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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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einmal angefertigt hatte, lagen das Perlenhalsband und die Diamantnadeln, die die junge Gräfi n gestern getragen hatte; auf einem Stuhl daneben war der Rest des Kostüms ausgebreitet.
    Teresa stieß einen Freudenschrei aus, und ohne zu fragen, woher dieses Kostüm kam, ohne sich die Zeit zu nehmen, Luigi zu danken, stürzte sie in die in ein Ankleidegemach verwandelte Grotte.
    Luigi stieß hinter ihr den Stein zurück, denn er hatte auf dem Kamm eines kleinen Hügels einen Reiter bemerkt, der einen Augenblick, wie des Weges ungewiß, anhielt. Sein Bild hob sich scharf von dem blauen Himmel ab.
    Als der Fremde Luigi bemerkte, setzte er sein Pferd in Galopp und kam auf ihn zu.
    Luigi hatte sich nicht getäuscht; der Fremde, der von Palestrina nach Tivoli reiten wollte, war im Zweifel über die Richtung.
    Luigi zeigte ihm den Weg; da sich der Weg aber eine Viertelmeile weiter in drei Pfade teilte und der Reisende sich von neuem verir-ren konnte, bat dieser Luigi, ihm als Führer zu dienen.
    Luigi legte seinen Mantel auf die Erde, warf seinen Karabiner über die Schulter und marschierte mit dem schnellen Schnitt des Bergbewohners, dem ein Pferd kaum folgen kann, vor dem Reisenden her.
    Nach zehn Minuten waren sie an dem von Luigi bezeichneten Kreuzweg. Hier angekommen, streckte er mit majestätischer Geste die Hand nach dem Wege aus, den der Reisende einschlagen muß-
    te, und sagte:
    »Da ist Ihr Weg, Exzellenz, Sie können sich jetzt nicht mehr irren.«
    »Und da ist dein Lohn«, sagte der Reisende, indem er dem jungen Hirten einige Geldstücke anbot.
    »Danke«, antwortete Luigi, indem er seine Hand schnell zurückzog; »ich erweise gern einen Dienst, aber ich verkaufe ihn nicht.«
    »Aber«, sagte der Reisende, der übrigens an diesen Unterschied zwischen Habgier und Unterwürfi gkeit des Städters und dem Stolz des Landmanns gewöhnt zu sein schien, »wenn du einen Lohn ausschlägst, so nimmst du doch wenigstens ein kleines Geschenk an.«
    »O ja, das ist etwas anderes.«
    »Nun«, sagte der Reisende, »nimm diese beiden venezianischen Zechinen und gib sie deiner Braut, damit sie sich davon ein Paar Ohrringe machen lasse.«
    »Und Sie, nehmen Sie diesen Dolch«, sagte der junge Hirt, »Sie fi nden von Albano bis Civita Castellana keinen, dessen Griff besser geschnitzt wäre.«
    »Ich nehme an«, sagte der Reisende; »dann bin ich aber in deiner Schuld, denn dieser Dolch ist mehr wert als zwei Zechinen.«
    »Für einen Händler vielleicht; aber für mich, der ich ihn selber geschnitzt habe, ist er kaum einen Piaster wert.«
    »Wie heißt du?« fragte der Reisende.
    »Luigi Vampa«, antwortete der Hirt mit derselben Miene, als wenn er gesagt hätte: Alexander, König von Mazedonien. »Und Sie?«
    »Ich«, entgegnete der Reisende, »ich heiße Sindbad der Seefahrer.«
    Vampa steckte verächtlich die beiden Zechinen in die Tasche und ging langsam auf dem Weg zurück, den er gekommen war. Zwei-oder dreihundert Schritt von der Grotte entfernt glaubte er einen Schrei zu hören. Er blieb stehen und horchte, von welcher Seite der Schrei wohl gekommen sein mochte.
    Nach einer Sekunde hörte er deutlich seinen Namen.
    Der Ruf kam aus der Richtung der Grotte.
    Er sprang auf wie eine Gemse, lud im Laufen sein Gewehr und erreichte in weniger als zehn Sekunden den Gipfel des kleinen Hügels, der demjenigen, wo er den Reisenden bemerkt hatte, gegenüber-lag.
    Dort vernahm er deutlich die Rufe: »Hilfe! Hilfe!«
    Er blickte um sich, und da gewahrte er einen Mann, der Teresa dem Wald zu schleppte.
    Vampa maß den Zwischenraum, der ihn von den beiden trennte; der Mann hatte wenigstens zweihundert Schritt Vorsprung vor ihm; es bestand keine Aussicht, ihn zu erreichen, ehe er den Wald gewonnen hatte.
    Der junge Hirt blieb stehen, als ob seine Füße Wurzeln geschlagen hätten. Er legte den Kolben seines Gewehrs an die Schulter, hob langsam den Lauf in der Richtung des Entführers, folgte ihm eine Sekunde und gab Feuer.
    Der Entführer hielt inne; seine Knie knickten ein, und er schlug zu Boden, indem er Teresa in seinem Sturz mitriß.
    Aber Teresa erhob sich sofort wieder; der Mann blieb liegen und wälzte sich in den Zuckungen des Todeskampfs.
    Vampa eilte sofort auf Teresa zu, denn zehn Schritt von dem Sterbenden hatten ihr die Beine versagt, und sie war in die Knie gefallen.
    Ihn überfi el die entsetzliche Furcht, daß die Kugel, die seinen Feind niedergeworfen hatte, auch seine Braut verwundet haben könnte. Glücklicherweise war

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