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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Art war sein Irrsinn?«
    »Er behauptete, Kenntnis von einem ungeheuren Schatz zu haben, und bot der Regierung wahnsinnige Summen, wenn man ihn in Freiheit setzen wollte.«
    »Der arme Teufel! Und er ist tot?«
    »Ja, seit fünf oder sechs Monaten ungefähr; er starb im vergangenen Februar.«
    »Sie haben ein sehr gutes Gedächtnis, daß Sie sich dessen so genau zu erinnern wissen.«
    »Ich erinnere mich dieses Todesfalles, weil er von einem seltsamen Umstand begleitet war.«
    »Darf man diesen Umstand erfahren?« fragte der Engländer mit einem Ausdruck von Neugier, den ein guter Beobachter mit Verwunderung auf seinem phlegmatischen Gesicht gesehen hätte.
    »Gewiß; der Kerker des Abbés war ungefähr fünfundvierzig bis fünfzig Fuß von demjenigen eines ehemaligen bonapartistischen Agenten entfernt, eines Mannes, der das meiste zur Rückkehr des Usurpators im Jahre  beigetragen hatte, eines sehr entschlosse-nen und höchst gefährlichen Menschen.«
    »Wirklich?« meinte der Engländer.
    »Ja«, antwortete Herr von Boville; »ich hatte selbst Gelegenheit, diesen Mann im Jahr  oder  zu sehen; man stieg nur in Begleitung von Wachmannschaften in sein Verlies hinunter. Dieser Mann hat einen tiefen Eindruck auf mich gemacht, und ich werde sein Gesicht nie vergessen.«
    Der Engländer lächelte unmerklich.
    »Sie sagten also, daß die beiden Kerker …«
    »Fünfzig Fuß voneinander getrennt waren; dieser Edmund Dantès scheint sich aber …«
    »Der gefährliche Mensch hieß also …«
    »Edmund Dantès; jawohl. Dieser Edmund Dantès scheint sich Werkzeuge verschaff t oder angefertigt zu haben, denn man fand einen Gang, durch den die beiden Gefangenen in Verbindung standen.«
    »Dieser Gang war jedenfalls hergestellt worden, um eine Flucht zu ermöglichen?«
    »Gewiß; aber leider wurde der Abbé Faria von Starrsucht befallen und starb.«
    »Ich verstehe; das mußte die Flucht vereiteln.«
    »Für den Toten, ja«, antwortete Herr von Boville, »aber nicht für den Lebenden; im Gegenteil, dieser Dantès sah darin ein Mittel, seine Flucht zu beschleunigen; er glaubte jedenfalls, daß die auf Schloß If gestorbenen Gefangenen auf einem gewöhnlichen Kirchhof be-erdigt würden. Er brachte den Toten in seine Zelle, nahm dessen Platz im Sack ein, in den man ihn eingenäht hatte, und erwartete die Beerdigung.«
    »Ein gewagtes Mittel, das von Mut zeugt«, meinte der Engländer.
    »Oh, ich sagte Ihnen ja, es war ein sehr gefährlicher Mensch; zum Glück hat er die Regierung selbst von der Sorge befreit, die ihr seine Existenz bereitete.«
    »Wieso das?«
    »Verstehen Sie nicht?«
    »Nein.«
    »Das Schloß If hat keinen Kirchhof; man wirft die Toten einfach ins Meer, nachdem man ihnen eine Kugel von sechsunddreißig Pfund an die Füße gebunden hat.«
    »Nun?« fragte der Engländer, als ob er schwer von Begriff wäre.
    »Man band ihm solch eine Kugel an die Füße und warf ihn ins Meer.«
    »Wahrhaftig?« rief der Engländer.
    »Ja«, fuhr der Inspektor fort. »Sie können sich die Überraschung des Flüchtlings ausmalen, als er sich von dem Felsen heruntergestürzt fühlte. Ich hätte in dem Augenblick sein Gesicht sehen mögen.«
    »Das wäre schwierig gewesen.«
    »Einerlei«, entgegnete Herr von Boville, den die Gewißheit, seine zweimal hunderttausend Franken wiederzubekommen, in gute Laune versetzte; »einerlei, ich kann’s mir vorstellen.« Und er lachte laut.
    »Ich kann mir’s auch vorstellen«, sagte der Engländer und lachte gleichfalls.
    »Der Flüchtling ist also ertrunken?« fragte der Engländer, der sich zuerst wieder faßte.
    »Elendiglich.«
    »So daß also der Gouverneur des Schlosses auf einen Schlag den Gefährlichen und den Irrsinnigen los wurde?«
    »So war es.«
    »Dann ist wohl eine Art Akte über dieses Ereignis aufgenommen worden?« fragte der Engländer.
    »Jawohl, eine Totenakte. Die Verwandten des Dantès, wenn er welche hat, konnten ja ein Interesse daran haben, sich zu vergewissern, ob er gestorben sei oder lebe.«
    »So daß sie jetzt beruhigt sein können, wenn sie von ihm zu erben haben. Er ist tot, sicher tot?«
    »Nun freilich; und sie können das Attest bekommen, wenn sie wollen.«
    »Gut denn«, sagte der Engländer. »Doch kommen wir auf unsre Register zurück.«
    »Richtig; diese Geschichte hatte uns davon abgebracht; verzeihen Sie.«
    »Verzeihen, was? Die Geschichte? Ich habe sie sehr interessant gefunden.«
    »Sie ist es auch wirklich. Sie

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