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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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»ich gebe Ihnen drei Monate.«
    »Und in drei Monaten«, rief Albert entzückt, »werden Sie an meine Tür klopfen?«
    »Wollen Sie eine Verabredung, genau auf den Tag und die Stunde?«
    fragte der Graf. »Ich bemerke Ihnen, daß ich von einer verzweifelten Pünktlichkeit bin.«
    Er streckte die Hand nach dem Kalender aus, der neben dem Spiegel hing.
    »Wir haben heute den einundzwanzigsten Februar«, fuhr er fort und zog seine Uhr, »es ist halb elf Uhr vormittags. Wollen Sie mich am einundzwanzigsten Mai um halb elf Uhr vormittags erwarten?«
    »Gut«, entgegnete Albert, »das Frühstück wird bereitstehen.«
    »Sie wohnen?«
    »In der Rue du Helder Nr. .«
    »Sie wohnen allein?«
    »Ich wohne im Haus meines Vaters, jedoch in einem abgesonder-ten Hofgebäude.«
    »Gut.«
    Der Graf schrieb in sein Notizbuch: »Rue du Helder Nr. , am einundzwanzigsten Mai, halb elf Uhr vormittags.« Dann steckte er das Notizbuch in die Tasche und sagte: »Nun seien Sie unbesorgt, der Zeiger Ihrer Uhr wird nicht pünktlicher sein als ich.«
    Am folgenden Tag trennten sich die beiden jungen Männer; Albert von Morcerf, um nach Paris zurückzukehren, Franz d’Epinay, um vierzehn Tage Venedig zu besuchen.
    Ehe aber Albert in den Reisewagen stieg, übergab er dem Kellner in dem Hotel, aus Besorgnis, sein Gast möchte sich nicht einfi nden, eine Karte an den Grafen von Monte Christo, auf die er unter die Worte: »Vicomte Albert de Morcerf« mit Bleistift geschrieben hatte:
    »Am einundzwanzigsten Mai, halb elf Uhr vormittags, Rue du Helder .«
    I P
    Es war ein Viertel vor zehn Uhr morgens. Ein Kammerdiener trat in das Zimmer des Vicomte Albert von Morcerf in der Rue du Helder in Paris.
    Dieser Kammerdiener war ein kleiner Groom von fünfzehn Jahren, namens John, der nur englisch sprach und die ganze Dienerschaft des jungen Mannes bildete. Selbstverständlich standen dem Vicomte an gewöhnlichen Tagen der Koch des Hauses und bei feierlichen Gelegenheiten der Jäger des Grafen zur Verfügung.
    Der Kammerdiener, der sich mit Vornamen Germain nannte und das volle Vertrauen seines jungen Herrn genoß, hielt einen Pack Zeitungen in der Hand, die er auf einen Tisch legte, und mehrere Briefe, die er seinem Herrn übergab.
    Albert warf einen zerstreuten Blick auf die Briefe, wählte zwei mit feiner Handschrift und parfümierten Umschlägen aus, öff nete Sie und las sie aufmerksam.
    »Wie sind diese Briefe gekommen?« fragte er.
    »Der eine ist mit der Post gekommen, den andern hat der Kammerdiener der Frau von Danglars gebracht.«
    »Laß Frau von Danglars sagen, daß ich den Platz in ihrer Loge annehme … Warte doch … im Laufe des Tages gehst du dann bei Rosa vorbei und sagst ihr, daß ich ihrer Einladung folgen und nach der Oper mit ihr soupieren werde; bring ihr sechs Flaschen Wein und ein Fäßchen Ostender Austern … die Austern holst du von Borel und sagst dabei, daß sie für mich sind.«
    »Um welche Zeit wünschen der gnädige Herr, daß aufgetragen wird?«
    »Wie spät ist es?«
    »Ein Viertel vor zehn.«
    »Gut, halb elf soll alles bereit sein, pünktlich. Debray muß vielleicht ins Ministerium … und zudem«, fügte Albert hinzu, indem er in seinem Notizbuch nachsah, »es ist die Zeit, die ich dem Grafen in Rom bestimmt habe, am einundzwanzigsten Mai, halb elf Uhr vormittags; wenn ich auch nicht stark auf sein Versprechen baue, so will ich doch pünktlich sein. Übrigens, weißt du, ob die Frau Gräfi n aufgestanden ist?«
    »Wenn der Herr Vicomte es wünschen, werde ich mich erkundigen.«
    »Ja … bitte sie um einen ihrer Likörständer und sage ihr, daß ich um drei Uhr bei ihr vorsprechen werde und um die Erlaubnis bitte, ihr jemand vorzustellen.«
    Der Diener ging. Albert warf sich auf den Diwan, blätterte in einigen Zeitungen und murmelte nach einem langen Gähnen: »Diese Zeitungen werden wirklich immer langweiliger.«
    In diesem Augenblick hielt ein Wagen vor der Tür, und gleich darauf meldete der Diener Herrn Lucien Debray. Ein großer, blonder junger Mann mit blasser Gesichtsfarbe, grauen selbstbewußten Augen und dünnen kalten Lippen, der ein Augenglas ins rechte Auge geklemmt hatte, trat mit einer Miene ein, als ob er sich zu einer Amtshandlung begäbe. Dieser Herr Debray war Privatsekretär des Ministers des Innern.
    »Herr Beauchamp!« meldete der Kammerdiener nach einiger Zeit.
    Der gleich darauf eintretende junge Mann war Journalist. Die jungen Leute plauderten einige

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