich beträchtliche Summe.«
    »Für welche Summe?« fragte Morrel mit einer Stimme, die er sich bemühte, sicher klingen zu lassen.
    »Nun, hier ist zuerst«, erwiderte der Engländer, indem er ein Paket Papiere aus der Tasche zog, »eine Übertragung von zweihunderttausend Franken von Herrn von Boville, des Inspektors der Gefängnisse, an unser Haus. Erkennen Sie an, daß Sie Herrn von Boville diese Summe schulden?«
    »Jawohl, es ist eine Anlage, die er vor bald fünf Jahren zu vierein-halb Prozent bei mir gemacht hat.«
    »Und die rückzahlbar ist …«
    »Zur Hälfte am Fünfzehnten dieses Monats, zur Hälfte am Fünfzehnten nächsten Monats.«
    »Ganz recht; dann sind hier zweiunddreißigtausendfünfhundert Franken per Ende des laufenden Monats; es sind Wechsel von Ihnen, die an unsere Ordre gegeben sind.«
    »Ich erkenne sie an«, sagte Morrel, dem die Schamröte ins Gesicht stieg bei dem Gedanken, daß er zum erstenmal in seinem Leben sein Akzept vielleicht nicht einlösen könnte. »Ist das alles?«
    »Nein, ich habe noch diese Wechsel per Ende des nächsten Monats, die das Haus Pascal und das Haus Wild und Turner hier uns remittiert haben, fünfundfünfzigtausend Franken etwa, im ganzen zweihundertsiebenundachtzigtausendfünfhundert Franken.«
    Was der unglückliche Morrel bei dieser Aufzählung litt, ist un-möglich zu beschreiben.
    »Zweihundertsiebenundachtzigtausendfünfhundert Franken!« wiederholte er mechanisch.
    »Jawohl«, antwortete der Engländer. »Nun aber«, fuhr er nach einem Augenblick des Schweigens fort, »will ich Ihnen nicht verheim-lichen, Herr Morrel, daß, bei aller Anerkennung Ihrer tadellosen Rechtschaff enheit, in der Stadt das Gerücht geht, daß Sie außerstande seien, Ihren Verbindlichkeiten nachzukommen.«
    Bei dieser fast rücksichtslosen Eröff nung wurde Morrel entsetzlich bleich.
    »Mein Herr«, sagte er, »bis jetzt, und es sind mehr als vierundzwanzig Jahre her, seit ich das Geschäft von meinem Vater übernahm, der es selbst fünfunddreißig Jahre geführt hat, bis jetzt ist noch keine einzige Unterschrift von Morrel und Sohn an der Kasse präsentiert worden, ohne bezahlt worden zu sein.«
    »Ja, ich weiß das«, antwortete der Engländer, »aber sprechen Sie off en als Ehrenmann zu Ehrenmann, werden Sie diese hier mit der gleichen Pünktlichkeit bezahlen?«
    Morrel erbebte und betrachtete denjenigen, der so mit ihm sprach, mit größerer Sicherheit als bisher.
    »Auf so freimütig gestellte Fragen«, sagte er, »gebührt auch eine freimütige Antwort. Ja, mein Herr, ich werde

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