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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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der Tür zu dienen.
    »Wie ist es zugegangen?« fragte Morrel.
    »Tritt näher, Penelon«, sagte der junge Mann, »und erzähle, was sich zugetragen hat.«
    Ein alter, von der Sonne des Äquators gebräunter Matrose trat vor, die Überreste eines Hutes in den Händen drehend.
    »Guten Tag, Herr Morrel«, sagte er, als ob er gestern Marseille verlassen hätte und von Aix oder Toulon gekommen wäre.
    »Guten Tag, mein Freund«, antwortete der Reeder, der nicht umhin konnte, unter Tränen zu lächeln. »Aber wo ist der Kapitän?«
    »Der Kapitän ist krank in Palma zurückgeblieben; aber das wird, so Gott will, nichts auf sich haben, und Sie werden ihn in einigen Tagen so munter, wie Sie und ich sind, ankommen sehen.«
    »Gut … jetzt sprich, Penelon«, sagte Herr Morrel.
    Penelon brachte mit der Zunge seinen Priem von der rechten Wange in die linke, hielt die Hand vor den Mund, drehte sich um und spuckte einen langen schwärzlichen Strahl ins Vorzimmer, stellte den einen Fuß vor, wiegte sich in den Hüften und erzählte, wie der »Pharao« zwischen Kap Blanco und Kap Bojador vom Sturm überfallen worden und nach vergeblichem Kampf untergegangen sei, nachdem die Mannschaft und der Kapitän sich in die Schaluppe gerettet hätten.
    »Was uns anbetriff t«, fuhr er fort, »so haben wir drei Tage ohne Essen und Trinken verbracht, so daß wir schon davon sprachen, das Los zu ziehen, um zu sehen, wer die anderen ernähren sollte; da bemerkten wir die ›Gironde‹ und gaben ihr Signale; sie sah uns, kam auf uns zu, schickte uns ihre Schaluppe und nahm uns auf. So ist’s zugegangen, Herr Morrel, auf Seemannswort, nicht wahr, ihr andern?«
    Ein Gemurmel der Zustimmung ertönte.
    »Gut, meine Freunde«, sagte Herr Morrel, »ihr seid brave Leute, und ich wußte im voraus, daß an dem Unglück, das mich triff t, nur mein Schicksal schuld ist. Und nun, wieviel Löhnung bekommt ihr?«
    »Oh, pah, sprechen wir nicht davon, Herr Morrel.«
    »Im Gegenteil, sprechen wir davon«, sagte der Reeder mit trau-rigem Lächeln.
    »Nun, wir bekommen für ein Vierteljahr …«, antwortete Penelon.
    »Cocles, zahlen Sie jedem dieser Braven zweihundert Franken. Zu einer anderen Zeit, meine Freunde«, fuhr Morrel fort, »hätte ich hinzugefügt: Geben Sie jedem zweihundert Franken als Geschenk; aber die Zeiten sind unglücklich, meine Freunde, und das bißchen Geld, das mir bleibt, gehört mir nicht mehr. Entschuldigt also und achtet mich darum nicht weniger.«
    Penelon verzog gerührt das Gesicht, wandte sich nach seinen Kameraden um, wechselte einige Worte mit ihnen und kam zu-rück.
    »Was das anlangt, Herr Morrel«, sagte er, indem er seinen Priem wieder umquartierte und wiederum ins Vorzimmer spuckte, »was das anlangt …«
    »Was was anlangt?«
    »Das Geld …«
    »Nun?«
    »Nun, Herr Morrel, die Kameraden meinen, daß sie für den Augenblick jeder an fünfzig Franken genug haben und mit dem Rest warten wollen.«
    »Dank, liebe Freunde, Dank!« sagte Morrel; »ihr seid alle brave Herzen, aber nehmt, nehmt, und wenn ihr einen guten Dienst fi ndet, so tretet ein, ihr seid frei.«
    Dieser letzte Teil seiner Rede brachte eine mächtige Wirkung auf die Matrosen hervor. Sie sahen einander bestürzt an. Penelon, dem der Atem versagte, hätte beinahe seinen Priem verschluckt.
    Zum Glück fuhr er noch zur rechten Zeit mit der Hand nach dem Mund.
    »Wie, Herr Morrel«, sagte er mit ersticktet Stimme, »wie, Sie schik-ken uns fort! Sie sind also nicht mehr mit uns zufrieden?«
    »Nein, Kinder«, entgegnete der Reeder, »ich bin nicht unzufrieden mit euch, im Gegenteil. Ich schicke euch nicht fort, aber, was wollt ihr, ich habe keine Schiff e mehr und brauche also keine Matrosen mehr.«
    »Wie, Sie haben keine Schiff e mehr?« sagte Penelon. »Na, da lassen Sie andere bauen, wir werden warten.«
    »Ich habe kein Geld mehr, um Schiff e bauen zu lassen, Penelon«, antwortete der Reeder traurig lächelnd, »ich kann also euer Anerbieten nicht annehmen, so herzlich es auch von euch gemeint ist.«
    »Na, wenn Sie kein Geld haben, so brauchen Sie uns nicht zu bezahlen«, rief Penelon.
    »Genug, genug, meine Freunde«, sagte Morrel, dem die Bewegung die Stimme nahm; »geht, ich bitte euch. Emanuel«, fügte er hinzu,
    »begleite sie und sieh zu, daß mein Wunsch ausgeführt wird.«
    »Wenigstens dann auf Wiedersehen, nicht wahr, Herr Morrel?«
    sagte Penelon.
    »Ja, meine Freunde, ich hoff e es wenigstens; jetzt geht.«
    Und er machte Cocles ein Zeichen,

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