Der Graf von Monte Christo
Saint-Meran heiratete und bald darauf Marseille verließ. Ohne Zweifel hat ihm das Glück gelächelt, wie den anderen, ohne Zweifel ist er reich wie Danglars, geachtet wie Fernand; ich allein bin, wie Sie sehen, arm, elend und von Gott vergessen geblieben. Sie täuschen sich, mein Freund, sagte der Abbé, Gott kann zuweilen scheinbar vergessen, wenn seine Gerechtigkeit ruht, aber es kommt immer ein Augenblick, wo er sich erinnert, und hier ist der Beweis davon.
Bei diesen Worten zog der Abbé den Diamanten aus der Tasche, reichte ihn Caderousse und sagte: Nehmen Sie diesen Diamanten, er gehört Ihnen.
Wie, mir allein? rief Caderousse; oh! Herr, Sie scherzen?
Dieser Diamant sollte unter Edmonds Freunde verteilt werden! Edmond hatte nur einen Freund, die Verteilung wird also unnötig. Nehmen Sie den Stein und verkaufen sie ihn; ich wiederhole, er ist fünfzigtausend Franken wert, und diese Summe wird hoffentlich genügen, um Sie der Armut zu entziehen.
Oh! Herr, sagte Caderousse schüchtern, eine Hand ausstreckend und mit der andern den Schweiß abwischend, der auf seiner Stirn perlte, oh! Herr, treiben Sie nicht Spott mit dem Glück und der Verzweiflung eines Menschen.
Ich weiß, was Glück und was Verzweiflung ist, und werde nie damit Kurzweil treiben. Nehmen Sie; dagegen ...
Caderousse, der bereits den Diamanten berührte, zog seine Hand zurück.
Dagegen, fuhr der Abbé lächelnd fort, geben Sie mir die rote seidene Börse, die Herr Morel auf dem Kamin des alten Dantes zurückließ.
Immer mehr erstaunt, ging Caderousse an einen großen Schrank von Eichenholz, öffnete ihn und reichte dem Abbé eine lange Börse von erbleichter roter Seide; der Abbé nahm sie und gab dafür Caderousse den Diamanten.
Oh! Sie sind ein Mann Gottes, rief Caderousse, denn es wußte in der Tat niemand, daß Edmond Ihnen den Diamanten übergeben hatte, und Sie konnten ihn behalten.
Gut, sagte der Abbé zu sich selbst, du hättest es getan, wie mir scheint.
Der Abbé stand auf, nahm seinen Hut und seine Handschuhe und sagte: Ist alles, was Sie gesagt haben, wahr, und kann ich Ihnen in allen Punkten glauben?
Sehen Sie, Herr Abbé, antwortete Caderousse, dort in jener Ecke ist ein Christus von geweihtem Holze, hier auf dieser Kiste liegt das Evangelienbuch meiner Frau, öffnen Sie dieses Buch, und ich will Ihnen darauf schwören, ich schwöre Ihnen bei dem Heile meiner Seele, bei meinem christlichen Glauben, daß ich Ihnen alles so gesagt habe, wie es vorgefallen ist.
Es ist gut, sagte der Abbé, überzeugt, daß Caderousse die Wahrheit gesagt habe, es ist gut; möge Ihnen dieses Geld Nutzen bringen! Leben Sie wohl, ich kehre zurück, um fern von den Menschen zu leben, die so viel Böses tun.
Und sich mit Mühe den begeisterten Ergüssen Caderousses entziehend, verließ der Abbé das Zimmer, stieg zu Pferde, grüßte zum letztenmal den Wirt, der sich in geräuschvollen Abschiedsworten sozusagen verwickelte, und entfernte sich in der Richtung, in der er gekommen war.
Als sich Caderousse umwandte, sah er hinter sich die Carconte, bleicher und zitternder als je.
Ist es wahr, was ich gehört habe? sagte sie.
Was? Daß er uns den Diamanten für uns ganz allein gegeben hat? entgegnete Caderousse beinahe närrisch vor Freude.
Und wenn er falsch wäre? sagte sie.
Falsch, murmelte er, falsch ... Und warum sollte mir dieser Mann einen falschen Diamanten gegeben haben?
Um dein Geheimnis zu besitzen, ohne es zu bezahlen, Schwachkopf!
Caderousse blieb einen Augenblick wie betäubt von dem Gewichte dieser Mutmaßung, bald aber nahm er seinen Hut, setzte ihn auf das rote um seinen Kopf gewickelte Taschentuch und rief: Oh! das werden wir wohl erfahren.
Auf welche Art?
Es ist Messe in Beaucaire, es sind Pariser Juweliere dort, ich will ihnen den Stein zeigen. Hüte das Haus, Frau, in zwei Stunden bin ich zurück.
Und er stürzte aus dem Hause und lief auf der Straße fort. Fünfzigtausend Franken, murmelte die Carconte, als sie allein war, das ist Geld ... aber es ist kein Vermögen.
Die Gefängnisregister.
Einen Tag, nachdem die Szene auf der Straße von Bellegarde nach Beaucaire vorgefallen war, erschien ein Mann von dreißig Jahren in blauem Frack, Nankingbeinkleidern und weißer Weste, mit der Haltung und der Aussprache eines Engländers, bei dem Maire von Marseille und sagte: Mein Herr, ich bin der erste Kommis des Hauses Thomson und French in Rom; wir stehen seit zehn Jahren in Verbindung mit dem Hause Morel und Sohn in
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