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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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über-treibt.«
    »Wie!« rief Château-Renaud. »Nicht der Rede wert! Das Leben ist nicht der Rede wert! Wirklich, das ist denn doch zu philosophisch, mein lieber Herr Morrel … Mag sein, für Sie, der Sie sich alle Tage der Gefahr aussetzen, aber für mich, der ich es einmal zufällig ris-kierte …«
    »Und bei welcher Gelegenheit hat Ihnen der Herr Hauptmann Morrel das Leben gerettet?« fragte Beauchamp.
    »Beauchamp, Freund, Sie wissen doch, daß ich vor Hunger sterbe, fangen Sie also nicht mit Geschichten an«, rief Debray.
    »Ich habe auch nichts dagegen, daß wir zu Tisch gehen«, rief Beauchamp. »Château-Renaud wird es uns bei Tisch erzählen.«
    »Meine Herren«, sagte Morcerf, »es ist erst ein Viertel nach zehn, und wir erwarten noch einen Gast.«
    »Ah! Das ist wahr, einen Diplomaten«, meinte Debray.
    »Diplomat oder etwas anderes, ich weiß nur, daß ich ihn mit einer Botschaft beauftragt habe, die er so gut zu Ende geführt hat, daß, wenn ich König gewesen wäre, ich ihn sofort zum Ritter aller meiner Orden gemacht hätte.«
    »Nun, da man noch nicht zu Tisch geht«, sagte Debray, »so schenken Sie sich ein Glas Xeres ein, wie wir es getan haben, und erzählen Sie uns die Geschichte Ihrer Lebensrettung, Baron.«
    »Sie wissen alle, daß ich auf den Gedanken gekommen war, nach Afrika zu gehen.«
    »Ein Weg, den Ihre Ahnen Ihnen vorgezeichnet haben«, bemerkte Morcerf liebenswürdig.
    »Ja, aber ich bezweifl e, daß der Baron das Ziel hatte, das Grab des Erlösers zu befreien.«
    »Da haben Sie recht, Beauchamp«, antwortete der junge Aristokrat;
    »es geschah einfach, um meine neuen Pistolen, die ich geschenkt bekommen hatte, an den Arabern zu probieren. Ich schiff te mich nach Oran ein, von Oran erreichte ich Constantine und kam gerade an, als die Belagerung aufgehoben wurde. Ich trat mit den andern den Rückzug an. Während achtundvierzig Stunden ertrug ich am Tage den Regen, in der Nacht den Schnee ziemlich gut; am dritten Morgen starb mein Pferd vor Kälte. Dem armen Araber, der an Decken und den Stallofen gewöhnt war, kam es durchaus nicht arabisch vor, als er zehn Grad Kälte in Arabien traf!«
    »Deshalb wollen Sie mir meinen Engländer abkaufen«, warf Debray ein; »Sie glauben, daß er die Kälte besser verträgt.«
    »Sie irren sich, denn ich habe das Gelübde getan, nicht wieder nach Afrika zurückzukehren.«
    »Sie haben also große Angst gehabt?« fragte Beauchamp.
    »Wahrhaftig, ja, ich gestehe es«, antwortete Château-Renaud, »und ich hatte allen Grund. Mein Pferd war also hin; ich machte meinen Rückzug zu Fuß; sechs Araber kamen angaloppiert, um mir den Kopf abzuschlagen; zwei schoß ich mit dem Gewehr herunter, zwei mit meiner Pistole, aber es blieben noch zwei übrig, und ich war entwaff net. Der eine faßte mich bei den Haaren – deshalb trage ich sie jetzt kurz, man weiß nicht, was passieren kann –, der andere legte mir seinen Jatagan um den Hals, und ich fühlte schon das kalte Eisen, als der Herr hier den einen mit einem Pistolenschuß tötete und dem andern, der mir eben den Hals abschneiden wollte, den Kopf spaltete. Der Herr hatte sich vorgenommen, an jenem Tag einen Menschen zu retten; der Zufall wollte, daß ich es war. Wenn ich einmal reich bin, lasse ich mir eine Statue des Zufalls anfertigen.«
    »Ja«, sagte Morrel lächelnd, »es war am fünften September, einem Tag, an dem vor Jahren mein Vater auf wunderbare Weise gerettet wurde; soweit es in meiner Macht steht, feiere ich diesen Tag jedes Jahr …«
    »Mit einer Heldentat, nicht wahr?« unterbrach ihn Château-Renaud. »Kurz, ich war der Auserkorene; aber das ist nicht alles.
    Nachdem er mich vor dem Eisen gerettet hatte, rettete er mich vor der Kälte, indem er mir nicht die Hälfte seines Mantels gab, wie der heilige Martin, sondern den ganzen; dann vor dem Hunger, indem er, raten Sie was, mit mir teilte!«
    »Eine Pastete von Felix?« fragte Beauchamp.
    »Nein, sein Pferd, von dem wir jeder mit großem Appetit ein Stück verzehrten; das war hart.«
    »Das Pferd?« fragte Morcerf lachend.
    »Nein, das Opfer«, antwortete Château-Renaud. »Fragen Sie Debray, ob er seinen Engländer für einen Fremden opfern wür-de.«
    »Für einen Fremden, nein«, sagte Debray, »aber für einen Freund vielleicht.«
    »Ich erriet, daß Sie mein Freund sein würden, Herr Baron«, sagte Morrel; »übrigens habe ich Ihnen schon gesagt, daß ich an jenem Tag dem Schicksal einen Dank schuldig war.«
    »Die Geschichte, auf

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