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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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mir meine Tochter begraben«, sagte der Alte zu Carlini.
    Carlini holte zwei Spaten, und der Vater und der Geliebte begannen am Fuß einer Eiche, deren dichte Zweige das Grab des jungen Mädchens bedecken sollten, ein Loch zu graben.
    Als das Grab fertig war, küßte sie erst der Vater, dann der Geliebte; dann faßte der eine sie bei den Füßen, der andere unter den Schultern, und so legten sie sie in die Grube.
    Dann knieten sie auf beiden Seiten nieder und sprachen die Totengebete.
    Als sie fertig waren, warfen sie Erde auf den Leichnam, bis die Grube zugedeckt war.
    Nun reichte der Alte Carlini die Hand.
    »Ich danke dir, mein Sohn«, sagte er; »jetzt laß mich allein.«
    »Aber …«, wandte dieser ein.
    »Verlaß mich, ich befehle es dir.«
    Carlini gehorchte, kehrte zu der Bande zurück, wickelte sich in seinen Mantel und schien bald ebenso fest zu schlafen wie die andern.
    Am Abend vorher war bestimmt worden, daß das Lager gewechselt werden sollte.
    Eine Stunde vor Tagesanbruch weckte Cucumetto seine Gefährten und gab den Befehl aufzubrechen.
    Aber Carlini wollte den Wald nicht verlassen, ohne zu wissen, was aus dem Vater Ritas geworden sei.
    Er ging nach dem Ort, wo er ihn verlassen hatte.
    Er fand den Greis an der Eiche hängend, die das Grab seiner Tochter beschattete.
    Da schwor er über dem Leichnam des einen und dem Grab der andern, beide zu rächen.
    Aber er konnte seinen Schwur nicht halten; denn Carlini wurde zwei Tage darauf in einem Kampf mit den römischen Carabinieri getötet.
    Nur wunderte man sich, daß er, während er dem Feind die Stirn geboten hatte, eine Kugel zwischen die Schultern erhalten hatte.
    Die Sache wurde aber bald klar, als einer der Banditen die andern darauf aufmerksam machte, daß Cucumetto sich zehn Schritt hinter Carlini befunden habe, als dieser gefallen war.
    Am Morgen des Aufbruchs aus dem Wald von Frosinone war er in der Dunkelheit Carlini nachgegangen, hatte seinen Schwur gehört und war ihm als vorsichtiger Mann zuvorgekommen.
    Man erzählte über diesen schrecklichen Banditenführer noch zehn andere Geschichten, die nicht weniger interessant waren als diese.
    So zitterte von Fondi bis Perusa schon alles, wenn nur der Name Cucumettos genannt wurde.
    Über diese Geschichten hatten sich Luigi und Teresa oft unterhalten.
    Eines Tages, als sie beieinandersaßen, hörten sie auf einmal zwei oder drei Schüsse; dann kam plötzlich ein Mann aus dem Gehölz, in dessen Nähe sie ihre Herden zu weiden pfl egten, und eilte auf sie zu.
    Auf Rufweite herangekommen, schrie er: »Ich werde verfolgt!
    Könnt ihr mich verstecken?«
    Die beiden jungen Leute erkannten wohl, daß dieser Flüchtling ein Bandit sein mußte; aber es besteht zwischen dem römischen Landmann und dem Banditen eine angeborene Sympathie, so daß ersterer immer bereit ist, letzterem einen Dienst zu erweisen.
    Vampa eilte also, ohne etwas zu sagen, an den Stein, der den Eingang zu einer Grotte verbarg, die nur den beiden Kindern bekannt war, schob den Stein beiseite und ließ den Flüchtling in die Grotte; dann stieß er den Stein zurück und nahm wieder an der Seite Teresas Platz.
    Fast in demselben Augenblick erschienen vier berittene Gendarmen am Rande des Gehölzes; drei schienen den Flüchtling zu verfolgen, der vierte zog einen gefangenen Banditen am Halse mit sich.
    Die drei Gendarmen sahen sich um, bemerkten die beiden, ga-loppierten auf sie zu und fragten sie aus.
    Die beiden hatten nichts gesehen.
    »Das ist ärgerlich«, sagte der Führer, »denn der, den wir suchen, ist der Hauptmann.«
    »Cucumetto?« riefen Luigi und Teresa aus.
    »Jawohl«, antwortete der Gendarm; »und da ein Preis von tausend römischen Talern auf seinen Kopf gesetzt ist, hättet ihr fünfhundert bekommen, wenn ihr uns behilfl ich gewesen wäret, ihn zu ergreifen.«
    Vampa und Teresa sahen sich an. Der Führer der Gendarmen hegte einen Augenblick Hoff nung.
    »Ja, das ist ärgerlich«, sagte Vampa, »aber wir haben ihn nicht gesehen.«
    Die Gendarmen suchten nun in verschiedenen Richtungen die Gegend ab, aber vergeblich.
    Darauf verschwanden sie einer nach dem andern.
    Nun zog Vampa den Stein fort, und Cucumetto kam aus der Grotte heraus.
    Er hatte durch die Spalten am Eingang die beiden mit den Gendarmen sprechen sehen und sofort erraten, um was es sich handelte; doch er hatte auf den Gesichtern Luigis und Teresas den unerschütterlichen Entschluß gelesen, ihn nicht auszuliefern. Jetzt zog er eine goldgefüllte Börse aus der

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