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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Salons nicht zurecht. Ich legte den Degen ab, stürz-te mich in die Politik; ich widme mich der Industrie, studiere die praktischen Gewerbe. Während meiner zwanzigjährigen Dienstzeit hatte ich wohl das Verlangen danach, aber keine Zeit dazu.«
    »Das sind die Lebensanschauungen, die die Überlegenheit Ihrer Nation über die andern Länder aufrechterhalten, Herr Graf«, erwiderte Monte Christo; »als Edelmann und Sproß eines vornehmen Hauses, im Besitz eines schönen Vermögens, haben Sie sich die ersten Grade als einfacher Soldat verdienen wollen, das ist sehr selten; dann, nachdem Sie General, Pair von Frankreich, Kommandeur der Ehrenlegion geworden sind, beginnen Sie eine zweite Lehrzeit, ohne andere Aussicht, ohne anderen Lohn als den, Ihren Mitmenschen eines Tages nützlich zu sein … Oh, mein Herr, das ist wahrhaftig schön, ja, ich will noch mehr sagen, das ist erhaben.«
    »Ach«, fuhr der Fremde fort, jedenfalls um die unmerkliche Wolke verschwinden zu machen, die diese Worte auf Morcerfs Stirn gelockt hatten, »so machen wir es in Italien nicht; wir wachsen auf, wie wir geschaff en sind, und behalten dasselbe Laub, dieselbe Gestalt und oft dieselbe Nutzlosigkeit unser ganzes Leben lang.«
    »Aber für einen Mann von Ihrem Verdienst«, antwortete der Graf von Morcerf, »ist Italien kein Vaterland, und Frankreich streckt Ihnen die Hand entgegen; folgen Sie seinem Ruf, Frankreich wird vielleicht nicht gegen jeden undankbar sein; es behandelt seine Kinder schlecht, nimmt aber die Fremden gewöhnlich mit off enen Armen auf.«
    »Ei, Vater«, warf Albert ein, »man sieht, daß Sie den Grafen von Monte Christo nicht kennen. Er sucht seine Befriedigung außerhalb dieser Welt; er strebt nicht nach Ehren und nimmt davon nur, was auf einen Paß geht.«
    »Das ist die treff endste Bemerkung über mich, die ich je gehört habe«, antwortete der Fremde.
    »Der Herr Graf ist der Herr seiner Zukunft gewesen«, sagte der Graf von Morcerf mit einem Seufzer, »und er hat den mit Blumen bestreuten Weg gewählt.«
    »Ganz recht, Herr Graf«, entgegnete Monte Christo mit einem sonderbaren Lächeln.
    »Wenn ich nicht fürchtete, Sie zu ermüden, Herr Graf«, sagte der General, der augenscheinlich von der Art und Weise Monte Christos entzückt war, »so hätte ich Sie in die Kammer mitgenommen; es ist heute eine interessante Sitzung für jeden, der unsere modernen Senatoren nicht kennt.«
    »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, Herr Graf, wenn Sie dieses Anerbieten ein andermal erneuern wollten; aber heute hat man mir mit der Hoff nung geschmeichelt, der Frau Gräfi n vorgestellt zu werden, und ich werde warten.«
    »Ah, da ist meine Mutter!« rief der Vicomte.
    In der Tat sah Monte Christo, als er sich rasch umwandte, Frau von Morcerf durch die Tür treten. Unbeweglich und bleich, ließ sie, als Monte Christo sie anblickte, ihren Arm sinken, den sie auf das vergoldete Gesims gestützt hatte; sie war bereits vor einigen Sekunden eingetreten und hatte die letzten Worte des Gastes gehört.
    Dieser erhob sich und verneigte sich tief vor der Gräfi n, die ihn ihrerseits stumm und förmlich begrüßte.
    »Mein Gott, was haben Sie?« fragte der Graf. »Ist es Ihnen vielleicht zu warm im Salon?«
    »Ist Ihnen nicht wohl, Mutter?« rief der Vicomte und ging rasch auf Mercedes zu.
    Sie dankte beiden mit einem Lächeln.
    »Nein«, sagte sie, »aber ich war gerührt, als ich zum erstenmal den Retter meines Sohnes sah. Mein Herr«, fuhr die Gräfi n fort, indem sie mit der Majestät einer Königin vortrat, »ich verdanke Ihnen das Leben meines Sohnes, und für diese Wohltat segne ich Sie.«
    Der Graf verneigte sich wiederum, aber tiefer als das erstemal; er war noch bleicher als Mercedes.
    »Gnädige Frau«, sagte er, »der Herr Graf und Sie belohnen mich gar zu großmütig für eine einfache Tat. Einen Menschen zu retten, einem Vater Schmerzen zu ersparen und das Gefühl einer Mutter zu schonen, heißt nicht ein gutes Werk tun, es ist einfach ein Akt der Menschlichkeit.«
    Auf diese freundlich und höfl ich gesprochenen Worte antwortete Frau von Morcerf mit tiefer Betonung: »Es ist ein großes Glück für meinen Sohn, Sie zum Freund zu haben, und ich danke Gott, der es so gefügt hat.«
    Und Mercedes hob die schönen Augen, in denen zwei Tränen zitterten, voll unendlicher Dankbarkeit zum Himmel.
    Herr von Morcerf trat an sie heran.
    »Ich habe«, sagte er, »mich bei dem Herrn Grafen bereits entschuldigt, daß ich genötigt bin, ihn zu

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