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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Welterfahrung und der Schärfe seines aristokratischen Blickes alles durchdrungen hatte, was bei Monte Christo zu durchdringen war, »wirklich, Albert hat uns nicht getäuscht, dieser Graf ist tatsächlich eine eigenartige Persönlichkeit. Was sagen Sie dazu, Morrel?«
    »Wahrhaftig«, gab dieser zur Antwort, »er hat einen freien Blick und eine sehr sympathische Stimme, so daß er mir gefällt, trotz der sonderbaren Bemerkung, die er über mich gemacht hat.«
    »Meine Herren«, sagte Albert, »Germain kündet mir an, daß aufgetragen ist. Mein lieber Graf, erlauben Sie mir, Ihnen den Weg zu zeigen.«
    Man ging schweigend ins Speisezimmer; alle nahmen dort Platz.
    »Meine Herren«, sagte der Graf, während er sich setzte, »gestatten Sie mir ein Geständnis, das meine Entschuldigung sein wird für alle Unschicklichkeiten, die ich begehen kann: Ich bin ein Fremder, bin zum erstenmal in Paris; das französische Leben ist mir vollständig unbekannt, und ich habe bis jetzt nur das orientalische Leben ge-führt, das den guten Pariser Traditionen am meisten entgegengesetzt ist. Ich bitte Sie also, mich zu entschuldigen, wenn Sie in mir etwas allzu Türkisches, allzu Neapolitanisches oder Arabisches fi nden. Dies vorausgeschickt, meine Herren, lassen Sie uns frühstücken.«
    »Wie er das alles sagt!« murmelte Beauchamp. »Es ist entschieden ein vornehmer Herr!«
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    Die Unterhaltung beim Frühstück war sehr lebhaft gewesen. Albert hatte von seinem Abenteuer mit dem Räuber Luigi Vampa gesprochen, und der Graf hatte darauf berichtet, wie er mit Vampa bekannt geworden war. Er hatte ihn schon einmal gesehen, als Vampa noch ein Hirt war. Später hatte Vampa versucht, Hand an den Grafen zu legen, den er vielleicht nicht erkannt hatte. Aber der Graf hatte ihn mit zwölf von seinen Leuten gefangen, ihn jedoch wieder freigelassen.
    Einmal erwähnte der Graf im weiteren Verlauf der Unterhaltung, daß er einen Kreditbrief von Th
    omson und French in Rom habe.
    Bei diesen Worten war Maximilian Morrel zusammengefahren und hatte darauf den Grafen gebeten, ihm bei der Aufklärung einer Angelegenheit behilfl ich zu sein. Th
    omson und French hatten der
    Firma Morrel einmal einen Dienst erwiesen, sie leugneten aber in der Folge stets ab, etwas von dieser Sache zu wissen.
    Jetzt hatten die Gäste die Wohnung des Vicomte verlassen, und Albert befand sich mit Monte Christo allein.
    »Herr Graf«, sagte er zu ihm, »erlauben Sie mir, mein Amt als Führer damit zu beginnen, daß ich Ihnen meine Junggesellenwoh-nung zeige. An die italienischen Paläste gewöhnt, werden Sie sich freilich darüber wundern, mit wie wenig Raum ein junger Mann, von dem es heißt, daß er nicht am schlechtesten untergebracht ist, hier in Paris auskommen kann.«
    Monte Christo kannte bereits das Speisezimmer und den Salon im Erdgeschoß. Albert führte ihn zuerst in sein Atelier, wo er sich am liebsten aufhielt. Hier pfl egte sich Albert zuweilen ein wenig mit Malen zu beschäftigen.
    Der Graf wußte alle darin befi ndlichen Gegenstände zu würdigen; Morcerf hatte geglaubt, der Erklärer zu sein, und nun war er es im Gegenteil, der unter der Leitung seines Gastes einen Kursus in Archäologie und Naturgeschichte durchmachte.
    Man stieg dann in den ersten Stock hinauf, und Albert führte seinen Gast in den Salon, der mit Werken moderner Maler geschmückt war. Wenn er aber erwartet hatte, diesmal wenigstens dem fremden Reisenden etwas Neues zu zeigen, so hörte er zu seinem großen Erstaunen diesen sofort die Namen jedes Meisters nennen, obgleich die Werke häufi g nur die Anfangsbuchstaben trugen. Es war leicht zu sehen, daß ihm nicht allein jeder dieser Namen bekannt war, sondern daß er auch jedes dieser Talente gewürdigt und studiert hatte.
    Vom Salon ging man in das Schlafzimmer. Dieses war ein Muster von Eleganz und erlesenem Geschmack; hier befand sich nur ein einziges Bildnis in mattgoldenem Rahmen. Es stellte eine junge Frau von fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig Jahren, mit brauner Gesichtsfarbe und feurigen Augen, dar. Sie trug das malerische Kostüm der katalonischen Fischerinnen, ein rot und schwarzes Mieder und goldene Nadeln im Haar; ihr Blick war auf das Meer gerichtet, und ihre schlanke Gestalt hob sich von dem Blau des Wassers und dem des Himmels ab.
    Dieses Bildnis zog sofort die Blicke des Grafen von Monte Christo auf sich, denn er machte schnell drei Schritte in das Zimmer und blieb plötzlich davor

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