Der Graf von Monte Christo 1
hoff e, Sie werden mich als Ihren ewigen Schuldner betrachten, erstens wegen des Wagens und dann wegen dieser Angelegenheit.« Er reichte dem Grafen die Hand.
Der Graf schauderte, als er dem jungen Mann seine Rechte reichte, er reichte sie ihm aber dennoch.
»Herr Luigi«, wandte sich Albert an den Hauptmann, »bedarf es noch einer besonderen Förmlichkeit, um von Eurer Exzellenz Abschied zu nehmen?«
»Keiner, mein Herr!« erwiderte der Bandit. »Sie sind frei wie die Luft.«
Vampa stieg die Treppe hinauf und durchschritt den großen, viereckigen Saal, während Franz, Albert und der Graf ihm folgten. Alle Banditen standen mit dem Hut in der Hand.
Bald waren die drei Herren wieder im Freien. Sie trafen den Wagen, wo sie ihn verlassen hatten. Der Graf sprach ein Wort zu dem Kutscher, und die Pferde sprengten von dannen.
Als Albert am folgenden Morgen aufstand, machte er sogleich Franz den Vorschlag, dem Grafen einen Besuch abzustatten. Beide gingen in den Salon des Grafen; fünf Minuten darauf erschien der Graf.
»Oh, Herr Graf«, sprach Albert, ihm entgegentretend, »erlauben Sie mir, daß ich Ihnen heute morgen wiederhole, was ich gestern unvollkommen ausgedrückt habe; ich werde es nie vergessen, in welcher Lage Sie mir geholfen haben, und mich stets daran erinnern, daß ich Ihnen das Leben zu verdanken habe, oder wenigstens beinahe. Ich komme deshalb, um Sie zu fragen, ob ich Ihnen nicht durch mich, durch meine Freunde und Bekannten in irgendeiner Weise nützlich sein könnte. Mein Vater, Graf von Morcerf, der von spanischer Abstammung ist, hat eine hohe Position in Frankreich und Spanien inne; ich stelle mich nun mit allen denen, die mich lieben, zu Ihrer Verfügung.«
»Gut«, entgegnete der Graf, »ich gestehe Ihnen, Herr von Morcerf, ich erwartete Ihr Anerbieten und nehme es von ganzem Herzen an.
Ich hatte bereits beschlossen, Sie um einen großen Dienst zu ersuchen.«
»Der wäre?«
»Ich war noch nie in Paris, kenne Paris nicht.«
»Wirklich?« rief Albert. »Sie konnten bis jetzt leben, ohne Paris gesehen zu haben? Das ist unglaublich.«
»Und doch ist es so. Allein, ich fühle wie Sie, daß ich nicht länger dieser Hauptstadt der gebildeten Welt fernbleiben kann. Vielleicht hätte ich diese Reise bereits gemacht, wäre ich mit jemand bekannt gewesen, der mich in diese Welt einführte, wo ich keine Verbindung habe. Machen Sie sich also anheischig, mein lieber Herr von Morcerf«, sagte der Graf mit einem eigentümlichen Lächeln, »wenn ich nach Frankreich gehe, mir die Pforten dieser Welt zu öff nen, wo ich ebenso fremd sein werde wie ein Hurone oder Chinese?«
»Gewiß, Herr Graf, von ganzem Herzen«, antwortete Albert, »um so lieber (mein teurer Franz, lachen Sie nicht über mich), da mich ein Brief nach Paris beruft, den ich heute morgen erhielt und worin die Rede von meiner Verbindung mit einem sehr angesehenen Hause ist, das die besten Beziehungen in der Gesellschaft von Paris hat.«
»Eine Verbindung durch Heirat?« fragte Franz lächelnd.
»Oh, mein Gott, ja. Wenn Sie also nach Paris kommen, werden Sie mich als gesetzten Mann, vielleicht als Familienvater fi nden. Das wird zu meiner natürlichen Ernsthaftigkeit gut passen, nicht wahr?
In jedem Fall, Herr Graf, wiederhole ich Ihnen, ich und die Meinen stehen Ihnen mit Leib und Seele zur Verfügung.«
»Ich nehme es an«, entgegnete der Graf, »denn ich versichere Sie, daß es mir nur an einer Gelegenheit fehlte, um Pläne auszuführen, die ich schon lange gehegt habe.«
Franz zweifelte keinen Augenblick daran, daß diese Pläne dieselben seien, von denen sich der Graf schon in der Grotte von Monte Christo ein Wort entschlüpfen ließ, und er betrachtete den Grafen, während er diese Worte sprach, um auf seinem Gesicht irgendeine Enthüllung über diese Pläne, die ihn nach Paris führten, wahrzunehmen; es war jedoch sehr schwierig, in die Seele dieses Mannes zu blicken, zumal wenn er sie mit einem Lächeln verhüllte.
Albert, der entzückt darüber war, einen Mann wie Monte Christo in die Gesellschaft einführen zu dürfen, versetzte:
»Hoff entlich ist Ihr Vorhaben nicht nur so ein luftiger Plan, wie man viele auf Reisen macht und die der erste Windstoß davon-trägt?«
»Nein, auf Ehre!« sagte der Graf, »ich will nach Paris – ich muß dorthin.«
»Und wann?«
»Doch wann sind Sie selbst in Paris?«
»Ich? In vierzehn Tagen oder drei Wochen spätestens, solange ich zur Rückreise brauche.«
»Gut«, sagte der Graf,
Weitere Kostenlose Bücher