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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sie, Vater, denn Sie entehren sich, wenn Sie bleiben, und besser der Tod, als die Schande!
    Ja, ja, sagte der junge Mann, Morel krampfhaft in seine Arme schließend; ja, gehen Sie!
    Und er stürzte aus dem Kabinett.
    Morel blieb ein paar Sekunden, die Augen starr auf die Tür heftend, stehen; dann läutete er. Alsbald erschien Cocles, der seinem früheren Selbst nicht mehr glich; die drei letzten Tage hatten ihn gelähmt. Der Gedanke: das Hans Morel ist im Begriff, seine Zahlungen einzustellen, beugte ihn mehr nieder, als es zwanzig Jahre getan hätten.
    Mein guter Cocles, sagte Morel mit einem Tone, dessen Ausdruck sich nicht beschreiben läßt, du wirst im Vorzimmer bleiben. Wenn der Herr, der bereits vor drei Monaten hier gewesen ist, der Vertreter von Thomson und French, kommt, meldest du ihn. Cocles antwortete nicht; er machte ein Zeichen mit dem Kopfe, setzte sich in das Vorzimmer und wartete. Morel fiel in seinen Lehnstuhl zurück; seine Augen wandten sich nach der Pendeluhr; es blieben ihm nur noch sieben Minuten; der Zeiger rückte mit unglaublicher Geschwindigkeit vor; es schien ihm, er sehe ihn fortschreiten. Was nun in dem Geiste dieses Mannes vorging, der, noch jung, sich von allem, was er auf der Welt liebte, trennen und das Leben verlassen wollte, vermag keine Feder zu schildern; man hätte, um einen Begriff zu bekommen, seine mit Schweiß bedeckte und dennoch ruhige Stirn, seine von Tränen befeuchteten und dennoch zum Himmel aufgeschlagenen Augen sehen müssen.
    Der Zeiger rückte immer weiter vor, die Pistolen waren geladen; er streckte die Hand aus, ergriff eine und murmelte den Namen seiner Tochter; dann legte er die tödliche Waffe wieder nieder, nahm eine Feder und schrieb ein paar Worte. Es kam ihm vor, als hätte er seinem geliebten Kinde nicht genug Lebewohl gesagt; dann wandte er sich wieder nach der Pendeluhr ... er zählte nicht mehr nach Minuten, sondern nach Sekunden. Er faßte abermals die Waffe, den Mund halb geöffnet und die Augen starr auf den Zeiger geheftet; und er bebte bei dem Geräusch, das er selbst, den Hahn spannend, machte. Der Schweiß lief ihm immer kälter über die Stirn, immer tödlicher schnürte ihm die Angst das Herz zusammen; er hörte, wie die Tür der Treppe auf ihren Angeln knarrte und sich sodann die seines Kabinetts öffnete; die Pendeluhr war auf dem Punkte, die elfte Stunde zu schlagen.
    Morel wandte sich nicht um, er erwartete von Cocles die Worte zu hören: Der Vertreter des Hauses Thomson und French! und näherte die Waffe seinem Munde. Plötzlich hörte er einen Schrei ... es war die Stimme seiner Tochter.
    Er kehrte sich um und erblickte Julie; die Pistole entglitt seinen Händen.
    »Vater!« rief das Mädchen atemlos und beinahe sterbend vor Freunde, »gerettet! Sie sind gerettet!«
    Und sie warf sich, mit der Hand eine rote seidene Börse emporhaltend, in seine Arme.
    »Gerettet, mein Kind?« sagte Morel, »was willst du damit sagen?«
    »Ja, gerettet! Sehen Sie, sehen Sie!«
     

     
    Morel ergriff die Börse und bebte, denn eine dunkle Erinnerung sagte ihm, daß sie einst ihm gehört habe. Auf der einen Seite fand er die Tratte von 287 00O Franken; die Tratte war quittiert. Auf der andern gewahrte er einen Diamanten von der Größe einer Haselnuß, mit den auf ein Stück Pergament geschriebenen drei Worten: Mitgift für Julie.
    Morel fuhr mit der Hand über seine Stirn; er glaubte zu träumen. In diesem Augenblick schlug die Pendeluhr die elfte Stunde. Der Klang durchbebte ihn, als ob jeder Schlag des stählernen Hammers an seinem eigenen Herzen widertönte.
    Sprich, Kind, sagte Morel, erkläre dich! Wo hast du diese Börse gefunden?
    In einem Hause der Allées de Meillan, Nr. 15, auf der Ecke des Kamins eines armseligen Zimmers im fünften Stocke.
    Diese Börse gehört aber nicht dir! rief Morel.
    Julie reichte dem Vater den Brief, den sie am Morgen empfangen hatte.
    Und du bist allein in jenem Hause gewesen? sagte er, nachdem er gelesen hatte.
    Emanuel begleitete mich, Vater; er sollte an der Ecke der Rue du Musée auf mich warten, war aber seltsamerweise bei meiner Rückkehr nicht dort.
    Herr Morel! ... rief man auf der Treppe, Herr Morel!
    Zu gleicher Zeit trat Emanuel, das Gesicht vor Freude und Aufregung ganz verstört, ein.
    Der Pharao ! rief er, der Pharao !
    Was, der Pharao ? Sind Sie verrückt, Emanuel? Sie wissen, daß er zu Grunde gegangen ist!
    Der Pharao ! Herr, man signalisiert den Pharao ! Der Pharao läuft in den Hafen ein!
    Morel

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